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Ist der Forstfestumzug noch zeitgemäß?

Ist der Forstfestumzug noch zeitgemäß?

Die Redaktion der Schülerzeitung Schulz beschäftigte sich mit dem Forstfest im Allgemeinen und mit dem Forstfest-Umzug im Besonderen. Foto: Archiv

Die Redaktion der Schülerzeitung „Schulz“ fordert in einem Beitrag Änderungen in der Organisation der Traditionsveranstaltung. Die Vorsitzenden des Festkomitees und des Fördervereins haben dazu eine klare Meinung.

Kamenz. Für viele traditionsbewusste Kamenzer muss das ziemlich starker Tobak sein: In einem Beitrag in der neuesten Ausgabe der SCHULZ, der Schülerzeitung des Kamenzer Lessing-Gymnasiums, beschäftigt sich die Redaktion mit dem Forstfest im Allgemeinen und mit dem Forstfest-Umzug im Besonderen. Der Artikel trägt die Überschrift „Wenn der Forstfest-Zauber auf die Realität trifft“ und kommt zu dem Schluss, dass der Höhepunkt des jährlichen Kamenzer Veranstaltungskalenders dringend der Veränderung bedürfe und „mit der Zeit gehen“ solle.
Beim Forstfest-Komitee und beim Förderverein für das Forstfest ist das nicht gut angekommen. 
„Ich achte die Arbeit der Schulz-Redaktion sehr, aber bei einem solchen Thema muss man sich gründlicher informieren“, erklärt der Vorsitzende des Fördervereins Forstfest e.V., Volker Schmidt. „Schließlich haben die Lessingschüler viele der Verantwortlichen für die einzelnen Programmpunkte im eigenen Haus, und ich selbst wohne nur 30 Meter vom Gymnasium entfernt.“ Und Oberbürgermeister Roland Dantz, der auch als Vorsitzender des Forstfest-Komitees fungiert, betont: „Ich weiß, dass sich viele Mitglieder des Komitees durch den Artikel gekränkt und beleidigt fühlen.“ Doch was genau kritisieren die Schülerredakteure, und was entgegnen die führenden Festorganisatoren darauf?

Kritikpunkt 1: Aufteilung nach Schulnoten

„Wir stellen uns die Frage, weshalb das Konzept der Aufteilung nach Schulnoten noch existiert“, schreibt die Schulz-Redaktion. „Ist eine Schülerin oder ein Schüler, die oder der allein durch das Zuhören im Unterricht gute Noten schreibt, mehr wert als jemand, der oder die sich mit mehr Engagement einbringt?“ 

Die Zuschauer würden die Klassenfahnenträger mit „deutlich mehr Wohlwollen beobachten als die Teilnehmer am Ende des Zuges.“
Für den Komitee-Vorsitzenden Roland Dantz steht die Einteilung der Klassenverbände für das Leistungsprinzip: „Wir bekennen uns dazu, dass Schüler mit besonders guten Leistungen besonders gewürdigt werden.“ Daher trägt der/die Klassenbeste die Klassenfahne. Dieses Prinzip gilt laut Odette Künstler von der Stadtverwaltung in den Klassenstufen 3 bis 7. „Das hat nichts mit einer ’Wertigkeit’ zu tun“, so Dantz. Er habe auch nie erlebt, dass Schüler in den hinteren Reihen diskriminierend behandelt worden wären.

Kritikpunkt 2: Mangelnde Inklusion

„Wir wünschen uns mehr Inklusion. Unserer Meinung nach sollten alle Kamenzer Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit bekommen, mit ihrer Klasse am Forstfest teilzunehmen“, schreibt die Schulz-Redaktion vor dem Hintergrund, dass die Förderschulen keine eigenen Klassenverbände entsenden. Dazu erklärt Volker Schmidt: „Wir waren mehrfach an den Förderschulen, doch letztlich haben es die Eltern mehrheitlich abgelehnt, dass die Klassenverbände am Umzug teilnehmen.“ Für Schüler, die dies wollen, bestehe die Möglichkeit, sich in die Verbände anderer Schulen einzureihen, was auch 2024 geschehen sei. 

Kritikpunkt 3: Blumenschmuck und schwere Kränze

Die Schulz-Redaktion moniert, dass die Kränze aufgrund ihres hohen Gewichtes „mehr Last als Schmuck“ seien, Rücken und Gliedmaßen stark belasteten. Die Blumen würden welken und abfallen, ihre Reste seien noch wochenlang auf den Kamenzer Straßen zu finden. Warum, so fragt sie, steigt man nicht auf wiederverwendbare Blumen aus Plastik oder Holz um? „Ich stehe seit 37 Jahren im Dienste der Kamenzer, aber ich würde nie auf die Idee kommen, die Verwendung von Kunstblumen vorzuschlagen“, erklärt Roland Dantz. Die Kränze würden von den Gärtnereien aus Kamenz, der näheren und seit einigen Jahren aufgrund der wachsenden Nachfrage auch der etwas weiteren Umgebung mit viel Liebe und Sachverstand gefertigt – „ein Beispiel für eine nicht starre, sondern sich entwickelnde Tradition.“ Odette Künstler ergänzt, dass die Schmuckelemente – unter Wahrung der Tradition – durchaus weiter entwickelt und an die unterschiedlichen Altersstufen der Schüler angepasst würden. Und dass die „Überreste“ noch tagelang nach dem Forstfest im Stadtbild zu finden seien, bestreiten alle drei.

Kritikpunkt 4: Trinkversorgung

„Wir erspähten zahlreiche fast dehydrierte Teilnehmende, da manche sich gleich mehrere Trinkpäckchen stibitzten, was dazu führte, dass der Rest auf dem Trockenen saß“, schreibt die Schulz-Redaktion. „Die Trinkversorgung wird sehr ernst genommen“, erklärt dagegen Odette Künstler. Das beginne schon damit, dass den Teilnehmern eingeschärft werde, schon vor den Umzügen ausreichend zu essen und zu trinken. „Für die Versorgung mit den Trinkpäckchen sind viele Freiwillige unterwegs. Diese sind wie die Teilnehmer weiß gekleidet, sodass man sie vielleicht nicht immer wahrnimmt“, so die Kultur-Mitarbeiterin der Stadtverwaltung. Weitere Helfer – auch aus den Reihen der nicht am Umzug teilnehmenden Schüler – seien herzlich willkommen.

Was ist das Fazit?

Generell kommt die Schulz-Redaktion zu dem Schluss, dass das Konzept der Forstfest-Umzüge „in ein Museum für veraltete Traditionen gehöre.“ Die Welt verändere sich ständig, „und dem könnte sich auch das Forstfest anschließen.“ „Diese Meinung steht nicht für den überwiegenden Teil der Kamenzer Schülerinnen und Schüler“, ist sich Volker Schmidt sicher. 
„Dies zeigt sich an der ständig wachsenden Nachfrage an der Teilnahme. Für dieses Jahr haben sich 1.800 Schüler angemeldet.“ Der Großteil der Kamenzer Schüler sei „stolz und glücklich, an den Forstfest-Umzügen teilzunehmen“, ergänzt Roland Dantz. 
Man sperre sich nicht generell gegen Veränderungen: „So ist durch die enge Verbindung zu unserer Partnerstadt Kolin die Blasmusik zu einem festen Bestandteil des Forstfestes geworden – und das am Freitag, der ursprünglich gar nicht zur Festfolge gehörte.“ Auch die Krönung der Blütenkönigin – am Forstfestfreitag übernimmt Lucie I. das Amt – ist eine neuzeitliche Festzutat. (Eine umfassende Übersicht über das Festprogramm gibt der Oberlausitzer Kurier in einer der kommenden Ausgaben).
„Es gibt aber Dinge, die bleiben unverändert – und das sind die Bestandteile, die Schuldirektor Leuner vor 180 Jahren in der Festordnung niederschrieb“, so Roland Dantz. Die Festumzüge gehörten „zum Markenkern, den wir nicht antasten – eher gehen drei Kamele durch ein Nadelöhr“, so der Vorsitzende des Festkomitees.

Uwe Menschner / 12.07.2025

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