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Die Krux mit der Sternwarte

Die Krux mit der Sternwarte

Stark sanierungsbedürftig: die Schulsternwarte Bautzen. Foto: Heinz Brauer

Bautzen. Welcher Zukunft steuert die Schulsternwarte an der Czornebohstraße entgegen? Die Stadt als Eigentümerin hat jetzt für das sanierungsbedürftige Haus im Naturpark ein Gutachten anfertigen lassen. Erste Ergebnisse liegen inzwischen vor. Das Papier soll im November dem Stadtrat vorgestellt werden. Klar ist schon jetzt: Um die Einrichtung in mehrerlei Hinsicht auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, sind etwa 600.000 Euro zu investieren. „Ein Architekt hat uns während einer Besichtigung etwa diese Zahl genannt“, sagt Georgia Brauer. Sie ist Schriftführerin beim Förderverein der Schulsternwarte. So seien beispielsweise die Sanitäranlagen zu erneuern, Fluchtwege zu schaffen und eine Klimaanlage zu installieren. Die Fußböden, das Heizungssystem, der Wasseranschluss, die Elektroinstallation und das Foyer benötigen ebenfalls eine Verjüngungskur.

Dazu kämen nach Ansicht der Vereinsmitglieder in absehbarer Zeit noch wenigstens 200.000 Euro für einen moderneren Planetariumsprojektor. Die immer preiswerteren Digitalgeräte für kleinere Planetarien könnten sich durchaus als Alternative für die in die Jahre gekommene Optik erweisen.

Bundesweit gilt die Schulsternwarte als eine der ältesten ihrer Art. Laut dem Sprecher der Stadtverwaltung André Wucht genießt sie im Rathaus einen sehr hohen Stellenwert. Dennoch sieht man dort offenbar Handlungsbedarf. Der Fortbestand des Observatoriums hänge von verschiedenen Faktoren ab. Im Vordergrund stehe dabei dessen Rentabilität. Doch was bedeutet das konkret? „Der Bericht ist noch nicht abgeschlossen, er muss an verschiedenen Stellen überarbeitet werden“, bittet André Wucht weiter um Geduld. Bis zur Stadtratssitzung im kommenden Monat sind demzufolge keine klaren Aussagen zu erwarten. Allerdings lässt sich darüber spekulieren, ob das Planetarium eventuell in abgespeckter Form an einen anderen Standort wechseln könnte. Einen solchen Umzug würden die Vereinsmitglieder allerdings sehr bedauern. Denn: Bereits in der Vergangenheit steckte die Stadt viel Zeit, Kraft und Geld in die Sternwarte. So wurde unter anderem deren Dach gedämmt, ein behindertengerechter Zugang geschaffen oder auch der Planetariums-Projektor gewartet. Unabhängig davon führen die Frauen und Männer des Fördervereins in gewissen Abständen Wartungsarbeiten an den Teleskopen und anderen Geräten durch. Auf diese Weise sorgen sie dafür, dass sich trotz aller Schwierigkeiten der Öffentlichkeit in Vorträgen und mit Beobachtungen der Sternenhimmel ein Stück näher bringen und damit verständlicher machen lässt.

„Unseren Erkenntnissen zufolge gibt es in Bautzen keinen vergleichbaren Standort für eine Sternwarte mit Planetarium dieser Größenordnung“, erklärt die ehemalige Stadträtin Georgia Brauer. „Sollte die Kommune mit dem Gedanken spielen, die Sternwarte stark zu minimieren und eventuell nur noch Infofilme den Besuchern zu zeigen, dann wäre das ein folgenreicher Rückschritt für das gesamte Projekt.“

Der Verein sieht in der Einrichtung nicht nur einen Bildungsauftrag, sondern auch ein Aushängeschild für die Spreestadt und deren Umland. Seit Jahren steuern die Sternwarte durchschnittlich 3.200 Besucher an, darunter zahlreiche Schulklassen und Kitagruppen. „Solange Astronomie in den Schulen und darüber hinaus in irgendeiner Form eine Rolle spielt, sollte den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Blick ins All werfen und einen erlebnisorientierten Lernort besuchen zu können“, führt Georgia Brauer weiter aus. Dazu allerdings bedarf es eines geeigneten Personals. „Wir würden es begrüßen, wenn die Stadt eine bezahlte Fachkraft bereitstellt, die wenigstens zweimal pro Woche mit dafür sorgt, dass sich Schüler und Vorschüler durchs Haus führen lassen und wir ihnen verschiedene Bildungsangebote machen können.“ Darüber hinaus zeigt sich der Verein darum bemüht, Nachwuchs für das Observatorium zu rekrutieren. „Fast die Hälfte der 14 aktiven Mitglieder befindet sich bereits im Rentenalter. Von den jüngeren studiert ein Teil. Trotzdem dürfen wir auf ihre Unterstützung bauen. Ungeachtet dessen sind wir darauf angewiesen, dass sich junge Leute bei uns melden, die uns bei der Bildungsarbeit unter die Arme greifen.“

Eine prominente Fürsprecherin haben Georgia Brauer und die anderen Himmelsbeobachter in der wiedergewählten Bundestagsabgeordneten Caren Lay gefunden. „Die Schulsternwarte in Bautzen muss erhalten bleiben“, forderte jüngst die Politikerin der Linken, die hier seit Jahren ihren Wahlkreis hat. „Dies ist umso wichtiger, nachdem unglücklicherweise der Astronomieunterricht vor zehn Jahren durch die Landesregierung abgeschafft wurde. Zudem kann Bautzen auf eine lange Tradition von Schulsternwarten zurückblicken. Der Standort im Südosten der Stadt ist gut geeignet, um den nächtlichen Sternenhimmel ohne störende Lichteinflüsse zu erkunden.“ In die weiteren Planungen sollte der Förderverein einbezogen werden, meint die Bundespolitikerin.

Mit dem Jahr 1872 wird in der Bautzener Stadthistorie erstmals ein kleines Beobachtungsgebäude mit Drehkuppel erwähnt. Carl Friedrich Stieber hatte sich diesen Wunsch erfüllt. Er galt als sehr wohlhabend. Aus seinem Nachlass geht hervor: Fortan ist es Aufgabe der Kommune, sich dafür einzusetzen, dass die Jugend eine astronomische Bildung erfährt. So soll es möglichst am Standort im Naturpark weiterhin bleiben. Dieser Ansicht sind nicht nur Georgia Brauer und ihre Vereinsmitglieder.

Roland Kaiser / 25.10.2017

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