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Endlagersuche auch in der Oberlausitz?

Endlagersuche auch in der Oberlausitz?

Der heimische Granit – hier im Granitabbaumuseum Königshainer Berge – hat sich in der Vergangenheit für die Region oft als Segen erwiesen. Wird er jetzt zum Fluch?

Die Oberlausitz könnte bei der Suche nach einem Endlager für Atommüll wieder verstärkt in den Fokus geraten. Der jetzt veröffentlichte Abschlussbericht der von der Bundesregierung eingesetzten entsprechenden Kommission sieht vor, neben Salz und Ton auch Kristallingestein, wozu der in der Region vorkommende Granodiorit zählt, in die Betrachtung einzubeziehen.

Oberlausitz. Welchen Anforderungen muss ein Endlager für die Rückstände der Stromerzeugung aus Atomenergie genügen? Mit dieser Frage beschäftigen sich die Experten bereits seit Jahrzehnten. Geht es doch darum, die Sicherheit vor einem Austreten von Radioaktivität für eine Million Jahre – ein im Vergleich zu einem Menschenleben unvorstellbar großer Zeitraum – zu gewährleisten. Nach dem Bericht der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ sollen Formationen aus Salz, Ton und Kristallingestein (insbesondere Granodiorit) „gleichberechtigt“ in die Betrachtung einbezogen werden.

Dabei sah es noch vor wenigen Jahren so aus, als sei der Granodiorit „aus dem Rennen“: „Hauptgrund dafür ist, dass es sich dabei um stark zerklüftete Formationen handelt“, hatte Dr. Volkmar Bräuer, Abteilungsleiter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, 2011 im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt. „Dies bedeutet, dass sie sehr durchlässig sind und die Abfälle in geeigneter Form eingeschlossen werden müssten.“ Salz und Ton würden allein schon aufgrund ihrer geologischen Eigenschaften für einen vollständigen Einschluss der radioaktiven Abfälle sorgen. In Kristallingestein hingegen müsste durch geeignete Behälter oder künstliche geologische Barrieren dafür gesorgt werden, dass der Austritt ausgeschlossen ist. Bereits damals wies Dr. Bräuer allerdings darauf hin, dass die letztendliche Entscheidung auf der politischen Ebene – also durch den Bundestag – getroffen würde.

Nun also tatsächlich die Rolle rückwärts: „Die Kommission empfiehlt, nach dem Prinzip der weißen Landkarte vorzugehen“, heißt es in dem Abschlussbericht. „Dies bedeutet, ohne Vorfestlegungen und ohne Ausschluss bestimmter Standorte mit der Suche neu zu beginnen.“ Damit solle ein Auswahlprozess einzig anhand gleich lautender wissenschaftlicher Kriterien gewährleistet sein.

Doch der Sächsische Umweltminister Thomas Schmidt (CDU), der Mitglied in der Kommission ist, sieht das Prinzip der Gleichbehandlung bereits jetzt verletzt: „Gesteinsformationen, die nur in Kombination mit zusätzlichen technischen Einrichtungen Sicherheit bieten, sind abzulehnen. Sie weiter zu verfolgen, kostet Zeit und verschwendet Ressourcen“, erklärt er. Diese Auffassung teilt auch seine bayerische Amtskollegin Ulrike Scharf. Nun gibt es gerade in Bayern und Sachsen Formationen von Kristallingestein, die in die Suche einbezogen werden sollen. Dies ruft Mutmaßungen auf den Plan, den beiden Freistaaten gehe es nur darum, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Dies jedoch weist Thomas Schmidt deutlich zurück: „An den Granodiorit werden eben nicht die gleichen Anforderungen gestellt wie an Salz und Ton. Hier werden technische Einrichtungen in die Betrachtung einbezogen, die dort nicht erforderlich sind“, erklärt sein Pressesprecher Jörg Förster auf Anfrage.

Die Suche nach einem geeigneten Endlager für den deutschen Atommüll soll bis zum Jahre 2031 abgeschlossen sein, für 2050 ist die Inbetriebnahme vorgesehen. „Es geht also um einen sehr großen Zeithorizont und nicht um konkrete Befürchtungen“, versichert Jörg Förster.

Allerdings könnte es durchaus schon früher Auswirkungen geben: Durch „Veränderungssperren“, die über in Frage kommende Gebiete verhängt werden, um sie schon frühzeitig für die mögliche Nutzung als Endlager für Atommüll zu sichern. Die Beteiligung der Öffentlichkeit in den in Frage kommenden Regionen soll über „Regionalkonferenzen“ gewährleistet werden.
 

Uwe Menschner / 09.01.2017

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