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Waldorfschule belebt Brautwiesenbogen

Waldorfschule belebt Brautwiesenbogen

In abendlich-gemütlicher Atmosphäre fand am Güterbahnhof die symbolische Übergabe des Schlüssels statt. Foto: Michaela Suchant

Nach jahrzehntelangem Leerstand hat der Görlitzer Güterbahnhof eine neue Bestimmung gefunden: Im Sommer 2020 will die Freie Waldorfschule Görlitz „Jacob Böhme“ mit 13 Klassen in die bis dahin ausgebauten Hallen einziehen. 

Görlitz. „Die Waldorfschule zieht um!“, war auf den bunten Schildern zu lesen, die zwischen den Fackeln und Laternen am 20. November gegen 17.00 Uhr auf der Berliner Straße zu sehen waren. Die über 150 Schüler, Eltern, Lehrer und Freunde der Freien Waldorfschule sind in einem Lichterzug vom aktuellen Schulgebäude, der ehemaligen „Puddingschule“ in der Konsulstraße 23, bis zum ehemaligen Güterbahnhof gezogen – von Trompeten- und Geigenklang begleitet. 
Auf dem Platz vor dem ehemaligen Güterbahnhof wartete zwischen stimmungsvoll lodernden Schwedenfeuern bereits Ingmar Zapf von der Abteilung Betriebliche Standortoptimierung der Deutschen Bahn AG Leipzig mit einem großen goldenen Schlüssel. Diesen überreichte er symbolisch den Vertretern der Schulgemeinschaft. Gründungslehrer Andreas Unger nahm ihn mit der Mit-Gründungsmutter Michaela Helbig-Cimborova sowie einigen Schülern der „ersten Stunde“ in Empfang. 

Welch „schwere Geburt“ die Gründung der Görlitzer Waldorfschule gewesen war, erwähnte auch Klassenlehrerin Heike Labitzke in ihrer Rede – sie selbst habe sich zwar „ins gemachte Nest“ gesetzt, aber sie wisse: die engagierten Gründungseltern, die sich für ihre Kinder eine Waldorfschule wünschten, leisteten jahrelange Vorarbeit, ehe das Haus, die Lehrer, das Geld und vor allem die Schulgenehmigung da war und der Schulbetrieb 2011 mit 17 Kindern in den jahrgangsübergreifenden Klassen 1 bis 4 endlich starten konnte. Damals war die Schule in Zodel untergebracht, im Sommer 2016 erfolgte der Umzug in die Konsulstraße, bereits mit der Perspektive, den Güterbahnhof als finalen Schulstandort zu erwerben.

Denn in Deutschland gibt es mittlerweile 245 Waldorfschulen, wie der Bund der Freien Waldorschulen dem Niederschlesischen Kurier mitteilte. Immer mehr davon entstehen dabei übrigens im ländlichen Raum. Von 1990 bis heute gab es 128 Neugründungen. Das bedeutet einen Anstieg von 109 Prozent, jährlich durchschnittlich 2,7 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr gab es sogar einen Anstieg um 3,4 Prozent.
„Die Statistik zeigt, wie weit verbreitet die Waldorfschulen mittlerweile sind, und dass ihre Beliebtheit abseits der großen städtischen Zentren zunimmt“, so Thomas Rohloff, Abteilungsleiter Bildungsökonomie im Bund der freien Waldsorfschulen. „Eltern sind sogar oft bereit, einen weiten Schulweg für ihre Kinder in Kauf zu nehmen, der auch über Landkreisgrenzen hinausgeht, um den Besuch einer Waldorfschule zu ermöglichen“, so Rohloff weiter.
Weltweit brauchen sogar über 1.000 Waldorfschulen Platz für ihr vielfältiges pädagogisches Konzept: einen Schulgarten für den Gartenbauunterricht, Holzwerkstätten, Näh- und Handarbeitsraum, Räume für Theater, Musik und das besondere Bewegungs-Fach Eurythmie, eigene Förderräume für die heilpädagogischen Kinder (in Görlitz wird inklusiv unterrichtet), Naturwissenschaft und Kunst für die Oberstufe, all das passt beim besten Willen nicht mehr ins aktuelle Schulhaus hinein. 

Es galt bis hierher einige Hürden zu überwinden, schließlich musste nicht nur die Baugenehmigung beantragt, sondern auch die Finanzierung gesichert werden. Doch die Waldorfschule fand breite Unterstützung: durch das von der EU geförderte Stadtentwicklungsprojekt „Brautwiesenbogen“ um den Güterbahnhof wird ein Teil der Sanierungskosten getragen. Dazu wurde im Stadtrat kürzlich die Bezuschussung des Bauprojektes durch die Stadt beschlossen. 

Bürgermeister Dr. Michael Wieler betonte bei der Schlüsselübergabe, dass er sich von der Waldorfschule im Güterbahnhof eine positive Entwicklung des ganzen Stadtteils erhoffe – denn im Moment wirke das Güterbahnhof-Gelände wie ein Riegel, der die Altstadt von der Südstadt abtrenne. Nun beginnen im April 2019 die Baumaßnahmen. Beim Ausklang des Abends bei einer artistischen Feuershow und heißem selbstgepressten Apfelsaftwaren die Vorfreude und die Aufbruchsstimmung erlebbar. 

Till Scholtz-Knobloch / 02.12.2018

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