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Gemeinsam leben mit Flüchtlingen

Gemeinsam leben mit Flüchtlingen

Peter Kilian Rausch hat schon einiges an Anfeindungen einstecken müssen, für sein Flüchtlingsheim macht er sich dennoch stark. | Foto: CF

Bautzen. Seit über zwei Jahren wohnen Flüchtlinge im ehemaligen "Spreehotel" in Burk bei Bautzen. Für Peter Kilian Rausch, den ehemaligen Leiter des Hotels und nun Betreiber des Flüchtlingsheims, hat sich das Leben seitdem radikal geändert, denn nicht alle Menschen, die in Burk oder Umgebung leben, sind mit dieser Situation einverstanden.

Doch es darf nicht nur schwarz-weiß gedacht werden. Ängste und Bedenken sowohl auf Seiten der Anwohner als auch der Flüchtlinge gehören nun zum Alltag und müssen friedlich bewältigt werden. Das ehemals 80-Betten-Hotel beherbergt zurzeit 240 Flüchtlinge aus circa 20 Nationen, darunter 50 Kinder. Fast wöchentlich fährt ein Bus vor das Spreehotel und bringt neue Asylbewerber. "Wir sind an unserem absoluten Limit angekommen. Mehr können wir nicht aufnehmen", so Peter Kilian Rausch.

Der 52-Jährige kümmert sich achtungsvoll um seine Schützlinge. Er selbst wohnt sogar in einer kleinen Wohnung mit im Heim. "Das ist praktisch. Sollte mal etwas sein, bin ich sofort da und kann eingreifen, egal was es ist." 15 Jahre hat Peter Kilia Rausch das ehemalige Spreehotel geführt und zuletzt mit allen Mitteln versucht, es vor der Insolvenz zu bewahren. 2014 wurde es dann zum Asylbewerberheim umfunktioniert, und er musste sich einiges an Anfeindungen anhören. "Ob das ausländerfeindliche Parolen waren, ich würde mich nur bereichern oder ich würde damit den Drogenhandel ankurbeln, ich habe viel gehört und einstecken müssen. Teilweise verstehe ich die Menschen sogar, aber vielleicht wäre genau aus diesem Grund eine offene Kommunikation lohnenswert." Er selbst bestreitet nicht, dass er von der Flüchtlingsunterkunft jetzt leben kann. 13 Euro bekommt er pro Person und Tag. Zusätzlich wird er nach eigenen Angaben vom Landratsamt subventioniert. Denn das Spreehotel ist für den Landkreis eine günstigere Variante, als beispielsweise ein Containerbau mit vergleichbarer Kapazität. Allerdings zahlt er sämtliche Gegenstände, die wegen Abnutzung oder Vandalismus erneuert werden müssen, aus eigener Tasche.

Peter Kilian Rausch und seine Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Flüchtlinge. So finden etwa drei Sprachkurse gleichzeitig statt. Auch Anträge und Behördengänge werden gemeinsam erledigt. Die Küchenarbeit ist unter den Flüchtlingen eingeteilt. Sie sind auch selbst für die Sauberkeit der eigenen Zimmer verantwortlich. "Bei uns putzen die Asylbewerber selbst," berichtet Rausch. "Nicht immer zu unserer Zufriedenheit, denn ich muss schon sagen, manche Zimmer sehen schon echt schlimm aus." Um das zu verhindern gibt es eine wöchentliche Kontrolle der Zimmer. Zwei bis sechs Personen leben pro Einheit zusammen.

Immer friedlich ist das natürlich auch nicht. "Besonders wenn die verschiedenen Charaktere und Religionen aufeinandertreffen, kann es schon mal knallen. Auch mit Alkoholproblemen hat das Asylbewerberheim zu kämpfen." Besonders in den ersten Monaten nach Eröffnung der Flüchtlingsunterkunft gab es große Probleme und Ausschreitungen. Aber das soll sich laut Peter Kilian Rausch weitestgehend gebessert haben. Bei der Polizei nachgefragt, wurden in den letzten Monaten fünf Einsätze in den Akten vermerkt. Darunter war eine Feuermeldung, allerdings ohne Brand, ein Streit zwischen Bewohnern, eine Zwangseinweisung, eine Sachbeschädigung und ein Einsatz wegen eines Vollstreckungshaftbefehles.

"Natürlich gibt es auch Diebstähle oder ähnliche kleine Vergehen durch die Asylbewerber, das darf man nicht verschweigen. Wenn einige Streithähne im Haus oder in der Stadt Ärger machen, habe ich so meine Methode, um sie ruhig zu stellen, dann stelle ich nämlich das Internet ab. Dann stehen sie meistens sofort vor meinem Büro und geloben Besserung." Zur Sicherheit im Haus selber und auch in der Ortschaft Burk fährt die Polizei drei Mal täglich Streife.Aber es gibt durchaus auch Schönes im Heim. So wurden seit der Eröffnung acht Babys geboren. "Da kann es schon mal vorkommen, dass ich mit in den Kreißsaal gehe. Der letzte ‚Neuzugang‘ war aber leider ein Mädchen, sonst hätte der Nachwuchs Peter geheißen," scherzt der Betreiber.

Verärgert ist Peter Kilian Rausch aber nicht nur über die vereinzelten Heimgegner aus der Bevölkerung. Besonders gegen die Politik und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge richtet sich sein Unmut. "Die Behörde ist da völlig überfordert. Bis Anträge angenommen, bearbeitet und entschieden werden dauert es manchmal bis zu mehreren Monaten. In dieser Zeit können die Flüchtlinge nichts tun, um sich zu integrieren. Da können sie auch schnell mal gelangweilt und aggressiv werden. Aber ich kann sagen, 75 Prozent sind integrationswillig. Besonders die Jugend sollte eine Chance bekommen, oder die, die auch wirklich wollen. In meinem Heim habe ich auch Architekten oder Bauarbeiter, die hier sicher eine Arbeit finden könnten", ist sich Peter Kilian Rausch sicher. Trotz aller Probleme will der Wahl-Bautzener weiter für sein Flüchtlingsheim kämpfen, denn bis 2019 wurde der Vertrag verlängert.

Cornelia Fulk / 27.03.2016

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