Vielfalt auf dem Feld ergibt Vielfalt auf dem Teller
Umweltminister Wolfram Günther half der Agrargenossenschaft Budissa bei der Aussaat in Dauban. ´ Foto: Till Scholtz-Knobloch
Sachsens Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Wolfram Günther hat anlässlich des Welt-Bienentags symbolisch ein Blühflächenprojekt für Wildbienen im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft gestartet. Bei diesem handelt es sich um ein Gemeinschaftsvorhaben der Reservatsverwaltung mit dem Agrarbetrieb Budissa AG aus Niederkaina.
Hohendubrau. Für fünf Jahre wird am Ortsrand von Dauban an der Grenze zwischen den Landkreisen Görlitz und Bautzen eine spezielle Mischung aus 40 Wildkräuter- und mindestens 15 Grasarten ausgesät. Dr. Jan Peper, Referatsleiter für Naturschutz und Gebietsentwicklung im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft erläutert: „Das ganze dient dazu, um die Insektenvielfalt zu erhalten aber auch dazu, der ein oder anderen Pflanze wieder auf die Sprünge zu helfen.“
Er zeigt dabei auf eine eher unscheinbare Pflanze, die wie Petersilie aussieht – den fast ausgestorbenen Hundskerbel. Dass dieser nun wieder zu seinem Recht kommt, ist allerdings dem Umpflügen zu verdanken: „In brachen Flächen waren Samen mitunter Jahrzehnte im Boden, konnten sich halten jetzt ist er wieder rausgekommen. Mit der Aussaat gibt es hier also sogar ein Nebenprodukt mit den gleichen positiven Folgen für die Biodiversität“.
Seit 10 Jahren wird bereits im Biosphärenreservat an blühenden Äckern experimentiert. Anfangs wurden die Wissenschaftler misstrauisch beäugt, aber jetzt gibt es immer mehr Landwirte, die mit Gartenbetreibern eigene Blühflächen anlegen. „Wir spüren ein großes Interesse am Thema Insektenvielfalt, z.b. auf Märkten oder öffentlichen Veranstaltungen“.
Doch am 20. Mai wird erst einmal das Zirpen der Grillen durch die Laute eines Treckers übertönt. Auf einer weiteren Fläche von zehn Hektar wird die nach wissenschaftlichen Kriterien im Biosphärenreservat entwickelte Samenmischung ausgebracht.
Eva Lehmann ist für die Gebietsentwicklung im Reservat zuständig und erklärt: „Hier sind 38 verschiedene Pflanzenarten vermischt, mit der wir der großen Bandbreite an Wildinsekten helfen. Dabei geht es vor allem um die wenigen Solitärbienenarten, die Pollenspezialisten sind. Sie brauchen eine bestimmte Pflanzenart und wenn die nicht da ist, dann ist auch diese Tierart nicht da. Uns ist ganz wichtig, dass wir mit diesen entwickelten Mischungen mosaikartig Flächen bestellen, damit wir die ganzen Hummeln, Wildbienen und Tagfalter als Nektar- und Pollenquelle bedienen können.“ Und so freut sich Eva Lehmann, dass die Löcherbiene wieder da ist und mit ihr 139 andere Wildbienenarten. Mit der Vielfalt einer nachhaltigen Landwirtschaft gehe letztlich auch die Vielfalt auf dem Teller einher.
Lehmann möchte kleine Stoffkreisläufe geschlossen sehen – vom Anbau bis zur Verarbeitung soll ein Produkt vor Ort entstehen und damit eine Eigenmarke werden können. „Die Bäcker in und um das Biosphärenreservat wollten gerne regionalen Mohn, weil in der Oberlausitz früher Mohn angebaut wurde. Und so haben wir auch das im Biosphärenreservat aufgenommen und letztes Jahr erstmalig drei Hektar Wintermohn mit Genehmigung der Bundesopiumstelle angebaut.“ Die Wildgänse seien unheimlich scharf auf die Mohnpflanzen gewesen. „Trotzdem haben wir etwas zur Freude der Bäcker der Region geerntet“, sagt sie. Die fünffache Mutter hat damit auch selbst bereits ihre Lieblingsspeise zubereitet – Schlesische Mohnklöße.
Die bekommt der sächsische Umweltminister Wolfram Günther am 20. Mai nicht zu probieren. Aber er erfährt, dass die Aussaat einer so vielschichtig gestalten Mischung auch ihre Tücken hat. „Da die Samenkörner nicht gleich groß sind, braucht man auch ein großes Geschick beim Säen. In unseren frühen Versuchen mit der Drille hatten wir dann beispielsweise Abschnitte nur mit der Phazelie und ein Stück weiter war dann die Färberkamille.“ Blühflächen sollten jedoch mosaikförmig angelegt sein. Wildinsekten würden bis zu 300 Meter fliegen, bis sie wieder etwas finden müssten. Das ganze müsse also wie in einem Staffellauf angelegt sein – auch zeitlich. „Im Frühjahr gehen die ersten Pflanzen auf. Wenn die abgeblüht sind, stehen bereits die nächsten in den Startlöchern. Es folgen die nächsten, so dass über das Jahr bis in den Spätherbst der Blüheffekt gewahrt wird – auch weil unterschiedliche Insekten und Tagfalter unterschiedliche Lebenszeiten haben“, so Lehmann.