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Wie weiter mit dem Wenzelsmarkt?

Wie weiter mit dem Wenzelsmarkt?

Wie Wolfgang Plath und Katrin Rother können sich bald schon wieder zahlreiche Besucher auf Deutschlands ältestem Weihnachtsmarkt auf das Fest der Liebe einstimmen. Derzeit wird einmal mehr über dessen künftige Ausgestaltung diskutiert. Foto: Archiv

In Bautzen sorgt wenige Wochen vor Beginn der Adventszeit einmal mehr die Zukunft des ältesten Weihnachtsmarktes Deutschlands für Gesprächsstoff. Ein Grund für die jüngste Diskussion ist, dass sich Stadträte quer durch die Fraktionen von der Verwaltung nicht ernst genommen fühlen. Zuletzt hatten die Bürgervertreter 2017 Veränderungen angemahnt und einen Beschluss gefasst. Bis heute ist nichts Durchgreifendes passiert.

Bautzen. Dieser Tage bringt ein Ende September verfasstes Schreiben von Oberbürgermeister (OB) Alexander Ahrens das Blut von so manch Bürgervertreter in Wallung. Darin nimmt das Stadtoberhaupt unter anderem Bezug auf einen Stadtratsbeschluss, der bereits im vergangenen Jahr erging. Ursprünglich sah dieser die Erarbeitung einer Weihnachtsmarktsatzung und eines Konzeptwettbewerbes vor. Doch darauf warteten die Stadträte bislang vergebens.  

Dresdener PR-Profi will Wenzelsmarkt zu neuer Strahlkraft verhelfen

„Im März gab ich dazu einen Verfahrensvorschlag und im April 2017 einigten wir uns auf die Durchführung der Aktion ‚Ideen zur Bereicherung des Wenzelsmarktes’ als vereinfachte Form des geforderten Konzeptwettbewerbes“, legt Alexander Ahrens in der Beantwortung einer Stadtratsanfrage dar. In dem Papier geht er auch auf ein der Stadtverwaltung unterbreitetes Angebot aus Dresden ein, das sich mit einer Neukonzeption des Wenzelsmarktes befasst. Allerdings, und das bringt die Bürgervertreter so richtig auf die Palme, erhielt Ideengeber Holger Zastrow, wie der Veranstaltungsprofi dem Oberlausitzer Kurier selbst bestätigte, bis zu Wochenbeginn kein Echo auf seine bereits im Mai 2018 vorgetragene Präsentation. Der geschäftsführende Gesellschafter einer Werbe-, PR- und Eventagentur hatte schon dem Striezelmarkt in der Landeshauptstadt zu einem erfolgreichen Relaunch verholfen. „Wir hatten zum Wenzelsmarkt ein sehr konstruktives Gespräch in befruchtender Runde“, erinnert sich Holger Zastrow. „An diesem nahmen neben dem Oberbürgermeister auch Andreas Hennig vom kommunalen Kulturbüro und mehrere Stadträte teil.“ Leider habe er seitdem nichts mehr aus dem Rathaus gehört, bedauert der 49-Jährige. Der Landeshauptstädter kennt den Bautzener Weihnachtsmarkt bereits seit Längerem.

„Es hat Spaß gemacht, erste Überlegungen anzustellen, wie man diesen noch markanter und auch interessanter für Besucher machen kann. Und ich denke, meine Vorschläge kamen in dem Kreise gut an.“ Allerdings wartet der Bärenanteil der Arbeit noch auf ihn. Vorausgesetzt, er würde den Zuschlag für eine Überarbeitung des Wenzelsmarktes irgendwann erhalten. „Wichtig ist, auf dem langgestreckten und weitläufigen Veranstaltungsgelände einen Ort zu entwickeln, an dem die Besucher spüren, hier handelt es sich tatsächlich um den ältesten deutschen Weihnachtsmarkt.“ Damit wirbt die Stadt Bautzen seit jeher. „Solch ein historisches Flair zu schaffen und überzeugend zu vermitteln, ist jedoch in Hinblick auf die Reichenstraße mit ihren vielen Geschäften und den eher modern gehaltenen Kornmarkt durchaus schwierig.“ Fest steht für den Weihnachtsprofi, der zwei Jahrzehnte lang das Dresdener Stollenfest organisierte und vor zehn Jahren den altehrwürdigen Striezelmarkt in der Landeshauptstadt komplett überarbeitete, diesem gewissermaßen ein neues Marktdesign verpasste: Ein Nachdenken lohnt sich auch dann, wenn ein Markt als erfolgreich gilt. Die Renovierung des Striezelmarktes, wie er es nennt, war anfangs höchst umstritten. Heute sind alle froh darüber, dass dieses Vorhaben erfolgte. Inzwischen erweist sich das Ganze als großer Vorteil. „Selbst im Weihnachtsland ist der Wettbewerb groß, das Touristenverhalten ändert sich mit der Zeit und Reiseveranstalter sind immer auf der Suche nach Neuem“, weiß Holger Zastrow. „In Bezug auf Bautzen kann ich mir vorstellen, auf dem eher profillosen Kornmarkt ein Erlebnisangebot für das jüngere Publikum zu etablieren. Dazu zähle ich beispielsweise eine echte Eislaufbahn. Auch könnte dort eher eine zeitliche Verlängerung des Weihnachtsmarktes vonstattengehen.“ Bezogen auf das restliche Veranstaltungsgelände plädiert der Dresdener dafür, schrittweise weitere Orte und Plätze der historischen Altstadt für den Weihnachtsmarkt zu gewinnen, einzelne Bereiche authentischer zu gestalten, offen für neue Attraktionen zu sein und – analog zum Striezelmarkt – stark in die Themen Ambiente, Hüttengestaltung, Stadtdekoration und Licht zu investieren. „Bautzen bietet alle Voraussetzungen, um als Weihnachtsstadt noch mehr Strahlkraft zu entwickeln und ein ganz besonderer Akzent im sächsischen Weihnachtsland und darüber hinaus zu sein.“ Über den Preis für das Marktkonzept könne man reden, meint er. „Daran sollte ein Engagement nicht scheitern. Überhaupt wäre jetzt erst einmal eine intensive Vorarbeit und Recherche notwendig, damit sich der Wenzelsmarkt im nächsten Jahr im neuen Look präsentieren kann.“

Streit um die Kosten

Zum Vergleich: Dass die kreativen Köpfe aus Elbflorenz mit ihren Ideen begeistern können, zeigt sich unter anderem anhand des Augustusmarktes am Goldenen Reiter in Dresden, der von Holger Zastrow und seinem Team neu konzipiert wurde. Inzwischen handelt es sich bei ihm eigenen Angaben zufolge um den zweitgrößten Dresdener Weihnachtsmarkt. Aber auch in einer Stadt wie Pirna hat die Mannschaft Zeichen gesetzt. Zum Dank dafür verlängerte die Kommune den Vertrag zur Ausrichtung des dort stattfindenden Canalettomarktes um weitere fünf Jahre.
Solch einen Kontrakt wird es mit Bautzens OB zunächst nicht geben. In seinem Schreiben an die Stadträte betonte er, dass allein die ersten beiden von insgesamt vier Stufen des von Holger Zastrow vorgelegten Planes Kosten in Höhe von etwa 45.000 Euro nach sich ziehen würden. An die Bürgervertreter gerichtet, schlussfolgerte das Stadtoberhaupt daraus: „Sie gehen sicher mit mir konform, dass ein solcher Aufwand ungerechtfertigt wäre, zumal er mir doch sehr überzogen scheint.“
Das sieht die CDU nicht so. „Wir sind bereit, Geld dafür aufzubringen“, betonten Fraktionsmitglied Dr. Dirk Lübke und Fraktionschef Karsten Vogt auf Anfrage. „Das vorgelegte Konzept von Herrn Zastrow befürworten wir, demzufolge das Thema Wenzelsmarkt als ältester Weihnachtsmarkt den Markenkern darstellen muss. Der OB hat eigenmächtig den Vorschlag von Herrn Zastrow abgelehnt und will die Kulturbüromit-arbeiter damit nicht belasten. Das ist unakzeptabel. Wir dringen darauf, dass das Stadtoberhaupt Konzept und Kosten zeitnah vorstellt.“ Darüber hinaus würden die Christdemokraten weiterhin auf einer neuen schriftlichen Regelung zum Wenzelsmarkt beharren – und zwar was die Öffnungszeiten anbelangt.

Ein Nenner ist gefunden

Die von Holger Zastrow und Alexander Ahrens ins Gespräch gebrachte Eislaufbahn auf dem Weihnachtsmarktareal halten indes nicht nur sie für eine attraktive Erweiterung. Auch Grüne und SPD begrüßen ein solches Unterfangen. „Damit schaffen wir über den Zeitraum des Wenzelsmarktes hinaus beispielsweise für ehemalige Bautzener, die ihren Weihnachtsurlaub in der alten Heimat verbringen und sich mit den alten Freunden zu einem Glas Glühwein treffen wollen, einen Anlaufpunkt“, liefert der Oberbürgermeister auch gleich einen triftigen Grund, das geplante Vorhaben in Angriff zu nehmen. Momentan sei er mit einem Unternehmer aus dem Nachbarland Brandenburg im Gespräch, der ebenfalls in Dresden eine Eislaufbahn unterhält. „Ich bin guter Hoffnung, dass es diesbezüglich im kommenden Jahr eine Aufwertung und Erweiterung des Wenzelsmarktes geben wird.“

Die Wünsche der Besucher sind vielfältig

In Hinblick auf die bevorstehende Adventszeit seien bereits Veränderungen angedacht. Details nannte das Stadtoberhaupt jedoch nicht. Inwieweit diese den Vorstellungen von so manch Wenzelsmarktbesucher entgegen kommen, wird sich zeigen. Die Erwartungen reichen von mehr weihnachtlicher Musik und mittelalterlichen Händlern über Märchenzauber für Kinder bis hin zu Ständen, in denen vor allem die jüngeren Besucher kreativ tätig werden können. Das ergab eine vom Oberlausitzer Kurier initiierte Internetbefragung. Cindy Schütz aus Bautzen erntete dabei für ihren Kommentar auf unserer Facebook-Seite besonders großen Zuspruch. Dort schrieb sie: „Ich denke, dass man mehr den Fokus auf die Geschichte Bautzens legen sollte und einen historischen Weihnachtsmarkt mit klassischer Weihnachtsmusik und Kunsthandwerk entstehen lässt.“ Eine andere Spreestädterin machte an derselben Stelle wiederum ihrem Unmut Luft: „Ich habe letztes Jahr Vorschläge direkt an das Kulturbüro gegeben. Nichts wird umgesetzt. Sie möchten keine Veränderungen, ist mit Arbeit verbunden.“
Grünen-Stadtrat Claus Gruhl indes gehört zu denjenigen, die keinen dringenden Handlungsbedarf sehen. Die Begrifflichkeit, den Wenzelsmarkt „neu zu beleben“, ist für ihn „kompletter Unsinn“. Denn, so der Verwaltungsleiter der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde St. Petri: „Der Wenzelsmarkt lebt bestens. Insofern muss dafür kein Geld ausgegeben werden, erst recht, wenn im Haushalt eine Lücke von einer Million Euro klafft und an anderen wichtigen Dingen gespart wird. Größere Änderungen und ein neues Konzept für den Wenzelsmarkt habe ich schon damals nicht für notwendig erachtet. Warum soll man etwas verändern, wenn es seit Jahren gut läuft?“ Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. „Ich liebe das Flair vom Wenzelsmarkt und ein Besuch in der Adventszeit ist ein Muss“, meinte Romy Andrea Scholze im Zuge der Onlinebefragung. „Ich könnte es mir altertümlicher und noch rustikaler vorstellen. Aber so wie er gestaltet ist, ist er schon schön romantisch und verbreitet Weihnachtsstimmung.“

Ideen bündeln

„Grundsätzlich sollten die Mitarbeiter des Kulturbüros mit ihren Erfahrungen zurate gezogen werden“, darauf drängt der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat, Roland Fleischer, vor dem Hintergrund einer möglichen Weiterentwicklung. In Richtung seines Parteigenossen Alexander Ahrens fügte er hinzu: „Dennoch müssen Ergänzungen von außerhalb erlaubt sein.“ Roland Fleischers Vorschlag lautet daher: „Zunächst sollte eine Umfrage der Bürger in Bautzen gemacht werden. Hier müssten sowohl Kritik als auch Ideen eingebracht werden können. Einbezogen werden sollten zudem der Beirat für Stadtentwicklung und das Wirtschaftsförderungsamt.“ Dirk Lübke und Karsten Vogt wiederum bestehen darauf: „Wir brauchen den professionellen Rat von Herrn Zastrow, die Mitarbeit der Händler und das Mitziehen der Stadtverwaltung – und hoffentlich auch des Oberbürgermeisters.“


Unter facebook.com/alleslausitz haben sich inzwischen weitere Spreestädter und auch Besucher Gedanken zu Deutschlands ältestem Weihnachtsmarkt gemacht. Dort lassen sich zahlreiche Wünsche und Anregungen finden, von denen der Wenzelsmarkt profitieren kann, damit er auch künftig ein Besuchermagnet bleibt.

Roland Kaiser / 14.10.2018

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Kommentare zum Artikel "Wie weiter mit dem Wenzelsmarkt?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. D. Malß schrieb am

    Vor zwei Jahren haben wir den Weihnachtsmarkt besucht und wenn sich nichts ändert war es das letzte Mal. Über den Striezelmark in Dresden sind wir angenehm überrascht worden. Da fahren wir wieder gerne hin. LG Fam. Malß

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