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Letzter Ausweg ist die Notunterkunft

Letzter Ausweg ist die Notunterkunft

Die Notunterkunft in der Äußeren Lauenstraße bietet Obdachlosen ein Dach über dem Kopf. Einfach eingerichtet soll die Unterkunft für wenige Stunden ein zu Hause sein. | Foto: Montage

Bautzen. Jetzt, wo die Tage und Nächte wieder wärmer werden, ist die Notunterkunft in Bautzen nicht mehr ganz so voll, aber immer noch finden Wohnungslose in der Äußeren Lauenstraße 23 zumindest kurzfristig ein Dach über dem Kopf. Der Verein  Brücke e. V. Gefährdetenhilfe im Raum Bautzen kümmert sich bereits seit 1993 um Personen in besonderen Lebenslagen mit sozialen Schwierigkeiten.

Matthias Nagel leitet seit der Eröffnung die Anlaufstelle des Vereins und sieht die Unterkunft als dringend notwendig. „Zwar haben wir die Anzahl der Plätze in den vergangenen Jahren von 24 auf zwölf reduzieren können, aber dennoch wird sie täglich gebraucht.“ Für acht  Männer und vier Frauen steht eine Unterkunft bereit, aber nur über Nacht dürfen sie bleiben. „In den Wintermonaten bieten wir sogar teilweise auch Tagesbetreuung an. Aber die Notunterkunft soll keine Daueranlaufstelle sein. Wir sehen uns als hilfreiche Überbrückung, bis die Notleidenden wieder alleine auf die Beine kommen,“ so Matthias Nagel.

In der Notunterkunft gibt es auch ein kleines Imbissangebot, mal eine Suppe, belegte Brote oder ähnliches. Verboten sind Alkohol und jede Art von Drogen. Dafür wird am Eingang das Hab und Gut der Obdachlosen auch durchsucht. „Natürlich kommt es vor, dass einige betrunken oder von Drogen berauscht hier auftauchen. Die legen wir ins Bett und lassen sie ihren Rausch ausschlafen. Wer sich nicht an unsere Hausordnung hält, wird erst gar nicht aufgenommen oder fliegt raus, so hart es klingt,“ sagt der Leiter. Auch Haustiere sind verboten, das stellt die Notunterkunft jedoch manchmal vor ein Problem. „Abweisen können wir deshalb niemanden, da muss dann natürlich eine Lösung her.“

Übernachten dürfen Notleidende nur mit einem sogenannten Einweisungsschein, den sie bei der Stadt Bautzen beantragen müssen. Natürlich machen die Angestellten der Notunterkunft auch mal eine Ausnahme, aber es sollte nicht die Regel werden. Der Leistungsbezug, genauer erklärt, die Übernachtungskosten von zehn Euro zahlt das Jobcenter.

Die drei festen Mitarbeiter kümmern sich gern um die hilfesuchenden Menschen. „Natürlich sind wir kein Hotel, sondern eine Notunterkunft, das darf man nicht vergessen. Die Zimmer sind spartanisch eingerichtet, nur das Nötigste wie Betten und Schließfächer stehen in den Gemeinschaftszimmern. Duschen und WC stehen den Obdachlosen natürlich auch zur Verfügung. Ein Mindestmaß an Menschenwürde sollte auch hier schon gegeben sein. Aber Dauergäste sehen wir eigentlich nicht so gerne. Wir wollen den Menschen dann eher helfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen,“ erklärt Matthias Nagel.

Er selbst hat schon viele Schicksale in all den Jahren miterlebt. „Es muss schon viel im Leben derer schief gegangen sein, die an unsere Tür klopfen. Ich selber bin aber auch der Meinung, dass es heutzutage keine Wohnungslosen mehr geben muss. Jeder hat ein Anrecht auf eine Sozialwohnung oder -leistungen. Mitunter entscheiden sich diese Menschen aber auch bewusst für ein Leben auf der Straße. Auch da versuchen wir natürlich zu helfen oder sie an die richtigen Stellen zu vermitteln,“ sagt der Unterkunftsleiter.

Die Stadt Bautzen steht nicht nur in der Unterbringungspflicht für sozial benachteiligte Menschen, sondern die Mitarbeiter der Stadtverwaltung versuchen durch Prävention eine solche Situation erst gar nicht entstehen zulassen. Petra Hempel, die Leiterin der Abteilung Wohnen und Soziale Dienste im Rathaus, weiß aus Erfahrung:
„Oft sind es komplexe soziale Probleme, die die Menschen in die Obdachlosigkeit treiben. Aber genau da versuchen wir frühzeitig entgegenzuwirken.“ Die Menschen, die zum Beispiel massive Mietprobleme haben und vor der Zwangsräumung stehen, können sich bei der Stadtverwaltung melden. Petra Hempel gibt da einen genauen Einblick: „Im vergangenen Jahr haben wir 200 Mahnungs- oder Kündigungsanträge bearbeitet. Nur elf davon sind auch vollstreckt worden. Sobald sich die Leute bei uns melden, müssen wir Lösungen finden.“ 2015 fanden insgesamt 69 Personen in der Äußeren Lauenstraße 23 eine Unterkunft, davon 37 Durchreisende. „Die Zahl der reisenden Obdachlosen ist aber in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Um Sozialleistungen beziehen zu können, muss man sesshaft sein,“ so Petra Hempel.

Für nicht wenige der Obdachlosen sind Drogen oder Alkohol Ursache oder Ausweg ihrer sozialen Probleme. „Auch da wollen wir natürlich helfen. Unsere Mitarbeiter sind zwar keine Sozialarbeiter, haben aber immer ein offenes Ohr. Wir versuchen die Suchtkranken auch an therapeutische Einrichtungen  zu vermitteln“, schildert Matthias Nagel. Natürlich ist der Erfolg dann von jedem selbst abhängig. Je tiefer und länger sie abhängig sind, um so schwieriger wird es.

Anfang der Woche war die Notunterkunft relativ leer. Lediglich zwei junge Männer suchten ein schützendes Dach über dem Kopf. „Man kann nicht pauschal sagen, wann wie viele Menschen unsere Hilfe brauchen. Aber klopft jemand bei uns an, öffnen wir gern unsere Tür,“ so Matthias Nagel.

Cornelia Fulk / 14.05.2016

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