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Dorfbewohner pochen auf Flutschutz

Dorfbewohner pochen auf Flutschutz

Völlig verkrautet präsentiert sich das Flussbett des Dubrauker Fließes an den Horken in Dubrauke und das, obwohl die Ortslage 2018 als hochwassergefährdet eingestuft wurde. Anwohner wie die Familien Schulze fordern einen besseren Schutz ein. Foto: RK

Malschwitz. Ruhig und beschaulich schlängelt sich das Dubrauker Fließ in nordwestlicher Richtung durch den gleichnamigen, 160 Seelen zählenden Ortsteil der Gemeinde Malschwitz. In diesen Tagen der extremen Trockenheit ist nichts zu spüren davon, welche zerstörerische Kraft das Gewässer zu entfalten vermag, wenn Petrus erst einmal die Himmelsschleusen öffnet und es wie aus Kannen schüttet. Familie Schulze hat bereits mehrmals die Erfahrung mit dem tückischen Flüsschen machen müssen. Wie ein reißender Strom bahnte sich das Wasser dann seinen Weg durch die anliegenden Gehöfte und Straßen. Deshalb schauen nicht nur die Schulze-Männer recht besorgt von der, wie sie sagen, im Durchlass viel zu schmalen Brücke auf das inzwischen völlig verkrautete Flussbett. Sie möchten sich gar nicht ausmalen, was geschieht, wenn der nächste Wolkenbruch einsetzt.

„Das Problem ist seit 2010 bekannt, also seit der Zeit, als es an vielen Orten in der Lausitz zu großflächigen Überschwemmungen kam“, meint Bernd Schulze. „Schon des Öfteren wurde uns gesagt, wir tun etwas. Doch passiert ist nichts.“ Hinzukommt der Schlamm auf dem Grund des Dubrauker Fließes, führt Herbert Schulze ein weiteres Beispiel für eine Hochwassergefahr an. „Wenn der sich löst und flussabwärts im Gestrüpp verfängt, bildet sich auf diese Weise eine zusätzliche Barriere. Ich denke, dass es in größeren Städten nicht so aussieht.“ Zuletzt war das Flüsschen im August 2017 über seine Ufer getreten und hatte einen Schaden von mehreren Tausend Euro angerichtet. Einen Teil davon hätten Betroffene selbst geschultert, nur damit die Versicherung die Regulierung nicht sofort ablehnt, hieß es vonseiten der Anrainer.

Um auf dieses Schicksal aufmerksam zu machen, erfolgte dieser Tage eine Vor-Ort-Begehung mit Vertretern der Gemeinde und des Landratsamtes. „Rausgekommen ist dabei nicht viel“, bedauert Winfried Schulze. „Uns wurde von einer Mitarbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) lediglich gesagt, dass wir ein Biotop vor der Haustür hätten. Außerdem wurde als mögliche Hochwasserschutzmaßnahme empfohlen, die Uferstreifen abwechselnd auf einer Länge von 25 Metern zu mähen. Das sei von Juni an bis in den Herbst hinein möglich.“

Das Landratsamt bestätigte dies dem Oberlausitzer Kurier auf Anfrage. „Diskussionsgegenstand ist ein circa 100 Meter langer Gewässerabschnitt zwischen zwei Brückenbauwerken“, erklärt Behördensprecherin Frances Lein. „Die anwesende Mitarbeiterin der UNB stellte in diesem Bereich fest, dass sich ein naturnaher Bewuchs sowohl unter Wasser als auch in den Ufer- und Böschungsbereichen eingestellt hat. Augenscheinlich sind damit die Eigenschaften eines gesetzlich geschützten Biotopes nach Paragraf 30 Bundesnaturschutzgesetz erfüllt. Die vorhandene naturnahe Vegetation bietet außerdem verschiedenen Arten wie Amphibien und Libellen, die zum Teil streng und besonders geschützt sind, einen Lebensraum. Für sie gilt wiederum ein striktes Tötungs- und Verletzungsverbot und das Verbot, deren Lebensstätten zu beschädigen und zu zerstören.“ Und weiter: „Diese Schutzgüter sind im Rahmen der Gewässerunterhaltung zu berücksichtigen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beachtung des Artenschutzes. Die Gewässerunterhaltung ist jedoch nicht ausgeschlossen. Für den diskutierten Bereich ist die abschnittsweise Ufermahd möglich. Hintergrund ist, dass die Arten in die von der Mahd verschonten Bereiche ausweichen können und damit die genannten Verbote nicht verletzt werden.“

Bezogen auf den von den Anrainern geforderten Umbau einer Brücke räumt die Kreisverwaltung inzwischen ein, dass die jetzige bauliche Gestaltung ungünstig sei. Allerdings könne eine Ertüchtigung des Bauwerkes das Problem nach stromabwärts verlagern. Dort sei das Profil recht eng – auch aufgrund einer weiteren Flussquerung. Dort war Anfang Juli eigenen Angaben zufolge von den Mitarbeitern des Landratsamtes ein in das Flussbett eingebautes Brett entdeckt worden. „Dadurch kommt es zum Rückstau“, betont Frances Lein. „Es verlangsamt sich der Abfluss und es kann auf diese Weise noch mehr Pflanzenmaterial aufwachsen. Dies verdeutlicht, dass eine isolierte Maßnahme an der von den Anwohnern genannten Brücke möglicherweise mehr Nach- als Vorteile schafft.“ Notwendig sei vielmehr die Erarbeitung eines Risikomanagementplans durch die Gemeinde. „Maßnahmen, die in dieser Betrachtung vorgeschlagen werden, lassen sich staatlich fördern.“ Der Fördersatz liege bei 75 Prozent. Allerdings übt die Kreisverwaltung auch vorsichtige Kritik am Verhalten der Anwohner des Dubrauker Fließes: „Insgesamt ist übrigens auch die Art, wie die privaten Grundstücke in Gewässernähe genutzt werden, aus Sicht des Hochwasserschutzes nicht optimal. Es wurden Grünschnittablagerungen und Uferverbauungen vorgefunden. Zudem wird der Gewässerrandstreifen nicht immer eingehalten. Diese Nutzungen bestehen teilweise schon seit vielen Jahren und sind daher nicht alle per se verboten. Die Ablagerung aber schon. Solche Probleme wären bei einer gewässerübergreifenden Planung mit zu thematisieren“, bekräftigt Frances Lein. Für Bernd Schulze und viele andere Bewohner von Dubrauke steht indes fest: „Wir möchten keine Schlammschlacht. Es geht uns darum, gemeinsam eine Lösung zu finden.“

Eine solche ließ sich in den ebenfalls in der Vergangenheit mehrfach von Überflutungen heimgesuchten Bautzener Ortsteilen Nieder- und Oberuhna bereits realisieren. Dort trat immer wieder einmal das Salzenforster/Milkwitzer Wasser über die Ufer. In dem Fall hat die Kommune letztendlich reagiert und zusammen mit dem Freistaat mehr als 600.000 Euro investiert, damit mehrere Häuser nicht gleich wieder im Nassen stehen, sobald es kräftiger regnet. „Man muss dabei stets den gesamten Lauf eines Gewässers im Blick behalten“, stellte der Leiter des städtischen Amtes für Hoch- und Tiefbau, Falko Wendler, nach der Fertigstellung des Vorhabens fest. „Hochwasserschutzmaßnahmen brauchen deshalb immer Zeit.“ In den nordwestlich von Bautzen gelegenen Ortsteilen wurden laut Rathausangaben ab Sommer 2018 beispielsweise ein Wall errichtet, der das Wasser von den gefährdeten Grundstücken lenkt, und das Bachbett naturnah ausgebaut. Außerdem ließ die Kommune das Gewässer auf einer Distanz von etwa 400 Metern erweitern. Angedacht sei darüber hinaus der Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens, das weitläufig entlang des Baches für Entlastung sorgen soll. Dank dieser Maßnahmen hat das Wasser vor allem in Niederuhna künftig mehr Raum, wie die Stadtverwaltung ebenfalls mitteilte.

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Augustflut 2017 in Dubrauke: Bis zu 70 Zentimeter hoch stand das Wasser laut Augenzeugenberichten auf den Anrainergrundstücken. Foto: privat

 

Und wie verhält sich das Ganze in Dubrauke? Der Malschwitzer Bürgermeister Matthias Seidel wagt einen Blick in die Zukunft: „Der Pflegeschnitt ist für diesen Monat geplant. Vor dem Ort wurde ein Sandfang errichtet, den wir auch beräumen. Um einen generellen Hochwasserschutz für die Ortslage zu erreichen, muss ein Hochwasserschutzkonzept erarbeitet werden. Hierzu haben wir im vergangenen Jahr an die Landesdirektion eine Bedarfsanzeige gestellt. Nach Rücksprache mit ihr kann dies nun erfolgen.“ Noch vor neun Jahren sei ein ähnliches Unterfangen aufgrund zu geringer Schäden abgelehnt worden, so das Gemeindeoberhaupt. Die Brücke, die Familie Schulze und all die anderen von den früheren Hochwassern betroffenen Menschen gern umgebaut sehen möchten, werde Teil des Hochwasserschutzkonzeptes. Der Landkreis habe indes die Kreisstraßenbrücke in seine Mittelfristplanung aufgenommen. Matthias Seidel: „Allerdings ist es ein Trugschluss, dass man nur etwas an den Brücken machen muss und in Dubrauke gibt es kein Hochwasser mehr. Ohne jetzt den Experten vorzugreifen: Ich bin der Ansicht, vor der Ortslage sollte ein Rückhalt geschaffen werden.“ Dass die Gemeinde in der Vergangenheit gar nichts unternommen hätte, um den Flutschutz zu verbessern, das wollte der Bürgermeister so nicht im Raum stehen lassen: „2016 wurde das Gewässerbett in der Ortslage und flussabwärts saniert.“ Jedoch, davon hat er sich nun auch ein Bild machen können, ist darüber an einigen Stellen mittlerweile ordentlich Gras gewachsen.

Roland Kaiser / 17.07.2019

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