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300. Geburtstag in der „guten Stube“

300. Geburtstag in der „guten Stube“

Der Kirchensaal der Herrnhuter Brüdergemeine soll zum 300. Geburtstag der Stadt Herrnhut im neuen Glanz erstrahlen. Foto: Uwe Menschner

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Eine wichtige Rolle im Sanierungskonzept des Kirchensaals spielt auch die Orgel. Foto: Uwe Menschner

Die Herrnhuter Brüdergemeine will mit dem Kirchensaal ihr Herzstück sanieren. Dieses bedarf dringend der Erneuerung. Denn ein jeder wünscht sich eine „gute Stube“, in der es sich behaglich und komfortabel leben lässt.

Herrnhut.
Die Herrnhuter Brüdergemeine betrachtet ihren Kirchensaal als „gute Stube“, in der sich das spirituelle Leben weitestgehend abspielt. „Die weiße Farbe der Wände und Bänke symbolisiert Reinheit, Freude und Erlösung. Die schlichte Gestaltung lässt das Wichtigste, die versammelte Gemeinde, gut zur Geltung kommen“, erklärt der Ältestenrat als oberstes Gremium der Brüdergemeine. 
Doch mittlerweile ist die „gute Stube“ der Herrnhuter in die Jahre gekommen und bedarf dringend der Sanierung. 

„Zum Ende des Zweiten Weltkriegs fiel der Saal einem verheerenden Brand zum Opfer. Unter großer Kraftanstrengung baute ihn die Brüdergemeine in den 1950er Jahren in vereinfachter Form wieder auf. Nach der politischen Wende im Jahr 1989 konnten das Dach und die Außenfassade erneuert werden“, heißt es in einer Erklärung des Vereins „Freunde und Förderer des Herrnhuter Kirchensaals e.V.“, der sich die Wiederherstellung der ursprünglichen Schönheit auf die Fahnen geschrieben hat. 

Und weiter: „Nun engagieren wir uns, auch den Innenraum des großen Saals vollständig zu rekonstruieren und mitsamt der Orgel und den angrenzenden Gemeinderäumen wieder im alten Glanz erscheinen zu lassen.“
Wie genau man sich das vorstellen kann, wird bei einem Besuch im Kirchensaal deutlich. Das „Allerheiligste“ der Brüdergemeine präsentiert sich keineswegs schäbig, aber doch sichtbar angegraut. 
Doch noch deutlicher als im Saal selbst zeigt sich der Erneuerungsbedarf in den Nebenräumen und im Dachgeschoss. 

Dieses überrascht mit einer stählernen Dachkonstruktion statt des eigentlich erwarteten Holzes. Das gibt zwar Halt, schränkt aber auch die Nutzungsmöglichkeiten erheblich ein.

Auf dem Weg dahin kommt man an der Orgelempore vorbei, die bei der geplanten Sanierung eine wichtige Rolle spielt – ebenso wie natürlich auch das namensgebende Instrument. „Unsere bisherige Orgel ist ein Prototyp, mit den damit verbundenen Problemen“, erklärt Daniel Neuer, der das Sanierungsvorhaben als Architekt betreut. Sie soll durch die Bautzener Werkstatt Eule so saniert und komplettiert werden, dass sie den „ganz besonderen Anforderungen der Brüdergemeine entspricht. Das bedeutet: Die Orgel soll nicht führen, sondern begleiten“, wie Daniel Neuer erläutert. Gegenüber der Orgelempore gab es einst ein Pendant – die so genannte Schwesternempore – die nach dem Brand 1945 nicht wieder aufgebaut wurde. „Diese zweite Empore spielte eine wichtige Rolle für die Raumakustik, welche sich ohne sie kompliziert darstellt“, weiß der Architekt. Unter anderem deshalb fiel die Entscheidung, die zweite Empore im Zuge der Sanierung wieder aufzubauen – nicht im Zwiegespräch zwischen Vorstand und Architekt, sondern als Entscheidung der gesamten Brüdergemeine – „so wie das bei den Herrnhutern üblich ist.“

Von der Orgelempore aus gibt sich die Raumstruktur des Kirchensaals mit ihrer strengen Quer-Ausrichtung am besten zu erkennen. Was man heute kaum mehr erahnt: Dass der Saal eine Zeit lang in Gelb gehalten war. „Es gibt verschiedene Farbschichten, die ursprüngliche Farbe war jedoch weiß, und so soll es auch bleiben“, betont Architekt Daniel Neuer. 

Der große Saal wird im Zuge der Sanierung komplett erneuert: Putz, Heizung, Elektrik, Fußboden sind nur die wichtigsten Schlagworte. 

Auch die bereits erwähnten Nebenräume – die bislang den Charme von Abstellkammern verströmen – spielen im Sanierungskonzept eine wichtige Rolle. Vielfältig nutzbar sollen sie künftig dem Gemeindeleben dienen. 
Einer der Räume soll als Informationspunkt für die Besucher der Brüdergemeine zur Verfügung stehen, in dem auch Waren aus fairem Handel angeboten werden. Ein Aufzug schließlich gestaltet das gesamte Gebäude barrierefrei. Natürlich achten die „Herrnhuter“ auch auf Energieeffizienz – „schließlich dient dies der Bewahrung der Schöpfung.“ 

Eine zeitgemäße technische Ausstattung macht den großen Saal schließlich auch als Schulaula nutzbar. Ziel ist es, die Sanierung bis 2022 – dem Jahr des 300. Herrnhuter Stadtjubiläums – abzuschließen. Die Gesamtkosten sind auf 2,4 Millionen Euro veranschlagt, wovon die Herrnhuter ein Sechstel aus Spendenmitteln aufbringen wollen.

Uwe Menschner / 27.11.2018

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