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Steht eine Branche vor dem Aus?

Steht eine Branche vor dem Aus?

Wenn die Kommunen Pferdesteuer verlangen, könnte es bald der Vergangenheit angehören, so ausgelassen den Reitsport betreiben. | Foto: privat

Landkreis Görlitz. Unter den Pferdebesitzern in der Region herrscht Unruhe. Und Angst. Denn vor ein paar Tagen hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Urteil gesprochen, an dem sie – sollte es von den Kommunen umgesetzt werden – noch arg zu knabbern haben könnten.

Nach dem Urteil der Richter können Städte und Gemeinden von privaten Pferdehaltern eine Steuer für ihre vierbeinigen Lieblinge verlangen. Dagegen geklagt hatte ein Reitsportverein aus Hessen, in dessen Heimatstadt je Pferd 200 Euro pro Jahr erhoben werden. Allerdings nur für solche Rösser, die zur Freizeitgestaltung genutzt und gehalten werden.

Die Bundesrichter urteilten nun, dass Kommunen eine „Aufwandssteuer“ verlangen dürfen, weil die Pferdehaltung eine besondere „Leistungsfähigkeit“ der Bürger ausdrücke. Diese sei unter anderem auch bei einer Zweitwohnung oder bei der Hundehaltung gegeben. Von der Steuer ausgenommen seien lediglich beruflich genutzte Pferde, zum Beispiel von Landwirten.

Im südlichen Teil des Landkreises Görlitz ist man entsetzt über diese Regelung. Heike Hofmann vom Reit-, Fahr- und Zuchtverein Niederoderwitz: „Das wäre das Aus für uns.“ Der Verein unterhalte vier, fünf eigene Pferde, für die im Steuerfall auch selbst bezahlt werden müsste. Allerdings habe die Gemeinde Oderwitz noch keinen entsprechenden Beschluss gefasst. Was auch so bleiben möge, hofft die Vereinschefin. „Pferdesport ist nun einmal sehr kostenintensiv – die verschiedenen Materialien, aber auch das Futter wollen bezahlt werden.“

Aus manchen westlichen Bundesländern habe sie von einer solchen Steuer schon gehört, „bis zu uns ist sie glücklicherweise noch nicht vorgedrungen. Ähnlich sieht das auch Karin Hochmuth vom Reiterhof Bertsdorf. „Gehört habe ich davon, aber wir haben das noch nicht durchkalkuliert.“ Bei 40 Pferden, davon zwölf eigenen, käme auf jeden Fall eine stattliche Summe zusammen. Wobei die Besitzer von Pensionspferden die Steuer selbst bezahlen müssten, zusätzlich aber auch noch die Einstellgebühr.

„Das würde wohl Manche zur Aufgabe ihres Hobbys bringen“, vermutet Karin Hochmuth, die dann weiter überlegt: „Man müsste sich klar darüber werden, ob man den Schulbetrieb aufgibt und dadurch die Zahl der Pferde reduziert. Im Herbst und Winter ist hier die Nachfrage eh nicht so groß.“

Als erste könnte es die so genannten „Gnadenpferde“ treffen, die bereits ein stolzes Alter erreicht haben und ihr Seniorendasein auf dem Reiterhof genießen, teilweise aber noch zum Unterricht herangezogen werden. Simone Stiefelmeyer, Vizepräsidentin des Sächsischen Landesverbandes Pferdesport und selbst Betreiberin des Tannehofes in Neu Krauscha bei Görlitz, äußerst sich so zu der Entscheidung der Bundesverwaltungsrichter: „Entschuldigung, aber für mich ist das überhaupt nicht zu verstehen.“ Reitsport sei keinesfalls nur eine Freizeitbeschäftigung der Reichen. „Jede Sportart hat ihre Millionäre. Was aber der normale Reiter im Verein oder auch privat für Entbehrungen auf sich nimmt, um seinen Sport betreiben zu können, das vermag ein Richter meiner Ansicht nach gar nicht einzuschätzen.

Da wird oft alles verfügbare Geld vom eigenen Leben abgeknapst, um es in das Pferd zu investieren.“ Und Simone Stiefelmeyer weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Für die Reitvereine sind Pferde wie Sportgeräte, ohne die es gar nicht ginge. Wenn denn der Sport besteuert werden soll, muss man sich ja die Frage stellen: Welcher ist als nächstes dran? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies ein sinnvoller Weg ist.“ Zumal die Pferdebesitzer seit einiger Zeit auch an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zahlen müssen – was ebenfalls den juristischen Weg genommen hat, jedoch nicht zu verhindern war.

„Wenn es tatsächlich Kommunen geben sollte, die eine Pferdesteuer erheben wollen, dann dürfte es auch bei uns vielen Vereinen so ergehen wie jenem, der vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt hat – der hat sich nämlich aufgelöst“, kritisiert die Vizepräsidentin des Sächsischen Landesverbandes Pferdesport.

Und sie sinniert weiter: „Dann würden möglicherweise die Preise für den Reitunterricht steigen, man müsste die Unterstellgebühr für Pensionspferde erhöhen. Und auf längere Sicht würde man sich garantiert nicht mehr so viele Pferde anschaffen.“ Wobei sie gerade den Sport- und Freizeitpferden einen wichtigen Platz in der Gesellschaft einräumt: „Wenn die Pferde in der heutigen Zeit nicht für sportliche Aktivitäten genutzt würden, wären sie schon lange ausgestorben. Denn als Ackergaul – wo gibt es sowas denn noch? Pferde haben Arbeitsplätze geschaffen – für Reitlehrer, Sattler, Hufschmiede. Über solche Dinge müssten sich die Richter mal informieren bevor sie solche gravierenden Entscheidungen treffen!“

Frank-Uwe Michel / 26.09.2015

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Kommentare zum Artikel "Steht eine Branche vor dem Aus?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Diskus schrieb am

    Wenn die Oma Müller für ihr Hündchen Steuern zahlen muss, warum dann nicht jemand der sich ein Pferd leisten kann?!

  2. Erhard Jakob schrieb am

    Der Meinung von Simone Stiefelmeyer schließe ich mich uneingeschränkt an! Hier geht es doch wieder mehr um die Armen, die noch ärmer gemacht werden sollen. Die Millionäre betrifft das doch nicht. Die bezahlen die Pferdesteuer aus der Portokasse und bemerken es nicht einmal!

  3. Hofi schrieb am

    Richtig so, die Erhöhung bzw. Einführung können die Komunen gut gebrauchen.

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