Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Verdächtige Risse: Haus wird teilgeräumt

Verdächtige Risse: Haus wird teilgeräumt

Die Baustelle in unmittelbarer Nachbarschaft: Mehrere Bewohner des Mehrfamilienhauses am Burgplatz 1 müssen sich mutmaßlich wegen ihr eine neue Bleibe suchen. Foto: RK

Alternativer Text Infobild

Lässt sich nicht mehr schließen: Neben Rissen weist das Wohnhaus am Burgplatz auch verzogene Fenster auf. Foto: RK

Am Bautzener Burglehn entsteht bekanntlich ein Neubau mit circa 30 barrierefreien Wohnungen, einer Tagespflege sowie einer Wohngemeinschaft für Demenzkranke. Nachdem im April die Baustelle im Herzen der Altstadt von Archäologen freigegeben wurde, sollten die Arbeiten zügig voranschreiten. Doch jetzt sind sie ins Stocken geraten. In unmittelbarer Nachbarschaft weist ein Mehrfamilienhaus verdächtige Risse auf.

Bautzen. Als sich in der Vorwoche eine größere Menschentraube vor dem Gebäude am Burgplatz 1 versammelte, schwante einigen Bewohnern nichts Gutes. Schon seit Tagen hatten sie eigenen Angaben zufolge beobachtet, wie sich Risse im Mauerwerk verstärkten beziehungsweise neue ausprägten. Kurze Zeit nach dem Treffen bekamen drei Familien Post von ihrem Vermieter – der Bautzener Wohnungsbaugesellschaft BWB. In einem Schreiben wurde ihnen zu verstehen gegeben, dass sie ihre Wohnung zu räumen haben. Aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. „Es ist auf jeden Fall ein komisches Gefühl“, meint eine 30-jährige Mieterin im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier mit Blick auf die Risse. „Als wir die entdeckt haben, setzten wir die BWB umgehend darüber in Kenntnis.“ Vor allem, wenn auf der benachbarten Baustelle Steine bearbeitet wurden, wäre das in der Wohnung zu spüren gewesen. Dort lebte die junge Frau gemeinsam mit ihrem Mann und dem sechs Monate alten Nachwuchs noch nicht allzu lange Zeit. Jetzt steht der nächste Umzug an. Auf die Frage, wohin es gehen soll, zuckt sie mit den Schultern. Die drei seien weiterhin auf der Suche nach einer neuen und vergleichbaren Bleibe. Eine solche hat eine andere Familie im ersten Obergeschoss bereits gefunden. Zahlreiche Umzugskartons vor der Wohnungstür künden davon, dass schon in Kürze die Umzugsfirma auf der Matte steht. „Wir werden am Ende dieser Woche hier raus sein“, meint der Vater zweier Knirpse im Kindergarten- beziehungsweise Grundschulalter. Vor sechs Jahren war das damals noch dreiköpfige Gespann an den Burgplatz gezogen. Wie stark die Gebäudesubstanz inzwischen in Mitleidenschaft gezogen wurde, demonstriert der Bautzener anhand eines Fensters: „Das hat sich dermaßen verzogen, dass ich es seit gut einer Woche nicht mehr schließen kann. Außerdem gehen Risse mittlerweile komplett durch die Wand durch.“ Doch was an Ort und Stelle momentan geschieht, stört ihn, wie er betont, in Kürze nicht mehr. „Ich bin dann mit meiner Familie in einem geschützten Umfeld.“

Alternativer Text Infobild

Risse im Mauerwerk veranlassten die BWB und den Bauherrn der benachbarten Baustelle dazu, das Mehrfamilienhaus teilweise zu räumen. Foto: RK

Dafür sorgte die BWB. Sie stellte alternativen Wohnraum zur Verfügung. Geschäftsführerin Kirsten Schönherr ließ in diesem Zusammenhang auch wissen, dass der Umzug durch das Wohnungsbauunternehmen selbst organisiert werde. „Keine der betroffenen Familien kehrt nach jetzigem Stand hierher zurück“, fügte sie hinzu.

Indes soll das Gebäude in den kommenden Tagen mit Hilfe eines so genannten T-Trägers gesichert werden. Die Stahlkonstruktion ist notwendig, um weitere Schäden von der Bausubstanz abzuwenden. „Danach wollen wir das Haus wieder in Ordnung bringen lassen.“ Doch auch Projektleiter Volker Böhme, der das Bauprojekt nebenan betreut, sieht sich veranlasst, der BWB unter die Arme zu greifen. „Für die jetzt erforderlichen, zusätzlichen Abfangungsarbeiten werden aktuell die notwendigen Materialien organisiert, sodass nach dem Auszug der Bewohner unmittelbar mit den Arbeiten begonnen werden kann. Welche Auswirkung diese zusätzliche Maßnahme auf Kosten und Dauer des Gesamtprojektes haben werden, lässt sich momentan noch nicht abschätzen.“

Nach seiner Ansicht ist das Wohngebäude jedoch durchweg standsicher. Dass die betroffenen Mieter ihre Wohnungen nun freiziehen müssen, bezeichnet Volker Böhme als reine Vorsichtsmaßnahme. „Gemeinsam mit der BWB haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen. Nach Begutachtung der Fachplaner liegen Störungen im Baugrund vor, die im Zuge der Erdbauarbeiten Erschütterungen auf das Gebäude übertrugen.“ Wie es an Ort und Stelle weitergeht, dazu äußerte sich Kirsten Schönherr wie folgt: „Das Fundament unseres Hauses, unter dem eine Lehmlinse entdeckt wurde, wird durch den Investor ertüchtigt. Danach beginnt die Risssanierung.“ Klar ist für sie: „Man kann niemandem einen Fehler vorwerfen. Im Vorfeld gab es umfangreiche Untersuchungen, ein statisches Gutachten und eine Prüfstatik.“

Dass vor all dem Hintergrund trotzdem wie am Dienstagnachmittag schwere Bagger über die Baustelle rollen, kann manch einer nicht nachvollziehen.                                 

Roland Kaiser / 23.06.2018

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel