Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Angler fühlt sich zu Unrecht bestraft

Angler fühlt sich zu Unrecht bestraft

Bevor der Fisch auf dem Teller landen kann, muss er waidgerecht getötet werden. Foto: Symbolbild

Region. Es ist schon ein Phänomen: Auch Jahre nach der Novellierung der Tierschutz-Schlachtverordnung und einem von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover – Institut für Parasitologie, Abteilung Fischkrankheiten und Fischhaltung – vorgelegten Gutachten hat das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) mehrere Verstöße gegen die Sächsische Fischereiverordnung ahnden müssen, die im Zusammenhang mit dem waidgerechten Töten von Fischen standen. Behördenangaben zufolge wurden 2019 insgesamt 26 entsprechende Ordnungswidrigkeiten im gesamten Freistaat festgestellt. 

Auch Hobbyangler Andreas W. aus Bischofswerda soll gegen geltendes Gesetz verstoßen haben. Vor wenigen Tagen erhielt er Post aus der Landeshauptstadt. Laut dem Bußgeldbescheid sind 78 Euro zu zahlen. Der Lausitzer verlor zudem seine Mitgliedschaft in seinem Anglerverein. Dabei ist sich der 59-Jährige keiner Schuld bewusst. Jene sieht er vielmehr beim Anglerverband „Elbflorenz“ Dresden (AVE). Dieser sei für die Aufklärung seiner Mitglieder verantwortlich. „Er hat die wichtige Information, also die, wie Fische seit einiger Zeit waidgerecht zu töten sind, nicht ordnungsgemäß an die Basis weitergegeben“, verteidigt sich der Schiebocker. 

Das will Geschäftsführer René Häse so nicht stehen lassen. „Die Mitglieder des Anglerverbandes erhalten viermal im Jahr die Verbandszeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zugesandt. In der Ausgabe 2/2018 auf den Seiten vier und fünf wurde in einer Extrarubrik ‚Die Verbandsgewässeraufsicht klärt auf’, die sich über fünf Ausgaben staffelte, der Aspekt des waidgerechten Tötens von Fischen behandelt und gleichzeitig auf die Informationen der Fischereibehörde hingewiesen. Somit wurde zuletzt jedes Mitglied des Anglerverbandes erreicht und informiert. Auch für die folgende Ausgabe 1/2020 ist ein gesonderter Bericht über das Thema waidgerechtes Töten von Fischen vorgesehen, um eine erneute Auffrischung der gesetzlichen Regelungen für die Praxis vorzunehmen.“

Andreas W. hingegen argumentiert damit, dass der aktuelle Passus auch in die Gewässerordnung gehört. Die habe einjeder Angler bei sich zu führen, sobald er die Route auswirft. Statt einem Herzstich ist spätestens seit 2017 sachsenweit lediglich der Kehlschnitt beziehungsweise der Kiemenbogenrundschnitt erlaubt, um Fische waidgerecht zu töten. Das bestätigte das LfULG dem Oberlausitzer Kurier auf Anfrage. Zuvor müsse das Tier mit einem Schlag auf den Kopf betäubt werden. 

Rückschau: Als der Hobbyangler im Sommer vergangenen Jahres im Rückhaltebecken Karlsdorf auf die Jagd nach Hechten und Zandern ging, hatte er sich einer Kontrolle durch die Verbandsgewässeraufsicht des AVE zu unterziehen. „Dabei wurde festgestellt, dass der zum Angeln verwendete Köderfisch nicht waidgerecht getötet worden ist“, teilte das LfULG auf Anfrage mit. Der Kontrolleur habe daraufhin eine entsprechende Mitteilung verfasst und diese der dem Landesamt unterstellten Fischereibehörde zukommen lassen. Im Dezember nahm Andreas W. schriftlich zu den Vorwürfen Stellung. „Daraufhin erging jetzt nach eingehender Prüfung und rechtlicher Bewertung durch das LfULG ein abschließender Bußgeldbescheid an den betroffenen Angler“, wie eine Behördensprecherin sagte. In dem Zusammenhang ließ sie wissen: „Zu den Bekanntmachungen des AVE hinsichtlich des waidgerechten Tötens von Köderfischen gemäß der Tierschutz-Schlachtverordnung liegen der Fischereibehörde keine Erkenntnisse vor.“ Durch die Fischereibehörde seien die Angler jedoch mit entsprechenden Informationen versorgt worden. Die Landesamtsmitarbei-terin führte mehrere Informationsquellen an und fügte im gleichen Atemzug hinzu: „In regelmäßigen Gesprächen mit dem Landesverband Sächsischer Angler, dem Anglerverband ‚Elbflorenz’ Dresden sowie dem Sächsischen Landesfischereiverband wird durch die Fischereibehörde auf die Informationspflicht dieser Verbände gegenüber ihren Mitgliedern bezüglich der Einhaltung der Rechtsvorschriften hingewiesen.“ 

Inwieweit diese im Fall von Andreas W. tatsächlich erfüllt wurde, darüber gibt es weiterhin unterschiedliche Ansichten. Licht ins Dunkel könnte der Schiebocker Anglerverein bringen. Auf Anfrage teilte dessen Vize-Chef Uwe Heink jedoch lediglich mit: „Sie haben bereits eine umfassende und vollständige Antwort auf Ihre Fragen von unserem Regionalverband erhalten. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.“ 

Bemerkenswert ist vor dem gesamten Hintergrund ein Fakt, der nach Auffassung des mittlerweile aus den Vereinsreihen verbannten Mitglieds Andreas W. nicht unerwähnt bleiben sollte. In einem unserer Zeitung vorliegenden Schreiben eines Mitarbeiters der Verbandsgewässeraufsicht vom 13. November 2019 heißt es, Zitat: „Ein Fisch ist dann waidgerecht getötet, wenn nach dem ausgeführten Betäubungsschlag direkt der Herzstich vollzogen wird, sodass der Fisch entbluten kann.“ Exakt dieser ist aber, wie bereits erwähnt, nicht mehr statthaft. Unterm Strich stellt sich die Frage, ob beim AVE und seinen Mitgliedern tatsächlich Klarheit über die neue Gesetzgebung herrscht. Doch offenbar geht der Vorwurf, dem sich der ehemalige Hobbyangler aus Bischofswerda ausgesetzt sieht, tiefer. Mit Bezug auf eine Stellungnahme des 59-Jährigen fuhr der Verbandsmitarbeiter fort: „Sie beschrieben, dass Sie den Fisch mit einer Ködernadel zum Entbluten gestochen haben, was eindeutig nicht ausreichend ist, um einen Fisch entbluten zu lassen.“ 

Experten zufolge war es bis zur Änderung der Gesetzeslage üblich, dass mit einem scharfen und spitzen Messer von unten zwischen die Brustflossen ins Herz gestochen wurde. Der Tod sei sofort eingetreten, da das Herz als Zentrum des Blutkreislaufes ein schnelles Ausbluten verursacht. Unschöner Nebeneffekt: Traf der Angler versehentlich die Gallenblase, die nahe am Fischherzen sitzt, lief Gallenflüssigkeit aus, die den Fisch nach kurzer Zeit ungenießbar machte. Per Kiemenschnitt bestehe diese Gefahr nun nicht länger. Die Tötung und Schlachtung müsse allerdings während der Phase des Wahrnehmungsverlustes stattfinden, also so schnell wie möglich im Anschluss an die Betäubung erfolgen, wie auf einschlägigen Internetseiten zu erfahren ist. Dafür werde ein beidseitiger Kiemenrundschnitt durchgeführt, der die großen Arterien eröffnet und dadurch ein schnelles Ausbluten garantiert. 

Übrigens: Den Rauswurf aus seinem Verein will Andreas W. keinesfalls sang- und klanglos hinnehmen. Jüngst hat er sich mit einem Einspruch an AVE-Präsident Udo Witschas gewandt. Wie der Verband letztendlich damit umgeht, wird sich erst noch zeigen.

Roland Kaiser / 09.03.2020

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Kommentare zum Artikel "Angler fühlt sich zu Unrecht bestraft"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Rheophil schrieb am

    Am entscheidenden Punkt geht die Berichterstattung und Recherche völlig vorbei:

    "Statt einem Herzstich ist spätestens seit 2017 sachsenweit lediglich der Kehlschnitt beziehungsweise der Kiemenbogenrundschnitt erlaubt, um Fische waidgerecht zu töten."

    Das ist der springende Punkt, mit dem jegliche Sanktionen gegen den Angler stehen oder fallen. Nämlich, dass die Tötung eines Köderfisches - oder anderen geangelten Fisches - (ausschließlich) mit Kehlschnitt beziehungsweise Kiemenbogenrundschnitt erfolgen muss oder nicht mittels Herzstich oder anderweitig erfolgen darf - muss rechtlich bindend - also zunächst im Sächsischen Landesfischereirecht - festgelegt sein. Das ist aber offenbar nicht der Fall.

    Ansonsten darf mir gern jemand die betreffende Stelle im Sächsischen Landesfischereirecht zeigen. Also in der Sächsischen Fischereiverordnung oder dem Sächsischen Fischereigesetz. Nächste Anlaufstelle wäre das Tierschutzgesetz oder die Tierschutzschlachtverordnung als einschlägige Bundesgesetze. Auch hier gibt es aber keine konkrete Aussage darüber, wie ein Fisch im Detail getötet werden muss.

    Rechtlich bindend für die angelfischereiliche Praxis und die meisten Fischarten bleibt gemäß der Tierschutzschlachtverordnung lediglich ganz allgemein gehalten ein stumpfer Schlag auf den Kopf zur Betäubung und die anschließende Tötung durch Blutentzug. Wo am Fisch, womit und wie diese jeweils konkret zu erfolgen haben, ist nicht geregelt. Letztlich muss die dazu verwendete Gerätschaft lediglich für den jeweiligen Zweck geeignet sein. Das trifft also auf jedwedes Werkzeug zu, womit der nötige Erfolg (Betäubung, Entblutung) mit hinreichender Sicherheit erzielt wird.

    Genau an dieser Rechtsgrundlage muss auch eine entsprechende Recherche ansetzen. Ein Blick in den Gesetzestext hilft nämlich bekanntlich bei der Rechtsfindung. Statt beim Ministerium nachzufragen, wo man offenbar eine irrige Rechtsauffassung vertritt, wäre ein Blick ins Landesfischereirecht oder aber eine Anfrage bei einem entsprechend bewanderten Anwalt geboten gewesen.

    Zumal bei einem Ordnungswidrigkeitsverfahren der vorgeworfene Verstoß konkret benannt (die ensprechende Ordnungnswidigkeit im Landesfischereirecht) und der monierte Sachverhalt beschrieben werden muss. Da das "Wie" der Tötung im vorliegenden Fall entscheidend ist, muss dies im Vorwurf auch entsprechend konkret dargestellt werden

    Die ganze Angelegenheit dreht sich also offenbar um eine unzulässig eingeengte Rechtsauslegung. Sonst könnte man auch die Erfüllung des betreffenden Ordnungswidrigkeitstatbestands darin sehen, den vor der Tötung erforderlichen Betäubungsschlag mit einem Hammerstiel durchzuführen statt mit einem käuflich erworbenen Priest oder den Entblutungsschnitt mit einem scharfen Taschenmesser durchzuführen statt dem Einwegskalpell.

  2. Lausbub schrieb am

    Wie das Fehlverhalten des Anglers mit den Mitteln des Ordnungswidrigkeitenrechts zu ahnden ist, darüber entscheidet die Fischereibehörde. Das Bußgeld von 78 € ist da eine relativ milde Buße. Schließlich hätte die Behörde auch den Fischereischein vorübergehend einziehen können. Der Anglerverband "Elbflorenz" hat da wohl eher unangemessen hart reagiert. Niemand ist fehlerfrei. Der Angler Andreas W. hat einen Fehler gemacht. Auch wenn seine Unwissenheit den Fehler nicht entschuldigt, so kann man ihm doch lediglich Fahrlässigkeit unterstellen.

    Die Satzungen vieler Anglervereine sehen den Ausschluss eines Mitglieds bei nicht waidgerechtem Verhalten vor. Entscheidend für einen solchen Ausschluss sind dann aber vorsätzliches und mehrfaches Fehlverhalten. Einen einzelnen Verstoß gegen fischereirechtliche Bestimmungen zum Anlass für den Vereinsausschluss zu nehmen, ist eine unverhältnismäßig harte Strafe.

    Ich wünsche Andreas W. im Kampf gegen den Vereinsausschluss viel Erfolg.

  3. Andy08 schrieb am

    Eine Verwarnung von Fischereiaufseher und ein Gespräch im Verein wäre ein Antwort gewesen. So kommt Hass auf und konnte zu weitere hässlichen Situationen führen

  4. Lausbub schrieb am

    Ignorantia legis non excusat (lat. für "Unwissenheit schützt nicht vor Strafe") ist ein Rechtsgrundsatz, der auch im deutschen Ordnungswidrigkeitsrecht gilt. Mit seiner Argumentation wird der Angler Andreas W. im Einspruchsverfahren gegen den Bußgeldbescheid keinen Erfolg haben.

    Wer eine Ordnungswidrigkeit begeht, kann sich nicht auf Irrtum oder Unwissenheit berufen, wenn dieser sogenannte Verbotsirrtum zu vermeiden war. Der Angler kann sich nicht auf fehlende, unzureichende oder unklare Information durch den Anglerverband "Elbflorenz" berufen. Vielmehr hätte er sich selbst über die gültigen Rechtsvorschriften informieren müssen und können, bevor er sein Fischereirecht ausübt.

    Die Ordnungswidrigkeit - das nicht waidgerechte Töten des Köderfisches - bleibt vorwerfbar, da der Angler den Irrtum oder die Unwissenheit über sein unzulässiges Tun vermeiden konnte. Vor Erteilung eines Fischereischeins hat sich der Angler einer Fischereiprüfung zu unterziehen, wo auch die Kenntnis der Grundzüge und wichtigen Einzelbestimmungen des Fischereirechts, des Natur- und Artenschutzes, des Tierschutzes, des Umweltrechts und des fischereispezifischen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts geprüft wird (§ 23 SächsFischVO).

    Andreas W. wusste also ganz genau, in welchen Rechtsvorschriften er hätte nachschauen müssen, damit sein Tun rechtlich unangreifbar ist.

Weitere aktuelle Artikel