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In Bautzen kann’s Laden teuer werden

In Bautzen kann’s Laden teuer werden

Statt bisher einer Stunde sollen Besitzer von Elektroautos künftig zwei Stunden Zeit bekommen, um auf dem Schliebenparkplatz den Akku ihres Wagens aufladen zu können. Foto: RK

Erst im Dezember ist auf dem Schliebenparkplatz eine Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge geschaffen worden. Wenige Wochen später sorgt diese bereits für Schlagzeilen.

Bautzen. Es ist der teuerste Ladevorgang, den Philipp H. aus dem Oberland jemals erlebte. Seit einiger Zeit schon nennt der Lausitzer ein Elektroauto sein Eigen. Er kennt sich aus mit der Materie und weiß, wo er seinen Wagen anstöpseln kann, um ihm die nötige Energie einzuflößen, damit das Fahrzeug weiterrollt. Noch nie gab es Ärger, versichert er. Erst auf dem Schliebenparkplatz in Bautzen machte er keine guten Erfahrungen. Dort kassierte der junge Mann jüngst ein Knöllchen. Der Grund: Die vorgegebene Parkdauer von 60 Minuten hatte er überzogen. 30 Euro soll Philipp H. nun an die Stadtkasse entrichten. Er beklagt: „Lediglich eine Stunde für einen Ladevorgang anzusetzen, ist schon sehr sportlich. Dabei weiß man doch, dass es vom jeweiligen Fahrzeug abhängt, wie lange es dauert, bis der Akku so halbwegs wieder unter Strom steht.“ Auch der Sprecher vom Bürgerbündnis Bautzen, Christian Haase, gerät vor dem Hintergrund ins Grübeln. Der Ingenieur pflichtet Philipp H. bei: „Mir ist bekannt, dass viele ausländische E-Autos zum Beispiel aus Japan oder den USA lediglich einen Ein-Phasen-Lader besitzen und damit nur ein Drittel der möglichen Ladeleistung ziehen. Bei diesen Fahrzeugen ist also in einer Stunde nichts zu erreichen. Man redet hier von ‚Schnarchladern’, die mehrere Stunden benötigen, um eine nutzbare Batterie für die Weiterfahrt zu erhalten. Neue deutsche und französische Modelle haben das Problem hingegen nicht.“

FDP-Mann Mike Hauschild hat sich schon recht früh mit der Thematik auseinandergesetzt. Er kommt zu dem Schluss: „Die zeitliche Begrenzung kann nicht auf technischem Verständnis beruhen. Unterschiedliche Fahrzeuge haben verschiedene Ladezeiten, weil sie auch über unterschiedliche Akkus mit unterschiedlichem Strombedarf verfügen. Das ist aber auch kein Geheimnis.“

Die Christdemokraten weisen in dem Zusammenhang noch auf einen ganz anderen Punkt hin: „Der Weg zwischen Parkplatz und Innenstadt ist von seiner Länge her nicht unbedingt dafür geeignet, sein Auto eben mal schnell umzuparken“, stellt Monika Vetter von der CDU-Stadtratsfraktion fest. „Vielleicht kann man die Stadtverwaltung an dieser Stelle auch entlasten, wenn man den Ladesäulenbetreibern überlässt, gegen zu langes Parken selbst vorzugehen.“ Der Autobauer Tesla beispielsweise praktiziere das bereits – und zwar mit einer Supercharger-Blockiergebühr.

Monika Vetter und ihre Fraktionskollegen stünden auf jeden Fall für einen Ausbau der Elektromobilität. Das spiegele sich auch im Wahlprogramm der CDU wider: „Wir wollen die Stadt auf die neue Zeit vorbereiten. Dafür benötigt es einen Mix aus Ladestationen von öffentlichen und privaten Anbietern. Wir setzen uns dafür ein, dass die Stadtverwaltung diese Planung für die Stadt Bautzen vorantreibt und damit die Weichen für eine nutzerfreundliche E-Mobilität in der Stadt stellt. Dabei sollen auch kostenfreie Parkplätze für E-Autos angeboten werden.“ Für die Problematik des Parkens an Ladesäulen gäbe es bereits verschiedene Lösungen, meint die Stadträtin. Exemplarisch dafür führt sie Handy-Apps an, die dem Nutzer anzeigen, dass sein Auto demnächst geladen ist, sodass dieser den Stellplatz für den Nächsten freimachen kann.

An der Spree ist das allerdings noch Zukunftsmusik. Die Verwaltung will eigenen Angaben zufolge zunächst mit dem Betreiber der Ladesäule eine Kompromisslösung herbeiführen. „Vorgesehen ist eine Ausweitung der Parkdauer auf zwei Stunden“, teilt Rathaussprecher André Wucht auf Anfrage mit. Die Änderung befinde ich in der Vorbereitung. Allerdings betont er zugleich: „Die bisherige Zeitbegrenzung entspricht dem Antrag des Betreibers der Säulen. Es sollte möglichst vielen Verkehrsteilnehmern die Möglichkeit zum Laden eingeräumt und nicht ein privilegierter Parkplatz für E-Fahrzeuge geschaffen werden.“ Und weiter: „Bei der Stadtverwaltung hat sich bisher noch niemand gemeldet, dem die Zeit zum Laden zu kurz erscheint.“

Für Philipp H. gehen indes die jüngsten Bestrebungen in die richtige Richtung. Nicht nur er fand bereits einen Strafzettel hinterm Scheibenwischer seines auf dem Schliebenparkplatz abgestellten Elektroautos. Je nachdem wie sehr die vorgegebene Parkdauer überschritten wurde, ist laut Stadtverwaltung mit Verwarnungsgeldern zwischen 10 und 30 Euro zu rechnen. Dennoch hält der junge Mann aus dem Oberland mit Kritik nicht hinterm Berg: „Diese Ladesäule geht völlig am Sinn eines Park & Ride-Parkplatzes vorbei, denn der ist nun einmal der, sein Auto längere Zeit außerhalb der Innenstadt stehen zu lassen, um so den Stadtverkehr und vor allem die Luft zu verbessern. Sinnvoller wäre es gewesen, in mehrere Typ 2-Ladestationen zu investieren, mit denen E-Autos langsam und akkuschonend auch während der Arbeitszeit geladen werden können.“ Gleichzeitig wirft er die Frage auf: „Warum spricht man nicht im Vorfeld mit Menschen, die E-Mobilität im Alltag leben und warum plant beziehungsweise realisiert man nach wie vor Dinge, die am eigentlichen Nutzen vorbeigehen.“ Um es in Zukunft ein Stück weit besser zu machen, plädiert Philipp H. für Gesprächsrunden im Vorfeld solcher Investitionen.

Mike Hauschild sieht unterdessen auch das Rathaus gefordert: „Da die Parkordnung der einzelnen Parkplätze nicht vom Stadtrat vorgegeben wird, appelliere ich an die Stadtspitze, diejenigen Fachleute der Verwaltung hinzuzuziehen, die sich mit der Problematik E-Autos auskennen.“

Insgesamt werden an Ort und Stelle zwei speziell markierte Parkflächen vorgehalten, die es Autofahrern ermöglichen sollen, den Akku ihres Fahrzeugs an der etwa 50.000 Euro teuren Anlage ungestört aufladen zu können. Inwieweit in den Amtsstuben ein Ausbau ins Auge gefasst wird, weiß André Wucht: „Es ist nicht vorgesehen, mehr als einen Stellplatz pro Säule vorzuhalten. Der Betreiber der Säulen hat bisher auch keine Erweiterung der Säulenanzahl signalisiert.“ Fazit: Parteien, die sich für die Etablierung neuer Antriebe einsetzen, benötigen aus Sicht der Befürworter der E-Mobilität einen langen Atem, um Bautzen für die Zukunft fit zu machen. Andere Kommunen wie Dresden oder Regionen an der Ostseeküste sind da bereits weiter beziehungsweise auf einem guten Weg.

Roland Kaiser / 29.02.2020

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