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Feierstunde für den ältesten Jugendclub Deutschlands

Feierstunde für den ältesten Jugendclub Deutschlands

Der Herren-Willkomm-Pokal von 1667 legt neben der Gründungsurkunde, Satzungen und weiteren Objekten Zeugnis der langen Historie der Junggesellen-Fraternität ab, die als eine der ältesten Vereine Deutschlands von 1618 bis 1945 in Bischofswerda existierte.

Bischofswerda. Am 1. Oktober 2018 jährt sich in Bischofswerda das Jubiläum eines bedeutenden stadtgeschichtlichen Phänomens, welches der jüngeren Generation kaum noch bekannt ist. Die hiesige Junggesellenfraternität würde an diesem Tage die 400. Wiederkehr ihrer Gründung begehen können.
Der Museums- und Geschichtsverein Bischofswerda hat sich seit vielen Jahren der Bewahrung der Erinnerung an die Junggesellenfraternität verschrieben. Aus diesem Grund lädt er gemeinsam mit der Stadt Bischofswerda am Montag, 1. Oktober, 18.30 Uhr, zu einer Feierstunde aus Anlass des 400-jährigen Jubiläums des wohl ältesten deutschen „Jugendclubs“ in den Rathaussaal ein.

Nach Grußworten des Oberbürgermeisters Prof. Dr. Holm Große und des stellvertretenden Vereinsvorsitzenden Eberhard Lehnert entführen zwei Mitglieder des Museums- und Geschichtsvereins auf einen Streifzug in die Geschichte der Bruderschaft. Während Hagen Conzendorf das Wirken der Junggesellenvereinigung in ihrer Zeit näher beleuchtet, wird Olaf Schreier von den Ritualen und dem Leben in der Fraternität berichten.
Die Bruderschaft (Fraternität – von lateinisch frater: Bruder) wurde von zwei Bischofswerdaer Handwerksgesellen ins Leben gerufen, gab sich eine Satzung von zehn Artikeln und wurde bei der Obrigkeit registriert. Es galten strenge Regeln für eine gottgefällige Lebensführung und Disziplin, denen mit Strafen Nachdruck verliehen wurde. Die Rituale wurden an die schon viel älteren Zünfte angelehnt: Es gab es einen Vorstand, der sich „Tischgesäß“ nannte – Mittelpunkt war die Lade mit Brüderbüchern, Strafbüchern, Chroniken und den zugehörigen Pokalen, von denen der Große Willkomm-Pokal der ansehnlichste ist.

Die bis zu 20 Mitglieder waren Söhne ehrbarer Familien der Stadt und ausgelernte Handwerksgesellen. Es stellte eine große Ehre dar, der Fraternität anzugehören. Wer heiratete schied aus, blieb aber als Alter Bruder der Vereinigung verbunden. Über Interna bestand Schweigepflicht, ein Geheimbund war die Fraternität aber nicht. Sie hat es über ziemlich 327 Jahre verstanden, bei aller Traditionspflege mit der Zeit zu gehen, was auch ihre so außergewöhnlich lange Existenz erklärt. Die ersten Statuten des Gründungsjahres 1618 wurden in den Jahren 1668, 1768 und 1930 überarbeitet und mit Durchführungsbestimmungen versehen.

Das Gründungsjahr 1618 war ebenfalls der Beginn des verheerenden 30-jährigen Krieges, der auch um Bischofswerda keinen Bogen machte. 1671 brannte die Stadt nieder. „Den Siebenjährigen Krieg, die Napoleonischen Befreiungskriege mit dem abermaligen Stadtbrand 1813, Erster und Zweiter Weltkrieg: alles dies hat die Bruderschaft überdauert, aber eine Eingliederung in die kommunistische Jugendbewegung nach 1945 fand keine Mehrheit. So ist die Junggesellenfraternität zu Bischofswerda nun Geschichte – unsere Geschichte!“, erklärt Hagen Conzendorf.

Neben alten Grabsteinen und den Gemäuern des vermutlich ältesten Gebäudes der Stadt, der Fronfeste, und den Kirchen hat Bischofswerda keine Sachzeugen seiner reichen Vergangenheit. Alles ging 1813 in den Flammen auf. Nur der Zinn- und Silberschatz und die Bücher der Junggesellenfraternität konnten dank mutigen Handelns des damaligen Seniors überdauern. „Leider wurde aber 1945 alles stark dezimiert. So ist jeder Bürger Bischofswerdas gehalten, das Andenken an die Junggesellen und ihre Kleinodien zu ehren und zu schützen! Wenn Bischofswerdaer Bürger Kenntnis haben sollten, wo sich noch Sachzeugen der Junggesellenfraternität befinden, wären Stadtarchiv oder Museums- und Geschichtsverein für einen Kontakt dankbar.“ Nach Abschluss der derzeit laufenden Sanierung der Carl-Lohse-Galerie sollen in deren Räumlichkeiten Exponate der Junggesellenfraternität ihren dauerhaften Platz finden. Zur Finanzierung dieses Vorhabens sucht der Museums- und Geschichtsverein derzeit Spender und Sponsoren. Kontakt: 03594/713385 (Hagen Conzendorf).

sv / 23.09.2018

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