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Schulinitiative stößt auf Vorbehalte

Schulinitiative stößt auf Vorbehalte

Das im Eigentum der Louisenstift gGmbH befindliche Braunaer Schloss bietet genügend Platz für die Freie Alternativschule.

Die Stadt Kamenz will die Auswirkungen der geplanten freien Schule in Brauna auf die benachbarte staatliche Schule prüfen. Das braucht Zeit. Die Schulinitiative fürchtet deswegen nun um ihr Vorhaben.

Kamenz/Brauna. Das hatten sich Frank Jank und seine Mitstreiter von der Initiative für die Gründung einer Freien Alternativschule in Kamenz möglicherweise anders vorgestellt. Anstatt mit wehenden Fahnen begrüßt zu werden, mussten sie auf der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates Brauna ihr bisheriges Vorgehen verteidigen und Vorbehalte entkräften. Der Oberlausitzer Kurier fasst die wichtigsten Punkte zusammen.

Was hat die Initiative eigentlich vor?

Seit 2017 gibt es Bestrebungen, in Kamenz eine Freie Alternativschule zu gründen. Starten soll sie zum Schuljahr 2020/21 mit einer jahrgangsübergreifenden Klasse von höchstens 16 Schülern im Grundschulalter und später sukzessive auf bis zu maximal 100 Schüler in den Klassenstufen 1 bis 10 anwachsen. Ende 2019 ging die Initiative mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit, die Schule im Schloss des Ortsteils Brauna einzurichten. Laut Sprecher Frank Jank gibt es bereits eine ausreichende Anzahl von Anmeldungen.

Welche Reaktionen gab es darauf?

Die Schulinitiative bedankte sich wenig später für die „überwältigend positiven Reaktionen“ nach der Bekanntgabe des Standortes. Doch dies war nur die halbe Wahrheit, denn kurz darauf ließ sich der Kamenzer Oberbürgermeister vernehmen, der der Initiative vorwarf, die Stadt nicht in angemessener Weise informiert zu haben. Und auch in den Reihen des Ortschaftsrates Brauna gibt es neben Interesse und Wohlwollen für das Vorhaben durchaus auch Vorbehalte und eine ganze Reihe von offenen Fragen.

Was konkret wird befürchtet?

Die Stadt Kamenz möchte geklärt wissen, ob und wenn ja welche Auswirkungen die Gründung einer Freien Schule auf den unmittelbar benachbarten staatlichen Grundschulstandort hat. Konkret geht es um die Chancen, Fördermittel für die geplante Sanierung der Grundschule zu erhalten. „Der Fördermittelgeber schaut sehr genau darauf, ob die Vergabe der Mittel nachhaltig wirkt“, so Oberbürgermeister Roland Dantz. Eine Konkurrenz mit einer freien Schule um das begrenzte Schülerpotenzial könne hierauf womöglich negative Auswirkungen haben. 
Im Ortschaftsrat gibt es weitere Vorbehalte: So hinsichtlich der Verkehrssituation an der Einfahrt zum Schloss sowie der Finanzierung. Weiterhin gibt es offenbar eher diffuse Bedenken, welche Auswirkungen eine weitere Schule und eine (im Endausbau der freien Schule) Gesamtschülerzahl von fast 200 auf ein kleines Dorf wie Brauna möglicherweise haben kann. 

Was entgegnet die Initiative?

„Aufgrund unseres sehr speziellen Konzeptes haben wir einen sehr weiten Einzugsbereich“, erklärt Frank Jank. Die vorliegenden Anmeldungen kommen nach seinen Angaben unter anderem aus Bernsdorf, Bischofswerda, Königswartha sowie aus dem gesamten Kamenzer Stadtgebiet. Die Auswirkungen auf die Schülernachfrage der staatlichen Grundschule in Brauna seien demzufolge „marginal.“ Viel eher sei mit positiven Effekten zu rechnen: So könne die vergrößerte Gesamtschülerzahl dem Ortschaftsrat helfen, die angestrebte Verkehrsberuhigung an der S 100 durchzusetzen. Synergien seien auch bei der Nutzung von Sporteinrichtungen oder des zum Schlossgelände gehörenden Parks denkbar. Zudem will sich die Schulinitiative in das dörfliche Leben einbringen, beispielsweise durch eine Wiederbelebung der einst beliebten Parkfeste. Damit entgegnet Jank auch den Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Dorfgemeinschaft. Hinsichtlich der Finanzierung und Organisation des Schulbetriebs versichert er: „Wir machen das nicht zum ersten Mal und wissen, worauf es bei der Gründung einer freien Schule ankommt“ und verweist auf die erfolgreich nach dem gleichen Konzept betriebene Freie Alternativschule Weißwasser. 

Wie geht es jetzt weiter?

Der Kamenzer Stadtrat soll auf seiner nächsten Sitzung am 18. März über eine Veränderungssperre, über ein „besonderes Vorkaufsrecht“ sowie über die Aufstellung eines Bebauungsplanes „Historischer Ortskern Brauna“ entscheiden. Die Schulinitiative befürchtet nunmehr, dass dieser Prozess die Genehmigung des eingereichten Bauantrags für die Nutzung von zwei Etagen im Schloss soweit verzögern könnte, dass das ganze Vorhaben obsolet wird. „Es ist nicht unsere Absicht, etwas hinauszuzögern“, entgegnet Oberbürgermeister Roland Dantz. 
„Doch als Stadt haben wir das Recht und die Pflicht, mögliche negative Auswirkungen auf städtische Belange sorgfältig zu prüfen, und das Baurecht gibt uns die entsprechenden Möglichkeiten.“ Eine planerische Befassung mit dem Braunaer Ortskern sei auch unabhängig von der Schulgründung dringend nötig. Man sei bereit, gemeinsam mit der Schulinitiative und dem Fördermittelgeber darauf hinzuarbeiten, dass das Prüfergebnis rechtzeitig vorliegt. „Sollte es ergeben, dass es keine negativen Auswirkungen gibt, freuen wir uns über die Initiative und die Belebung des Schlosses sowie die Bereicherung der Schullandschaft. Sollte das Ergebnis jedoch anders ausfallen, können wir das Vorhaben nicht positiv begleiten“, macht der OB jedoch auch unmissverständlich deutlich. Welche Einflussmöglichkeiten die Stadt letztendlich hat, bleibt abzuwarten. Weist doch Frank Döderlein vom Netzwerk sächsischer Schulgründungsinitiativen darauf hin, dass die Gründung und Gleichbehandlung freier Schulen grundgesetzlich verankert ist.

Zum Thema: Freie Alternativschule

Die Freie Alternativschule verfolgt nach eigenen Angaben einen „reformpädagogischen Ansatz“. Im Schulkonzept heißt es unter anderem: „Unsere Welt verändert sich in atemberaubenden Tempo. Globalisierung, die 4. industrielle Revolution, Klimawandel usw. werden unsere Kinder vor ganz besonders viele neue soziale, gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Herausforderungen stellen. Um diesen zu begegnen, und gleichzeitig individuell zufriedenstellende Lebenskonzepte zu entwickeln, bedarf es verstärkt besonderer Kompetenzen. Deshalb möchten wir einen Ort und Rahmen schaffen, der es Kindern ermöglicht selbständig denken zu lernen und kreative Lösungen zu finden (...)“ Vorbild für die Kamenzer Einrichtung ist die zum Schuljahr 2019/20 in Betrieb gegangene Freie Alternativschule Weißwasser. 

Uwe Menschner / 09.03.2020

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