Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Alkoholverbot wird im Stadtrat zum Politikum

Alkoholverbot wird im  Stadtrat zum Politikum

Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit ist in Görlitz schon seit längerem Thema der politischen Debatte. | Foto: Archiv

Das Trinken von Alkohol bleibt auf mehreren Plätzen der Görlitzer Innenstadt zu bestimmten Zeiten auch künftig verboten. Der Görlitzer Stadtrat hat auf seiner jüngsten Sitzung die im vergangenen Jahr erlassene entsprechende Polizeiverordnung um ein weiteres Jahr verlängert. Die Freude darüber ist in den Reihen der Abgeordneten jedoch nicht ungeteilt.

Görlitz. Die Regelung ist klar: Von Montag bis Freitag, jeweils 7.00 bis 18.00 Uhr, darf auf Marien-, Wilhelms-, Post- und Demianiplatz sowie auf der platzähnlichen Elisabethstraße Alkohol weder getrunken noch zu diesem Zweck mitgeführt werden. Wer vom städtischen Ordnungsamt bei Zuwiderhandlungen erwischt wird, muss mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 1000 Euro rechnen. „Es geht uns vor allem um den Schutz der Kinder und Jugendlichen, die die an diesen Plätzen liegenden Schulen besuchen“, so Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos). Die im vergangenen Jahr eingeführte Regelung sei erfolgreich gewesen und müsse fortgeführt werden, betont der OB mit Verweis auf die aktuelle Kriminalitätsstatistik, die der Beschlussvorlage als Anlage beigefügt war.

Thorsten Ahrens, Vorsitzender der Linken-Stadtratsfraktion, bescheinigt eben jener Statistik hingegen, sie sei „ohne jede Aussage.“ Die vom Oberbürgermeister hineininterpretierten Erfolge ließen sich aus ihr nicht herauslesen. Viele wichtige Fragen blieben unbeantwortet, beispielsweise zum Stand der aktuell anhängigen Klage gegen die Stadt Görlitz wegen des Alkoholverbots. Ahren‘s Fazit: „Diese Beschlussvorlage ist schlampig.“ In dieselbe Kerbe schlägt auch sein Fraktionskollege Mirko Schultze und legt noch ein paar Schippen drauf: „Unter dem Deckmantel einer angeblich höheren Sicherheit geben wir immer mehr Freiheitsrechte auf. Die Verbesserung der Situation durch die Polizeiverordnung ist ein Mythos. Nach außen vermitteln wir das Bild einer Stadt, in der höhere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich sind als in Dresden oder Berlin.“ Und Carolin Mahn-Gauseweg (Piraten) liest aus der Statistik heraus, dass „nach Einführung des Alkoholverbots mehr Straftaten begangen wurden als davor.“ Zudem sei noch immer die Frage nach der Rechtmäßigkeit nicht geklärt.

Doch es gibt auch Fürsprecher des Alkoholverbots, die letztlich gar eine deutliche Mehrheit bildeten. Zu ihnen zählt Octavian Ursu (CDU), der für seine Partei auch im sächsischen Landtag sitzt. „Als Vater von zwei Kindern, die das Augustum-Gymnasium besucht haben, kann ich nur für die Fortsetzung des Verbots plädieren. Alle Eltern wünschen sich das“, erklärte er. Und sein Fraktionskollege Helmut Goltz verwies auf zahlreiche Bürgergespräche, in denen „der Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit immer wieder das Hauptthema war.“ Er sei für „null Toleranz und dagegen, irgendetwas aufzuweichen.“ Dieser Ansicht folgten letztlich 25 Stadträte, sechs stimmten dagegen, drei enthielten sich.

Die Polizeistatistik zur Entwicklung der Kriminalität in Görlitz zeigt in der Tat ein differenziertes Bild. So gab es nach der Einführung des Alkoholverbots am 27. Juni 2015 im weiteren Jahresverlauf 44 Straftaten auf Marien-, Demiani- und Wilhemsplatz sowie Elisabethstraße (für den Postplatz liegen keine Zahlen vor). Im gesamten Jahr waren es 64. Besonders stark angestiegen ist die Zahl der Körperverletzungen im Bereich Marien-/Demianiplatz. Auch die Betäubungsmitteldelikte haben zugenommen. Einen Rückgang kann man hingegen bei den Sachbeschädigungen erkennen. Einen generelle Abwärtstrend in der Kriminalitätsentwicklung daraus abzulesen, erfordert jedoch schon ein hohes Maß an gutem Willen.

Uwe Menschner / 04.07.2016

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel