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Brückenpark: Viel Park, wenig Brücke

Brückenpark: Viel Park, wenig Brücke

Die Altstadtbrücke – hier vor der Kulisse der mächtigen Peterskirche – steht derzeit noch ziemlich allein auf weiter Flur. Foto: Uwe Menschner

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Im Zuge des Brückenpark-Projekts wurde unter anderem die Rosenterrasse im Stadtpark neu gestaltet. Foto: Uwe Menschner

Das offizielle EU-Programm in der Europastadt Görlitz steht kurz vor dem Abschluss. Hinsichtlich der Parks mit großem Erfolg. Die Brücken hingegen gerieten ein wenig ins Abseits.

Görlitz. Wer ein Luftbild oder einen Stadtplan von Görlitz beiderseits der Neiße betrachtet, dem fällt als Erstes das schmale blaue Band auf, das die Siedlungsfläche östlich von ihrer Mitte durchschneidet. Umgeben ist es auf beiden Seiten von ausgedehnten grünen Flächen. Beim Hereinzoomen treten einige schmale Linien hervor, die das blaue Band überqueren. So präsentiert sich das gemeinsame Zentrum der Europastadt auch in Natura: Die Neiße als zentrales Element, umgeben von ausgedehnten Parkanlagen und von einigen, wenigen Brücken überspannt. 
Das war im Übrigen auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts so, als dies alles noch eine gemeinsame Stadt darstellte. Folgerichtig, dass das deutsch-polnische Projekt zur Aufwertung dieses gemeinsamen Zentrums als „Brückenpark“ bezeichnet wird. Das von der EU geförderte Maßnahmenpaket nähert sich nunmehr seinem Abschluss. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

„Das Projekt gliedert sich in vier Module, von denen drei auf der deutschen und eines – das flächenmäßig größte Modul – auf der polnischen Seite liegen“, erklärt Friedemann Dreßler, Mitarbeiter des Stadtentwicklungsamtes. Bei dem polnischen Modul handelt es sich um den Park Andrzeja Bachlanca, der sich vom Dom Kultury aus bis hinunter an das Neißeufer erstreckt. „Hier wurden Treppen und eine kleine Brücke sowie die Wegebeziehungen nach historischem Vorbild wiederhergestellt“, berichtet Friedemann Dreßler. Wobei diese Brücke nicht die Neiße überspannt, sondern den größten der im Park angelegten Teiche. Eine Ertüchtigung erfuhr auch das Entwässerungssystem, das dafür sorgt, dass sich das Regenwasser in den Teichen und in kleinen Mulden sammelt und nicht die Wege überschwemmt. 

Auf der deutschen Seite umfasste das EU-Projekt Brückenpark den Stadtpark, den Park des Friedens und das Stadthallenufer – drei Grünanlagen, die sich wie Perlen an einer Schnur aneinanderreihen. Im Stadtpark wurden unter anderem die Rosenterrasse mit der Sonnenuhr und das Rondell „Blaue Vase“ instand gesetzt. 

Im Park des Friedens, der sich südlich anschließt, standen das Jakob-Böhme-Denkmal mit seinem Wasserspiel und die Neugestaltung des Spielplatzes im Vordergrund. Überhaupt die Spielplätze: Von Friedemann Dreßler als „Eisbrecher zwischen den Menschen“ bezeichnet, gibt es sie in jeder der in das Projekt einbezogenen Parkanlagen. Nicht umsonst waren auch die Schulen und Kindergärten intensiv daran beteiligt. Das Stadthallenufer schließlich musste durch den Abbruch ruinöser Aufbauten – vor allem Garagen – erst einmal in einen Zustand versetzt werden, der es einem Park ähnlich machte.

Auch von politischer Seite findet das mit einem Budget von 3,6 Millionen Euro untersetzte „Brückenpark“-Projekt Anerkennung. Der Bürgermeister von Zgorzelec, Rafal Gronicz, würdigt das grüne Herz der Doppelstadt als „integratives Zentrum, das zu Kontakten und Begegnungen einlädt und unserer weiteren Fürsorge bedarf.“ Und sein dieser Tage aus dem Amt geschiedene Kollege auf der deutschen Seite von Görlitz, Siegfried Deinege, sieht den Brückenpark als „gut für das Klima, und das in zweierlei Hinsicht: Einerseits im eigentlichen Wortsinn, andererseits aber auch für das Klima zwischen den Menschen in beiden Stadtteilen.“ 
Nun besteht das Wort Brückenpark aus zwei Bestandteilen – zum Wortteil „Park“ ist eine Menge gesagt. Doch wie steht es um die Brücken? Immerhin gab es einstmals im Stadtgebiet inklusive der später eingemeindeten Orte Ludwigsdorf, Weinhübel und Hagenwerder elf Neißequerungen; heute sind es gerade mal noch fünf. Ob sich diese Zahl in absehbarer Zeit erhöht, ist eher unklar. Dabei gab es durchaus hoffnungsvolle Ansätze für den Bau einer weiteren Brücke an historischer Stelle – in Verlängerung des Lindenwegs unweit des Stadtparks. Der Stadtrat legte das weit vorangeschrittene Vorhaben jedoch im März 2015 auf Eis, da statt der avisierten 90-prozentigen Förderung nur 66 Prozent zugesagt wurden. Dadurch wurde auch ein Bürgerbegehren hinfällig, das über den Brückenbau durchgeführt werden sollte. Allerdings stand in dem Beschluss, dass das Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt erneut in Angriff genommen werden soll. In der Präsentation zum aktuellen Brückenpark-Projekt wird dies jedoch mit keinem Wort erwähnt.

Einheimische und Urlauber können sich unterdes jedoch mittels eines EU-Projektes rund um den Park noch kundiger machen, denn die App zum Brückenpark ist online unter brueckenpark.goerlitz.de dieser Tage freigeschaltet worden.
Die netzbasierte Applikation führt Spaziergänger durch die Parkanlagen beiderseits der Neiße, lässt Sehenswürdigkeiten am Weg entdecken und gibt kurze Infos. Wer möchte kann mittels Quizfragen das eigene Wissen testen. Eine Ergänzung der App und auch eine Erweiterung auf andere Parkanlagen ist geplant. Die Brückenpark App muss nicht aufwendig heruntergeladen werden und ist so auch nicht im Appstore zu finden. Sie verlangt aber Internetempfang, was im Gelände des Brückenparks weithin gegeben ist. Sie kann auch am PC daheim getestet werden, was jedoch nicht das „Live-Erlebnis“ des Parks zu den unterschiedlichen Jahreszeiten ersetzt. 

Zusammen mit der kürzlich erschienenen zweisprachigen Gebietskarte, die kostenlos im Rathaus oder in Tourismusbüros erhältlich ist, ist die Eroberung der städtischen Parklandschaft z.B. auch für Schülergruppen gut möglich. Der Rundgang verlangt maximal zwei bis drei Stunden.

Till Scholtz-Knobloch, Uwe Menschner / 10.08.2019

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