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Modellprojekt wird zum Zankapfel

Modellprojekt wird zum Zankapfel

Hinsichtlich der Unterstützung des Vorhabens der Genossenschaft Neue Altstadt eG durch die Stadt Kamenz ist ein Streit entbrannt.

Wie geht es weiter mit dem Projekt „Bautzner Straße 13“ der Neue Altstadt eG? Seitdem sich die Genossenschaft und der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz gegenseitig mit offenen Briefen beharken und mit Vorwürfen überziehen, stellt sich diese Frage mit Vehemenz.

Kamenz. Der Oberlausitzer Kurier versucht, den aktuellen Stand zusammenfassen.

Worum geht es überhaupt?

Im April 2015 fand sich eine Gruppe engagierter Kamenzer mit Leidenschaft für die Altstadt zusammen und gründete die Genossenschaft „Neue Altstadt“ eG mit dem erklärten Ziel, „attraktive Wohnungen entstehen zu lassen, aber auch Gewerberäumen, Läden und Lokalen neuen Aufwind zu verleihen.“
Daraus folgte als Pilotprojekt der Erwerb des Hauses Bautzner Straße 13, um es zu einem „innovativen Objekt für Jung und Alt“ umzugestalten. Die hinter dem Begriff „Miet-Fach-Laden“ steckende Idee erläuterten die Initiatoren damals wie folgt: „Kreative und geschäftsinteressierte Menschen sollen die Möglichkeit erhalten, die historischen Regalfächer anteilig für eine bestimmte Zeit und zu einem günstigen Preis zu mieten.“ Über 200 Fächer stünden dafür zur Verfügung. Ausschließlich „Handgemachtes und Besonderheiten der Region“ sollten hier verkauft werden – natürlich auch, der Tradition entsprechend, handgesiedete Seifen.
Mit der Christliches Sozialwerk gGmbH (CSW) mit Sitz in Dresden fand die Neue Altstadt eG einen Träger, der sowohl das preisgekrönte Ladenkonzept verwirklichen als auch Angebote zum Wohnen und zur Betreuung von Menschen mit Behinderungen und chronischen psychischen Erkrankungen schaffen will.

Wer ist die CSW und was genau hat sie auf der Bautzner Straße 13 vor?

Sie wurde 1992 als Caritas-Sozialwerk im Bistum Dresden-Meißen e.V. gegründet und firmiert seit 2004 unter ihrer jetzigen Bezeichnung und Rechtsform. „Das CSW erbringt für hilfebedürftige Menschen wichtige caritative Dienste im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen“, heißt es in der Selbstdarstellung.

Und weiter: „Wir begleiten und unterstützen Menschen, die Hilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander benötigen.“ In Kamenz ist das CSW vor allem durch die Werkstatt für behinderte Menschen St. Nikolaus bekannt. Darüber hinaus unterhält es mehrere Wohnheime und Außenwohngruppen. Im Ladengeschäft mit seiner erhaltenen historischen Einrichtung will die gGmbH die Idee des Miet-Fach-Ladens umsetzen, wobei neben Kleingewerbetreibenden auch Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit erhalten sollen, Fächer anzumieten und in diesen z.B. Hobbyprodukte auszustellen. Das CSW will dabei auf Vielfalt und regelmäßigen Wechsel der Angebote achten. Auch Produkte aus der eigenen Werkstatt sollen den Weg in die Regale finden. Angrenzend an den Laden soll ein Café unter dem Namen „I-Treff“ entstehen, das für Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung sorgen und auch für Veranstaltungen zur Verfügung stehen soll. Im 1. Obergeschoss entsteht eine Außenwohngruppe mit fünf Plätzen. Der Ausbau des Dachgeschosses ist nicht vorgesehen; es soll für Freizeit- und Sportaktivitäten genutzt werden.

Woran entzündet sich der Streit?

Ursprünglich sollte in der Dezember-Stadtratssitzung öffentlich über die Instandhaltungs- und Modernisierungsvereinbarung zwischen Stadt und Genossenschaft diskutiert und diese bestätigt werden. Allerdings „verschwand“ der Tagesordnungspunkt kurzfristig im nichtöffentlichen Teil. Eine Anfrage des „Oberlausitzer Kurier“ bei der Stadtverwaltung zu den Gründen blieb bis heute unbeantwortet. Umso mehr wurde aus den eingangs erwähnten offenen Briefen bekannt. So warf die Neue Altstadt eG zunächst der Stadt vor, ihr gehe es in erster Linie um die Absicherung ihres finanziellen Anteils und erst danach um die Umsetzung des Projektes. Wörtlich schrieb der Vorstand: „ ... Die Gangart und auch die vordringenden Inhalte lassen uns im Moment staunend zurück … Der Kardinalfehler liegt aus unserer Sicht darin, dass die Stadt ihr Augenmerk offenbar nur noch daran setzt, ihr Engagement finanziell zu sichern. Dazu sollte zuerst eine Grundschuld für Fördermittel eingetragen werden. Nun geht es immer noch um eine – ebenso unmögliche – erstrangige Eintragung einer Nutzungsbeschränkung im Grundbuch. Damit soll erreicht werden, dass die Stadt im Falle einer Zwangsvollstreckung nicht ohne verwertbare Sicherheiten dasteht. ...“

Wie reagiert der OB?

Auch mit einem offenen Brief, indem er die Vorwürfe der Genossenschaft zurückweist und seinerseits ebensolche gegen diese erhebt.

Zunächst äußert der Oberbürgermeister (OB) sein (nicht ganz unbegründetes) Unverständnis, dass der Brief der Genossenschaft zunächst die örtliche Tageszeitung und erst dann ihn selbst erreichte. Zur Sache schreibt Roland Dantz unter anderem: „... Es ist zutreffend, dass wir alles in unserer Macht stehende getan haben, um das Anliegen der Genossenschaft ... zu unterstützen, und dies wissen Sie selbst als Vorstand am besten. … Es war auch von Anfang an klar, dass … die entsprechende Sicherung für das Förderziel herbeigeführt werden muss. Darauf fußt auch die Beschlussfassung im Kamenzer Stadtrat am 20. Juli 2018 und das Ihnen konkret unterbreitete Angebot des Kamenzer Stadtrates vom 12. Dezember 2018 ist die logische Folge. … Dass der Nutzungszweck im Grundbuch dinglich gesichert werden muss, darüber wurden Sie, sehr geehrte Damen und Herren Vorstände, sehr frühzeitig informiert. Sie haben dem auch nicht widersprochen. … Es geht nicht darum, dass sich hier jemand Geld zurückholen soll, sondern ... dass der Steuerbürger bei Nichteinhaltung des Förderzieles nicht durch Rückzahlung zur Kasse gebeten wird und diese Verantwortung nimmt der Stadtrat wahr, ja er muss sie wahrnehmen.“

Was hat der Stadtrat eigentlich beschlossen?

Im Beschlusstext heißt es (Auszug): „Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, eine Modernisierungs- und Instandsetzungsvereinbarung zur Förderung der Einzelmaßnahme „Bautzner Straße 13“ ... mit den Eigentümern abzuschließen. Der Abschluss vorgenannter Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt, dass bis spätestens 28. Februar 2019 der notarielle Abschluss sowie die Eintragung der dinglichen Sicherung der Nutzungsbedingungen erfolgt ist. … Ein Gesamtzuschuss in Höhe von maximal 551.068,00 Euro wurde ermittelt. Zur Sicherung ist die Stellung einer Grundschuld gefordert.“ Abweichend von der ursprünglichen Formulierung erklärt sich die Stadt dazu bereit, die Kosten dafür in Höhe von circa 10.000 Euro komplett zu übernehmen.

Wie geht es jetzt weiter?

Von Seiten der Stadt sind die Bedingungen laut Stadtratsbeschluss klar formuliert, die Genossenschaft ist am Zuge. Eine entsprechende Anfrage des Oberlausitzer Kuriers über den weiteren Fortgang blieb unbeantwortet.
 

Uwe Menschner / 10.02.2019

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