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Muss Sternwarte den Betrieb einstellen?

Muss Sternwarte den Betrieb einstellen?

Dem Himmel ganz nah: Helmar Brauer und die anderen Mitglieder des Fördervereins hoffen, dass die Sternwarte bestehen bleibt. Fotomontage: Redaktion

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Zweiter Fluchtweg im Planetarium: Diesen lässt die Stadt derzeit errichten. Fotos: RK

In den Reihen des Fördervereins der Schulsternwarte Bautzen herrscht Ratlosigkeit und eine gewisse Verunsicherung. Noch immer gibt es seitens der Stadt keine klare Ansage, was aus seiner Wirkungsstätte inmitten des Naturparks an der Czornebohstraße wird.

Bautzen. Mutmaßen und hoffen – mehr können Helmar Brauer und seine Mitstreiter derzeit nicht tun. Konkrete Informationen gibt es für sie nicht. Selbst die CDU-Stadtratsfraktion, auf deren Unterstützung der Verein so sehr gesetzt hat, hielt sich bislang bedeckt. Warum, das weiß in den Reihen des Vereins niemand so genau. Recht schnell machten sich erste Gerüchte breit. Eines besagt, dass sich Gymnasien in der Spreestadt darum zanken, wer die technische Ausstattung der Sternwarte einmal beherbergen soll, sollte es zu ihrer Schließung kommen. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Rathaus auf Grundlage eines Lageberichtes der kommunalen Stadtwerke-Holding Beteiligungs- und Betriebsgesellschaft Bautzen mbH (BBB) in Erwägung gezogen, das Equipment aus Kostengründen in eine Schule auszulagern. Angeblich steht das Schiller-Gymnasium dabei in der Gunst der Verwaltung. Eventuell ließ sich deshalb CDU-Fraktionschef und Melanchthon-Schulleiter Karsten Vogt nicht auf ein Treffen ein. Gegenüber dem Oberlausitzer Kurier begründete er das Schweigen damit, dass im Hintergrund zwar schon Bemühungen laufen, den Sternwartenbetreibern unter die Arme zu greifen. Die Möglichkeit der Gründung einer Stiftung schließt die Partei für sich jedoch aus. Eine Prüfung habe ergeben, dass ein solcher Schritt nicht umsetzbar sei. Sollte das Schillergymnasium tatsächlich einmal den Zuschlag für das Planetarium erhalten, verlangt Karsten Vogt nach einer stichhaltigen Begründung. Immerhin nahm 1872 alles seinen Anfang im Garten des damaligen Städtischen und heutigen Melanchthon-Gymnasiums. Dort wurde erstmals ein Beobachtungsposten errichtet. 1993 wurde die Schulsternwarte nach mehreren Umzügen schließlich zur Außenstelle der Bildungseinrichtung. Indes scheint der Verwaltung die Unterhaltung oder gar eine Sanierung der Sternwarte über den Kopf zu wachsen. Zugegebenermaßen sind die Voraussetzungen am Stadtrand für einen Weiterbetrieb nicht gerade optimal.

Das zu pflegende Gelände, das sich im Eigentum der Kommune befindet, ist riesig. Wasser beziehen die Betreiber der Sternwarte aus einem Brunnen. Um das Anwesen auch in punkto Sanitärhygiene und Technikausstattung auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, ist sehr viel Geld notwendig. Und dann steht da noch die ungeklärte Frage im Raum: Wer vermittelt in Zukunft den Besuchern das entsprechende Fachwissen?

Vor diesem Hintergrund ließ Finanzbürgermeister Dr. Robert Böhmer auf Anfrage mitteilen, dass es eine durch die Stadt finanzierte Sanierung der Schulsternwarte an der Czornebohstraße in absehbarer Zeit nicht geben wird. Vielmehr versuche man zunächst, den Status Quo aufrechtzuerhalten. Demnach erklärt sich die Kommune dazu bereit, den Betrieb weiterhin mit 15.000 Euro im Jahr zu unterstützen. Der Zuschuss dient in erster Linie dazu, technisches Personal an Ort und Stelle vorzuhalten. Momentan würden darüber hinaus brandschutztechnische Mindestanforderungen in dem Komplex verwirklicht. Diese hatte die BBB als Sofortmaßnahme in ihrem Papier angeführt. Das Gutachten war bereits im Herbst den Stadträten während einer Klausur präsentiert worden. „Die Ergebnisse haben diese relativ ernüchternd wahrgenommen“, sagte Robert Böhmer. Teil der Arbeiten ist unter anderem der Einbau einer Fluchttür im Planetarium.

Um unabhängig davon einen Weiterbetrieb an Ort und Stelle zu ermöglichen, laufen den Angaben zufolge Gespräche mit verschiedenen Bildungseinrichtungen, Fachlehrern, dem Förderverein sowie dem Sächsischen Landesamt für Schule und Bildung (LASuB), das die Sternwarte als einen außerunterrichtlichen Lernort betrachtet, der mit Museen, Theatern und Zoos gleichzusetzen ist. „Hier ist viel freiwillige Mitarbeit aller Beteiligten nötig, um das Ziel, die Sternwarte in einem vertretbaren Rahmen in Zukunft fortzuführen, zu erreichen“, erklärte Robert Böhmer. „Die Stadt selbst kann den Betrieb nicht führen. Dafür gibt es keine personellen Kapazitäten und auch keine entsprechenden Stellen im Stellenplan.“ Zugleich warnte der Bürgermeister vor dem Scheitern der freiwilligen Zusammenarbeit aller Beteiligten: „Kommt diese nicht wirklich zustande, ist die Zukunft der Sternwarte gefährdet, weil keine tragfähigen Strukturen bestehen.“

Für den Ernstfall hat die BBB schon einmal eine Alternative präsentiert. Bei ihrem Plädoyer für eine Fortsetzung des Planetariumsbetriebes an einem Bautzener Gymnasium setzt die Stadttochter auf „eine inhaltliche Beteiligung und Vernetzung der Fachlehrer der Bautzener Oberschulen“. Für Robert Böhmer bedeutet das im Umkehrschluss: „Damit einhergehen würde ein voraussichtlicher Teilrückbau sanierungsbedürftiger, nicht mehr notwendiger und veralteter Anlagen am bisherigen Standort.“ Jedoch wollte er eine Unterstützung zum Erhalt der Beobachtungskuppeln im Naturpark nicht ausschließen.

Für den 28. Mai 2018 hat der Förderverein eine außerordentlichen Mitgliederversammlung einberufen, um in diesem Rahmen für sich die weiteren Schritte abzustecken. Bislang machte sich das Gremium für eine Verjüngungskur der Sternwarte und eine Modernisierung der technischen Ausstattung stark.

SPD-Stadtrat Roland Fleischer bezifferte die Gesamtkosten auf bis zu 2,6 Millionen Euro. „Hier ist entscheidend, ob überhaupt qualifiziertes, wissenschaftliches Personal zur Verfügung steht. Dies ist nach meiner Kenntnis das größte Problem. Es ist auch zu prüfen, ob durch die Schulen beziehungsweise Schüler überhaupt dauerhaft Interesse besteht. Eine Sanierung macht nur dann Sinn, wenn eine Fortsetzung gewährleistet werden kann.“ Hingegen meint der Chef der FDP-Stadtratsfraktion Mike Hauschild: „Der Standort ist auch heute noch der richtige – und zwar in Bezug auf die Lichtverschmutzung, dessen Erreichbarkeit sowie die Synergie zum Naturpark. Er muss erst einmal zukunftstauglich sein. Dann finden sich auch ehrenamtliche Mitstreiter.“ Beide stimmen in dem Punkt überein, dass schon bald alle Fakten auf den Tisch müssten, um weitere Entscheidungen treffen zu können. Noch einmal Mike Hauschild: „Die Schulsternwarte gehört zu den kleinen Juwelen, die Bautzen zu bieten hat. Wir sollten endlich die schon jahrelang verzögerte Sanierung in Angriff nehmen und im Zuge dessen den Verein bei der Suche nach Nachfolgern der ehrenamtlichen Betreuung unterstützen. Solange die Sternwarte verfällt, wird sich niemand dort neu einbringen wollen. Sie aufzugeben in Zeiten finanzieller Höchsteinnahmen ist kaum glaubhaft vermittelbar.“ Das kann der Leiter der Sternwarte in Sohland/Spree, Heribert Heller, nur unterstreichen. Er warnt davor, die Einrichtung im Naturpark aufzugeben. Diese zähle zu den ältesten ihrer Art in der Bundesrepublik und sorge dafür, dass sich immer wieder namhafte Referenten auch aus dem Ausland für Veranstaltungen des Vortragsverbundes gewinnen lassen. „Wenn der Betrieb der Bautzener Schulsternwarte eingestellt wird, würde dies das Gleichgewicht empfindlich stören und wir müssten vermutlich auf Dozenten verzichten. Diese kommen hierher, wenn es sich auch für sie terminlich lohnt.“

Damit sprechen beide zweifelsohne den gut ein Dutzend Mitgliedern des Fördervereins aus dem Herzen. Sie sehen nach wie vor in der Einrichtung nicht nur einen Bildungsauftrag, sondern auch ein Aushängeschild für die Spreestadt und deren Umland. Seit Jahren steuern die Sternwarte im Schnitt 3.200 Besucher an, darunter zahlreiche Schulklassen und Kitagruppen. Finanzbürgermeister Robert Böhmer hat dennoch Zweifel, ob sich eine Sanierung tatsächlich lohnt: „Aus Sicht des Schulträgers ist die Vorhaltung einer Schulsternwarte eigentlich nicht begründet, zumal der Freistaat den Astronomie-Unterricht als eigenständiges Fach an den Schulen bereits 2007 abgeschafft hat.“ Darüber hinaus sei die Nachfrage nach den Angeboten der Sternwarte relativ verhalten. Die Nutzung des Lernortes Sternwarte durch Fachlehrer unterliege zudem nur noch der Freiwilligkeit. Helmar Brauer hält dagegen: „Uns liegen Anfragen von immer mehr Schulklassen vor, die einen Praxisunterricht in unserer Einrichtung wünschen. Allerdings ist dieser in den Beobachtungskuppeln nicht bei jedem Wetter ohne Weiteres möglich. Ein über-dachtes, grünes Klassenzimmer wäre daher sehr vorteilhaft für weitergehende Projekte beziehungsweise längere Aufenthalte von Besuchergruppen.“ Ein weiterer Kostenfaktor, den bislang im Rathaus noch keiner auf dem Schirm hatte. Unterdessen kann Helmar Brauer mit Stolz berichten, dass ab sofort das 40-Zentimeter-Spiegelteleskop für Himmelsbeobachtungen wieder zur Verfügung steht.   

Roland Kaiser / 15.05.2018

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