Boxer kommen in die „Art Déco“-Turnhalle

Die baulich einzigartige Turnhalle am Görlitzer Hirschwinkel wird jetzt für eine Teilnutzung hergerichtet. | Foto: um
Lange sah es so aus, als sei die altehrwürdige Turnhalle am Görlitzer Hirschwinkel für die Öffentlichkeit verloren. Das Hochwasser vom August 2010 hatte an dem Gebäude so große Schäden angerichtet, dass jede weitere öffentliche Nutzung ausgeschlossen schien. Doch jetzt gibt es zumindest eine Teillösung.
Görlitz. „Art Déco“ – dieses Wort hat bei Architekturliebhabern einen besonderen Klang. Bezeichnet es doch einen modernen Baustil, für den beispielsweise das Chrysler-Building in New York oder das Leipziger Grassi-Museum stehen. So profane Bauten wie Turnhallen wurden eher selten im Art Déco errichtet, in Deutschland genau einmal: unweit des Görlitzer Neißeufers am Hirschwinkel. Ein Unding, ein solches Gebäude – trotz aller Schäden – unbeachtet liegen zu lassen, meinten Görlitzer Bürger im November 2013 und starteten eine Online-Petition für den Erhalt. Immerhin 285 Zeichner konnten erreicht werden.
Mittlerweile hat sich die Uhr weitergedreht. Die Stadt Görlitz plant, unterhalb der Jägerkaserne eine moderne und große neue Sporthalle zu errichten. Schlechte Voraussetzungen für eine weitere Nutzung der nahe gelegenen Hirschwinkel-Halle, könnte man meinen. Der sächsische Landesrechnungshof sah dies offenbar ähnlich, als er in seinem Jahresbericht 2015 formulierte: „Eine Bewilligung als Ersatzneubau wäre nur zulässig, wenn jegliche weitere Nutzungen der (ebenfalls vom Hochwasser beschädigten) Sporthalle des Sportzentrums Hagenwerder und der Hirschwinkelturnhalle ausgeschlossen sind“ und damit ein klares Entweder-Oder vorgab.
Nunmehr gibt es zumindest eine Lösung für eine Teilnutzung der Hirschwinkel-Turnhalle: Der Technische Ausschuss des Görlitzer Stadtrats beschloss auf seiner jüngsten Sitzung einstimmig, das Dachgeschoss für das Training der Görlitzer Boxsportler herzurichten und das Ganze unter das Etikett „Kultur- und Freizeitzentrum“ zu stellen. Die übrigen Bereiche bleiben ungenutzt. „Für dieses Vorhaben ist die Sicherstellung von zwei baulichen Rettungswegen erforderlich“, so der zuständige Bürgermeister Dr. Michael Wieler. Einerseits müsse das vorhandene Treppenhaus durch den Einbau von Brandschutztüren aufgewertet werden, andererseits sei ein zusätzlicher Fluchtweg auf der Ostseite des Gebäudes erforderlich. Auch eine Sanierung der von Rissen durchzogenen Decke müsse erfolgen, „um die Halle für den Trainingsbetrieb nutzbar zu machen. Eine Nutzung für Wettkämpfe ist aufgrund der nicht ausreichenden Tragfähigkeit ausgeschlossen“, stellt der Bürgermeister klar.
Die Elektroanlage wird instandgesetzt und zum Teil auch erneuert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 240.000 Euro, wovon die Stadt nur einen Eigenanteil von 15.000 Euro aufbringen muss. Der ursprünglich für Ende Juli vorgesehene Baubeginn verschiebt sich auf Mitte August, da es für eine der ausgeschriebenen Leistungen keine Bewerber gab. „Jetzt werden Firmen direkt angeschrieben und zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert“, so Stadtsprecher Wulf Stibenz. Der beschlossene Ablaufplan sieht die Fertigstellung bis Mitte November vor.