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Berzdorfer See auf der Überholspur

Berzdorfer See auf der Überholspur

Der Hafen bietet Platz für bis zu 100 Boote und kann in der Perspektive noch weiter ausgebaut werden. Foto: privat

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Der Berzdorfer See vor den Toren von Görlitz ist ein Paradies für alle Anhänger des windgetriebenen Wassersports. Foto: privat

Zu den Hinterlassenschaften des Braunkohlebergbaus zählt nicht nur das Lausitzer Seenland, sondern auch der Berzdorfer See vor den Toren von Görlitz. Durch das Neißehochwasser von 2010 in seiner Entwicklung ausgebremst, nimmt diese jetzt wieder Fahrt auf.

Görlitz/Markersdorf/Schönau-Berzdorf. Selten ein Schaden, der nicht auch einen Nutzen in sich birgt: „Mit einem Schlag war der See voll“, blickt der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos) auf jenen dramatischen Tag im August 2010 zurück. Jenen Tag, als sich aus dem Nebenflüsschen Witka eine riesige Flutwelle in die Neiße ergoss, nachdem der Damm eines höher gelegenen Stausees gebrochen war. Das Flußbett konnte die gewaltigen Wassermassen nicht halten, die sich ihren Weg in den unmittelbar benachbarten Berzdorfer See bahnten. Was zwischen Boxberg und Großräschen oftmals quälend lange dauert – hier geschah es in nur einer Nacht.

Allerdings wurde die Entwicklung des Tagebaurestsees vor den Toren von Görlitz durch den plötzlichen Wasserreichtum nicht beschleunigt, sondern vielmehr ausgebremst. „Jahrelang konnten wir keine Bebauungspläne für das Seeufer mehr aufstellen. Vorhaben und Projekte verschwanden wieder in den Schubladen, da die Schadensbeseitigung Vorrang hatte.“ Erst im Mai 2015, so der Görlitzer Oberbürgermeister, konnten die Planungen für die touristische Entwicklung wieder aufgenommen werden.

Heute kann von Stillstand rings um den Berzdorfer See keine Rede mehr sein. Wohin das Auge auch schaut: Bagger bewegen das Erdreich, Kräne heben Lasten. Am Nordufer schafft gerade die Stadt Görlitz gemeinsam mit der LMBV die Voraussetzungen für die Errichtung eines Feriendorfes mit Campingplatz. Dafür muss eine neue Straße her, Strom, Wasser und – heutzutage fast das Wichtigste – ein schneller und sicherer Internetempfang. Ein Stück weiter östlich stapeln sich an schönen Sommertagen die Fahrzeuge auf den Parkplätzen des beliebten Nordoststrandes. Das Stimmengewirr ist vielsprachig – Besucher aus Polen und Tschechien lieben den See vor ihrer Haustür genauso wie die Görlitzer. 
Einen eher morbiden Charme verströmt der „Restort“ Deutsch-Ossig auf der Ostseite: Zu DDR-Zeiten der Zerstörung anheimgegeben, kam die Wende gerade noch rechtzeitig, um die Ruinen zu bewahren. Doch auch hier wird sich der Anblick ändern: „Über Deutsch-Ossig haben wir einen B-Plan gelegt, um Investitionen zu ermöglichen“, so Siegfried Deinege. Die Erschließung für Trink- und Schmutzwasser hat begonnen. Zwei Kilometer weiter südlich erhebt sich ein Rohbau von beachtlichen Ausmaßen direkt am Wasser – die künftige „Insel der Sinne“, ein Vier-Sterne-Wellnesshotel, das im Frühsommer 2018 den Betrieb aufnehmen soll. Von hier ist es nicht mehr weit zum Seehafen, der in seiner ersten Ausbaustufe über 100 Liegeplätze verfügt und bei Bedarf erweitert werden kann. 
Auf der Südseite des Berzdorfer Sees liegt der kleine Ort Tauchritz, einst der Hauptstandort der bergbaulichen Aktivitäten, deren technische Überbleibsel zum Teil noch erhalten sind. Hier ist mit der „Blauen Lagune“ ein weiterer beliebter Badestrand entstanden, als Investor engagiert sich der bekannte Görlitzer Unternehmer und Kaufhausbesitzer Winfried Stöcker. Das Westufer des Berzdorfer Sees steht hauptsächlich im Zeichen des Naturschutzes. 

Große Hoffnungen für die Strahlkraft des Sees setzt der Görlitzer Oberbürgermeister in den Wassersport. „Der Berzdorfer See bietet optimale Voraussetzungen für alles, was mit Wind zu tun hat“, betont Siegfried Deinege. Auch für die Kite-Surfer, deren bunte Schirme man in diesem Jahr allerdings vergeblich am Himmel über dem Wasser suchte: „Trotz mehrerer Vorstöße bei der LMBV und der Unteren Wasserbehörde ist es nicht gelungen, eine Lösung dafür zu finden. Grund sind mehrere Vorkommnisse in den vergangenen Jahren, die zur Gefährdung beteiligter Personen und zu Stromausfällen im Görlitzer Stadtgebiet führten“, berichtet der OB und versichert: „Wir bleiben dran, denn unser See ist bestens für das Kite-Surfen geeignet.“ Wo der Görlitzer Oberbürgermeister auch dran bleiben will, das ist die Schiffbarkeitserklärung – sie würde beispielsweise den Betrieb von Fahrgastschiffen ermöglichen. „Wir rechnen 2018 fest damit“, so Siegfried Deinege. 
Und was ist aus der Diskussion um die Umbenennung des Berzdorfer Sees in „Görlitzer See“ geworden? „Sie ist noch nicht beendet, weil es aus Sicht des Marketings durchaus Sinn machen würde“, erklärt Deinege, der auch als Vorsitzender des Planungsverbandes Berzdorfer See fungiert, in dem Görlitz seine Planungen mit denen der anderen Anrainerkommunen Markersdorf und Schönau-Berzdorf koordiniert. Gerade bei diesen war der Vorstoß zur Umbenennung jedoch nicht gut angekommen. „Die Art und Weise, wie das gelaufen ist, war tatsächlich unglücklich“, räumt der Görlitzer OB ein, der die Stadt jedoch auch weiterhin gern namenstechnisch mit dem See verbinden will: „Warum nicht Görlitz am See?“

Redaktion / 17.11.2017

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