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Staatshilfen: Das lange Warten nach der Flut

Staatshilfen: Das lange Warten nach der Flut

Wie hier in Neukirch standen am 17. Juli 2021 mit einem Mal Straßen unter Wasser. Foto: privat

Region. Im Juli vergangenen Jahres hat ein heftiges Unwetter auch Teile der Gemeinde Neukirch heimgesucht. Die Verwaltung beklagte daraufhin einen Gesamtschaden von rund 1,2 Millionen Euro. Mehr als ein halbes Jahr später wartet Bürgermeister Jens Zeiler noch immer auf Hilfe vom Freistaat. Er sagt, diese kämen zu spät, sie müssten zeitnah ausgezahlt werden. Denn zu reparieren gibt es einiges. „Beantragt beziehungsweise mit Maßnahmen untersetzt sind circa eine Million Euro. Wir benötigen Geld für die Instandsetzung von Brücken und Stützmauern entlang der Wesenitz.“ Sie verwandelte sich in einen reißenden Fluss, nachdem damals der Himmel seine Schleusen geöffnet hatte. Danach wurden in Berlin Wiederaufbauhilfen für die von Hochwassern betroffenen Gegenden beschlossen. Auf Sachsen sollten 144 Millionen Euro entfallen, berichtete im November die lokale Tageszeitung. Seitdem sind die in Frage kommenden Kommunen damit befasst, in einer Datenbank die Schäden zusammenzutragen. Das hat auch Neukirch gemacht. „Unsere Maßnahmen beziehungsweise Schäden wurden dem Landratsamt Bautzen fristgemäß angezeigt und werden aktuell geprüft“, erklärt Jens Zeiler.

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Im Steinigtwolmsdorfer Freibad musste die braune Brühe aus dem Schwimmbecken abgepumpt werden. Foto: privat

Ähnliches Bild in Steinigtwolmsdorf: Die Nachbargemeinde wurde ebenfalls zum Spielball des Unwetters im vergangenen Sommer. Allein hier beläuft sich die Schadenssumme laut Bürgermeisterin Kathrin Gessel auf ungefähr achteinhalb Millionen Euro. Ein Großteil der Summe entfalle auf das Freibad. „Dort haben wir enorme Schäden zu beklagen“, legte sie im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier dar. Darüber hinaus seien viele Nebenstraßen und Wege, Brücken und Durchlässe ramponiert worden. Auch das Steinigtwolmsdorfer Gemeindeoberhaupt kritisiert, dass die staatlichen Hilfen erst jetzt fließen sollen. „Wir hätten uns schon ein zügigere Abwicklung gewünscht“, betonte Kathrin Gessel. „Das Starkregenereignis liegt nun schon Monate zurück. Stellenweise haben wir in Eigenleistung die Mängel beseitigt, um weitere Schäden zu verhindern.“ Und weiter: „Damit reduzieren sich die Kosten um über die Hälfte der ursprünglich eingereichten Kosten für die Schadensbehebung und -vorbeugung.“ Bedeutet: Das Land muss am Ende weniger Geld an die Kommune auszahlen. Doch nicht allein das stößt bei der Bürgermeisterin auf Unverständnis: „Mit den Hochwasserhilfen sollen die ursprünglichen Zustände 1:1 wieder hergestellt werden. Bei verschiedenen Maßnahmen ergibt das jedoch keinen Sinn und ist Verschwendung.“ Als Beispiel führte Kathrin Gessel den Hainweg an, der über keine Entwässerung und keinen Asphalt verfügt. Laut einer Richtlinie, über die der Freistaat die Schadensregulierung mit den betroffenen Kommunen abwickeln will, sei nur die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes möglich. Im Fall des Hainweges würden also Löcher und Rinnen verfüllt. Die Bürgermeisterin kann das nicht nachvollziehen: „Beim nächsten Starkregen haben wir das gleiche Schadensbild. Eine Entwässerung ist hier aus meiner Sicht zwingend erforderlich. Diese wird aber nicht gefördert. Ohne Unterstützung des Freistaates können wir das als Gemeinde nicht stemmen.“

In Dresden wurde zwischenzeitlich weiter an den Formalien gefeilt. „Die Richtlinie SHB 2021 sieht für die Beseitigung von Schäden an öffentlicher Infrastruktur ein sogenanntes Maßnahmeplanverfahren vor, in welchem von den Landkreisen auf Grundlage der von den Kommunen mittels einer Datenbank erstellten Schadenslisten nach fachlicher Prüfung Maßnahmepläne erstellt werden, die neben den zu ergreifenden Maßnahmen auch deren voraussichtliche Kosten enthalten“, verlautete zum besseren Verständnis aus den Reihen des Wirtschaftsministeriums. „Nach Prüfung und Bestätigung der Maßnahmepläne als Wiederaufbaupläne im Rahmen der bis 28. Februar 2022 durchzuführenden Maßnahmeplankonferenzen wird mit dem jeweiligen Wiederaufbauplan ein Schadensbudget als Grundlage für eine Bewilligung der Förderung durch die Sächsische Aufbaubank festgelegt.“ „Die Staatsregierung wollte schnell und unkompliziert helfen“, erklärte bereits im vergangenen Herbst der Landtagsabgeordnete Frank Peschel. Verärgert über die Herangehensweise fügte er hinzu: „Hochwasserhilfen sollten bis Ende Oktober beantragt und bis Mitte November ausgezahlt werden, so die Aussage der Staatsregierung gegenüber den Landtagsabgeordneten. Dass die Staatsregierung ihre eigenen Zusagen nicht halten kann, ist enttäuschend und frustrierend.“

Zu wünschen bleibt, dass die Hilfen nicht zu spät ausgezahlt werden. Denn der nächste Sommer mit all seinen unberechenbaren Überraschungen im Zuge des Klimawandels kommt bestimmt.

Roland Kaiser / 03.03.2022

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