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Schienenfahrzeugbauer bald 
von zwei Seiten aus erreichbar

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So präsentiert sich an einem Wintertag die bisherige Zufahrt auf der Spree-Seite. Foto: UM

Der Bautzener Standort des Industriekonzerns verdreifacht seine Fertigungskapazität. Das erfordert eine bessere Verkehrsanbindung. Eine Lösung ist jetzt gefunden.

Bautzen. „Wir haben Glück gehabt.“ Olaf Schmiedel sagt das mit Überzeugung. Und der Leiter des Bautzener Bombardier-Werks begründet dies auch: „Unser Konzern konsolidiert weltweit und passt Standorte an. Und Bautzen ist der einzige Standort im Wirtschaftsraum Deutschland/Österreich, der wächst.“ Schmiedel kann das auch an Zahlen verdeutlichen: „Seit 2005 haben wir Jahr für Jahr im Verbund mit dem Werk Wien 250 Straßenbahnen ausgeliefert. Durch den erfolgten Ausbau verfügen wir jetzt über eine Kapazität zur Fertigung von 850 Wagenkästen für Reisezüge pro Jahr – ohne Wien.“ Fünf Fließlinien sollen jeweils einen Wagenkasten fertigen – pro Tag. Hinzu kommen 34 Stände für die Ausführung bestimmter Arbeiten.

Vom Rohbau zur Veredelung

Das Fertigungsprofil des Bautzener Bombardier-Werkes wandelt sich: Weg vom Roh-, hin zum Ausbau. „Wir werden künftig nicht mehr selber gießen und keine eigene Teilefertigung mehr haben. Die Rohbauten erhalten wir aus Görlitz oder von anderen Standorten angeliefert. Unser Standort spezialisiert sich auf den Ausbau, die Veredelung.“ Keine einzelnen Wagen, sondern komplette Wagenzüge verlassen künftig das Werk. Darunter Regionalbahnen, Intercity-Züge, aber auch der ICE 4 – die aktuelle Generation der deutschen Hochgeschwindigkeitsflotte, die Bombardier im Konsortium mit Siemens an die Deutsche Bahn liefert.
All diese Veränderungen stellen natürlich auch veränderte Anforderungen an die Logistik. „Wir werden ein Außenlager nutzen, um unsere Zulieferungen getaktet zum Werk zuführen zu können“, erläutert Olaf Schmiedel. Dies ändert jedoch nichts an einem Fakt: Die bisherige Verkehrsanbindung entspricht nicht den künftigen Anforderungen. Von einer Verdopplung der Zu- und Ablieferfahrten geht der Werksleiter aus, wenn die neue Struktur ab 2020 vollständig greift. Die schon jetzt stark belastete Zufahrt an der Ostseite, über die Fabrikstraße, würde kollabieren. 
Dabei gibt es – historisch gewachsen – eine zweite Zufahrt auf der Westseite: Sie zweigt etwa 50 Meter hinter der Kreuzung mit der Westtangente von der Neustädter Straße ab. Allerdings befindet sich die Straße in einem Zustand, der einen hochfrequenten Lkw-Verkehr nicht zulässt, und mündet in einem Nadelöhr – einer Brücke über die Spree, die derart verschlissen ist, dass sie nur noch als Fußgängereingang und Notzufahrt für die Feuerwehr dienen kann.

Nur die erste Ausbaustufe

Doch das soll sich ändern: Die Stadt Bautzen hat die Planungen für den Ausbau von Straße und Brücke soweit vorangetrieben, dass der Baubeginn nunmehr feststeht: im September 2019. „Wir sprechen ganz bewusst von der Zufahrt zum Gewerbegebiet am Humboldthain, denn es geht nicht allein um Bombardier“, betont Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD). Olaf Schmiedel bestätigt: Auf dem Werksgelände haben sich weitere Firmen angesiedelt, die ebenfalls von der Verbesserung der Anbindung profitieren. Der OB verspricht sich von dem Ausbau eine „nachhaltige Steigerung der Attraktivität dieses Filetstücks unter den Gewerbeflächen der Stadt Bautzen.“ Als die Zukunft des Bombardier-Standortes fraglich schien, habe es mehrere Anfragen von Interessenten gegeben. „Glücklicherweise hat sich Bombardier für Bautzen entschieden und 30 Millionen Euro in den Ausbau des Standortes investiert“, so Ahrens. Und Olaf Schmiedel ergänzt, dass es sich dabei nur um einen ersten Ausbauabschnitt handelt: „Die Konzernleitung hat 250.000 Euro für die Planung zum Ausbau der ‚Q-Halle’ freigegeben. Da stehen erneut Investitionen in erheblicher Millionenhöhe in Aussicht.“ Eine Garantie, dass der Standort in 20 oder 30 Jahren noch besteht, könne aber auch er nicht geben, räumt der Werksleiter ein.

Belastungen nicht vermeidbar

Freilich ist auch der Ausbau der Werkszufahrt, wie jede Baumaßnahme, mit Belastungen für Anwohner und Umwelt verbunden. So müssen insgesamt 25 Bäume gefällt werden. Die neue Straße wird nicht exakt auf derselben Trasse verlaufen wie die alte, sondern sich, vor allem im Kurvenbereich, von dieser absetzen. Umleitungen führen über schmale Feldwege, die zuvor provisorisch „ertüchtigt“ werden. Während die Fußgänger einen separaten Weg erhalten, sollen die Radfahrer laut Bauamt die Straße auch nach dem Ausbau gefahrlos nutzen können. 
Und warum, so fragen Anwohner, baut man nicht eine Zufahrt direkt von der unmittelbar vorbeiführenden Westtangente zu Bombardier? „Dafür wäre ein komplett neues Planfeststellungsverfahren erforderlich“, antwortet Baubürgermeisterin Juliane Naumann – mit unabsehbarem Zeit- und Kostenaufwand. Dass nicht ein Großteil der Erzeugnisse über die Schiene – für die er ja gebaut wurde – abtransportiert werden kann, reflektiert Oberbürgermeister Alexander Ahrens mit Blick auf das nur noch rudimentär vorhandene, einst dichtmaschige Eisenbahnnetz in der Region, aber auch darüber hinaus, und weiß: „Daran können wir kurzfristig nichts ändern.“â‹Œ

Roland Kaiser / 05.02.2019

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