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Gebeutelte Gastronomie bekommt Schützenhilfe

Gebeutelte Gastronomie bekommt Schützenhilfe

Gemeinsamer Trinkgenuss in sicherer Entfernung: So könnte künftig die Stühleanordnung in jedem Biergarten aussehen. Die von der Politik geforderten Mindestabstände werden sichtlich eingehalten. Foto: privat

Region. Ab wann werden Gastwirte zumindest unter freiem Himmel ihre hungrigen und durstigen Gäste wieder bedienen dürfen? Diese Frage stellt sich nach den ersten Lockerungen der coronabedingten Einschränkungen auch Frank Peschel. Der aus der Oberlausitz stammende Politiker vertritt die Auffassung: Was im Landtag funktioniert, klappt auch in Biergärten. „Gerade jetzt ist es wichtig, dass unter Beachtung der gesundheitlichen Vorgaben, Biergärten und die Außenanlagen von Gaststätten geöffnet haben. Wir haben mündige Bürger, die in der Lage sind, den notwendigen Abstand einzuhalten. Zusätzlicher Schutz ist die Reduzierung der Bestuhlung.“

Forderungen zielen in verschiedene Richtungen

Seit Wochen dürfen Lokale auch in der Oberlausitz für Besucher nicht öffnen. Das führte dazu, dass die Tourismusbranche nach Einschätzung von Frank Peschel inzwischen am Boden liegt. „Sie wird durch die staatlichen Beschränkungen massiv behindert und in ihrer Existenz bedroht. Trotz steigender Zahlen an Corona-Genesenen, bleiben Biergärten zu, die gerade jetzt wieder in die Saison starten möchten.“ Mögliche Fördermittel und Kredite, so erklärt er in dem Zusammenhang, werden dem Tourismusbereich wenig helfen. „Wir müssen die massiven staatlichen Einschränkungen im Gastronomiebereich sofort aufheben. Gerade Biergärten müssen unter Beachtung der gesundheitlichen Vorschriften geöffnet werden.“ Er ist sich sicher: „Die Bevölkerung hält sich an die Vorschriften.“ Eines kann der Landtagsabgeordnete allerdings überhaupt nicht verstehen: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die Kantine im Sächsischen Landtag geöffnet hat, aber Biergärten geschlossen bleiben müssen.“

Der Branchenverband Dehoga Sachsen macht sich indes ebenfalls stark für die unter der Corona-Krise besonders leidenden Gastronomen. Jedoch gehen dessen Forderungen in eine andere Richtung. So tritt er dafür ein, dass für den Mittelstand Soforthilfen fließen. Gemeint sind damit Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern. Außerdem soll für Auszubildende ebenso Kurzarbeitergeld gezahlt und dieses für alle weiteren Angestellten aufgestockt werden. Zudem tritt der Dehoga für eine generelle Mehrwertsteuer in Höhe von sieben Prozent ein.  Die Politik wird ferner dazu angehalten, die Versicherer mit ins Boot zu holen, um  Entschädigungsleistungen zu erwirken, zum Beispiel aus der Betriebsschließungsversicherung. Es wird darüber hinaus eine Vereinheitlichung der Kreditvergabe gefordert.

Gastronomenproteste begleiten Gespräche zwischen Branchenverband und Politik

Vor fast einer Woche hatten Gastronomen aus ganz Sachsen vor der Dresdener Frauenkirche mit leeren Tischen und Stühlen auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht. Auch der Dehoga Sachsen beteiligte sich an der Aktion. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass einzelne Corona-Beschränkungen gelockert werden. Um noch einmal vor der finalen Entscheidung der Sächsischen Landesregierung auf die Sorgen der Gastwirte aufmerksam zu machen, wurde kurzerhand ein Treffen mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, Landwirtschaftsminister Wolfram Günther und dessen Amtskollegen Martin Dulig aus dem Wirtschaftsministerium anberaumt. Dabei seien Konsequenzen der anhaltenden Sanktionen und mögliche Rettungsmaßnahmen für die Branche erörtert worden. Anschließend kam es laut Verbandschef Axel Klein noch zu einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Landesvater.

„Wir rechnen jetzt mit schneller Bewegung bei diesen Themen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene", schätzte er daraufhin ein. Zuschüsse für Azubis und Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld seien bereits in Aussicht gestellt worden. Der Freistaat Sachsen wolle zudem auf Bundesebene die Sieben-Prozent-Initiative unterstützen. Auch soll ein Fachberatergremium installiert werden, um schnell wirkungsvolle Lösungen für die Branche zu erarbeiten und umzusetzen. „Wir kämpfen gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern für eine Lösung und werden diese einfordern", versicherte noch einmal Axel Klein. „Uns geht es darum, den Mittelstand als Motor des Tourismus und der Wirtschaft zu erhalten. Auszubildenden ihren Ausbildungsplatz und Zehntausende Fachkräfte vor der Arbeitslosigkeit zu retten."

Kretschmer stellt Gastronomen Lösung in Aussicht

Doch alles Bitten um Erleichterungen half vorerst nichts. Die Gaststuben bleiben bis auf weiteres geschlossen. Gastwirte dürfen zwar nach wie vor den Kochlöffel schwingen und Gerichte zubereiten. Das Essen ist jedoch entweder auszuliefern oder von den Kunden abzuholen. In einem kurz nach dem Beschluss des Regierungskabinetts erfolgten und im Internet abrufbaren Pressebriefing stellte Michael Kretschmer jedoch eine nächste Zusammenkunft mit Vertretern der Branche und den relevanten Ministerien in Aussicht. „Die Gastronomie braucht ein Zeichen“, gestand er dabei ein. So sollen bis zum Mai gemeinsam Schritte ausgelotet werden, die es erlauben, unter bestimmten Voraussetzungen die Lokale und Restaurants wieder öffnen zu können. Diese Vorbereitung solle jetzt vonstatten gehen.

Vor diesem Hintergrund zeigte sich der Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Sachsen (MIT), Dr. Markus Reichel, entschlossen kämpferisch: „Wir fordern, dass die Landesregierung ein klares Konzept erarbeitet, das es schnellstmöglich Restaurants ermöglicht unter klar definierten hygienischen Bedingungen zumindest einen Außenbereich zu bewirtschaften.“

Nicht nur Frank Peschel dürfte sich darin bestätigt sehen. Unterm Strich bringt es die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Sachsen auf den Punkt, wenn sie sagt: „Die aktuelle Lage in der Gastronomiebranche ist verheerend. Protestaktionen der Gastronomen können wir daher vollkommen verstehen.“

Roland Kaiser / 23.04.2020

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