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Schwester Agnes kommt zu den Bienen

Schwester Agnes kommt zu den Bienen

Sieht martialischer aus als es ist: Mit dem Stockmeisel kann Daniel Queißer Waben entnehmen. Gut zu erkennen: Der Wildbau unten am Rahmen.

Der Imkerverein Oberlichtenau engagiert sich für die Gesundheit der nützlichen Insekten in der Region. Dank eines Preisgelds hat er dafür bald ganz neue Möglichkeiten.

Oberlichtenau.
Wo ist die Königin? Etwas größer soll sie sein als ihre Mitbewohnerinnen, doch allein daran kann man die „Chefin“ inmitten der wuselnden Schar von Arbeiterinnen sicher nicht erkennen. Aber Daniel Queißer hat vorgesorgt: „Die Königin trägt einen blauen Punkt. Der fällt eigentlich immer auf“, weiß der Vorsitzende des Imkerverein Oberlichtenau e.V. Und doch müssen er und sein Besucher alle zwölf Rahmen in dem Bienenstock eingehend betrachten und dann noch einmal von hinten anfangen, bis sie die Königin endlich entdeckt haben. Die lässt es sich in der Schar ihrer „Hofdamen“ gut gehen, und das hat sie sich auch redlich verdient: Schließlich sorgte die „Queen“ mit ihrer Produktivität erst dafür, dass der Stock so gut gefüllt ist.

Nicht wehrlos ausgeliefert

Die Bienen wirken lebhaft und gesund. Doch dies ist leider alles andere als selbstverständlich: Immer wieder setzen Parasiten und Seuchen wie die Varroa-Milbe oder die Amerikanische Faulbrut den Beständen in Sachsen und anderswo zu. Alleine im September 2019 wurde letztere im Kreis Bautzen drei mal festgestellt. Das Kreisveterinäramt legte Sperrbezirke für Teile der Städte und Gemeinden Bautzen, Doberschau-Gaußig, Weißenberg, Hochkirch und Malschwitz fest. Die Krankheit befällt ausschließlich die Brut und führt zum Absterben der Larven.
Allerdings sind die Bienenhalter der Amerikanischen Faulbrut nicht wehrlos ausgeliefert: „Es gibt gute Möglichkeiten, die Seuche zu bekämpfen“, erklärt Daniel Queißer. Jedoch verfügen einzelne Imker nur selten über das benötigte Wissen und die erforderlichen Gerätschaften. Doch der Oberlichtenauer Imkerverein will für Abhilfe sorgen: Mit einem Bienengesundheitsmobil, das im gesamten Landkreis Bautzen unterwegs ist und betroffenen Imkern bei der Bekämpfung der Faulbrut hilft.

Verblüffende Parallelen zu Corona

„Es handelt sich dabei um einen geschlossenen PKW-Anhänger, professionell bestückt mit allen notwendigen Gerätschaften und Werkzeugen, die für eine erfolgreiche Sanierung von Bienenvölkern sowie für die Reinigung von Imkerutensilien wichtig sind“, berichtet der Vereinsvorsitzende. Die Sanierung eines Bienenvolkes erinnert in verblüffender Weise an Vorgänge, die aus den letzten Monaten ungewollt vertraut klingen: Der Schwarm wird für einige Tage isoliert, kommt quasi in Quarantäne. In der Zwischenzeit erfolgt die Reinigung der Rähmchen, also der „Wohnung“ des Schwarms, in Ätznatron – „in der Hoffnung, dass dabei alle Faulbrutsporen beseitigt werden“, wie Daniel Queißer erklärt. Demselben Zweck dient auch ein Wachsklärgerät – ebenfalls eine brandneue Errungenschaft der Oberlichtenauer Bienenfreunde – welches das Wachs auf Temperaturen erhitzt, die die Sporen nicht vertragen und absterben. „Insgesamt ist die Bestückung des Anhängers eher unspektakulär, sie hilft aber wirksam bei der Bekämpfung der Faulbrut“, so der Vorsitzende.

Für die Gesundheit unterwegs

Ab dem kommenden Jahr soll das Bienengesundheitsmobil zur Verfügung stehen. Die Sanierung wird in der Regel so ablaufen, dass sich alle betroffenen Imker eines Ausbruchsgebietes an einem Wochenende treffen und unter Koordination des Veterinäramtes und Anleitung eines Sachverständigen – quasi einer „Schwester Agnes“ für Bienen – die erforderliche Reinigung durchführen. Die Anschaffung des Mobils wird durch ein Preisgeld aus dem sächsischen Mitmachfonds möglich. Hilfreich bei der Bekämpfung der Seuche ist auch das sachsenweite Monitoring, das drohende Ausbrüche bereits im Vorfeld erkennen soll – kommt uns das nicht auch irgendwoher bekannt vor? Gegen die zweite große Bienenplage, die Varroa-Milbe, kann das Mobil allerdings nichts ausrichten: „Da muss sich jeder Imker selbst helfen, aber es gibt auch dafür Möglichkeiten“, so Daniel Queißer.

Wiedereröffnung erst im nächsten Jahr

Alternativer Text Infobild

Das Schnittmodell einer Biene, das Daniel Queißer hier erläutert, spielt auch im neuen Museumskonzept eine wichtige Rolle.

Ein weiteres großes Vorhaben des Imkervereins Oberlichtenau ist durch die Corona-Krise ein wenig ins Hintertreffen geraten: Die Neugestaltung des Bienenmuseums im Dorfzentrum. „Ursprünglich wollten wir unser Museum bereits am ersten Juliwochenende wiedereröffnen. Jetzt streben wir einen Termin im Frühjahr 2021 an“, berichtet Daniel Queißer. Das Ziel der zurzeit laufenden Innensanierung besteht darin, die Ausstellung neu zu ordnen: „Bisher bildete sie ein Sammelsurium aus vielen Dingen, die mit Bienen und der Imkerei zu tun haben. In Zukunft wollen wir verschiedene Themenbereiche präsentieren, wie das Leben der Bienen in der Natur, die Imkerei, Bienenprodukte sowie Werkzeuge und Gerätschaften. Außerdem bauen wir eine kleine Fachbibliothek auf.“ Um den Vereinsnachwuchs ist dem Vorsitzenden, ebenso wie um die Zukunft der Imkerei, nicht bange: „Der Wunsch nach regionalen, natürlichen Produkten wächst immer mehr. Unsere Einsteigerkurse haben guten Zulauf, und einige der Teilnehmer bleiben auch danach bei der Stange“, freut sich Daniel Queißer.

Ein kleiner Wermutstropfen ist dabei der Umstand, dass die Aktivitäten der „Jungen Imker“ (ein Ganztagsangebot der Grundschule Oberlichtenau) aufgrund von Corona ausgesetzt werden mussten, doch auch dies wird sich wieder ändern. Dann stehen auch wieder ganz junge Bienenfreunde vor den Rähmchen und fragen sich gegenseitig: „Wo ist die Königin?“

Uwe Menschner / 18.07.2020

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