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Wann ist Bautzen reif für die Parksanduhr?

Wann ist Bautzen reif für die Parksanduhr?

Die Parkscheinautomaten in Bautzen gelten aufgrund ihrer Technikausstattung als überaltert. Im nächsten Jahr sollen nun – viel später als ursprünglich geplant – 35 neue Geräte aufgestellt werden. Foto: RK

Alle guten Dinge sind in dem Fall zwei. Noch im letzten Jahr hat der Stadtrat aufgrund der von der Verwaltung vorgetragenen Argumentation die Brötchentaste in die Wüste geschickt. Jetzt gibt es einen neuen Vorstoß – und zwar in Form der Parksanduhr. Diesmal bekommen die Befürworter des kostenfreien Kurzzeitparkens unverhofft Schützenhilfe.

Bautzen. Seit Jahren schon ringt die Händlerschaft in Bischofswerda darum, in anderen Kommunen wie Volkach oder Cloppenburg ist dieser Service für Autofahrer gängiger Alltag: kostenloses Kurzzeitparken. Nachdem der Stadtrat im April 2018 der sogenannten Brötchentaste mehrheitlich eine Abfuhr erteilte, wagt die FDP-Fraktion jetzt einen neuen Anlauf. 

Dabei plädieren die Liberalen für die Einführung einer kostenpflichtigen Parksanduhr. Dem Ganzen räumen sie durchaus eine Chance ein. Im Verkauf würde die Uhr nur wenige Euro kosten. Die Kommune hingegen könnte dadurch Einnahmen erzielen und einen Teil der ausfallenden Parkgebühren kompensieren. Richtig gestaltet sieht die FDP darüber hinaus in dem Parkutensil ein geeignetes Mittel, um für das über tausendjährige Bautzen die Werbetrommel zu rühren. Denn nicht nur Einheimische werden nach Ansicht der Partei zugreifen.

„Im vergangenen Jahr haben wir lediglich eine Grundsatzentscheidung darüber getroffen, ob gebührenfreies Kurzzeitparken an Parkscheinautomaten eingeführt werden soll. Die Parksanduhr ist vollkommen unabhängig davon zu betrachten“, begründet Fraktionschef Mike Hauschild die jüngste Initiative. Er hatte zuvor recherchiert, wie das anderenorts praktiziert wird. Dabei stieß der FDP-Mann unter anderem auf die Stadt Cloppenburg. Diese macht laut eigenen Angaben inzwischen gute Erfahrungen mit dem Parkinstrument. „Da in der Straßenverkehrsordnung nichts in Bezug auf eine Parksanduhr erwähnt wird, fanden auch wir es fraglich, ob eine Einführung eines solchen Systems rechtens ist“, sagt Stadtsprecherin Benita Meyer, die jedoch im nächsten Atemzug hinzufügt: „Da es den Kommunen grundsätzlich selbst überlassen ist, ob sie überhaupt Parkgebühren verlangen, haben wir für uns beschlossen, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern die ersten 15 Minuten mit Hilfe der Sanduhr schenken.“ 

Der erste Bürgermeister der Stadt Volkach, Peter Kornell, erklärt, wie seine Kommune am Ende den Bogen rausgekriegt hat, um Autofahrern diesen Service zu ermöglichen: „Rechtlich ist das ein schwieriges Gelände“, räumt auch er zunächst ein. „Die Straßenverkehrsordnung sieht eine Parksanduhr nicht vor. Jedoch argumentieren wir Kritikern gegenüber mit der in der Straßenverkehrsordnung (StVO) verankerten Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung. Diese hat die Stadt Volkach als zuständige Straßenverkehrsbehörde erteilt, um Parksanduhren nutzen zu können.“ Damit entkräften beide Ausführungen des Bautzener Rathauses, das bislang auf die Einhaltung von Paragraf 13 der StVO pochte und somit einer Argumentation des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr folgte. 

Für die Verwaltung in Cloppenburg liegen indes die Vorteile auf der Hand: „Wir müssen weniger Strafzettel ausstellen. Außerdem brauchen nicht für jedes kurzweilige Parken Scheine auf Thermopapier gedruckt zu werden. Autofahrer können zudem direkt ihre Besorgungen erledigen.“ Und weiter: „Die Einführung des kostenlosen Kurzzeitparkens wurde in Cloppenburg zeitgleich mit einer notwendigen Erhöhung der allgemeinen Parkgebühr umgesetzt. Aus diesem Grund ergeben sich keine Einbußen für die Stadt.“ Ganz im Gegenteil: Für sie springt inzwischen sogar ein kleiner Gewinn heraus. In der niedersächsischen Kreisstadt sind die Parksanduhren so begehrt, dass das Rathaus bereits 5.000 Exemplare an den Mann beziehungsweise die Frau bringen konnte. Bei einem Verkaufspreis von drei Euro ergeben sich aktuell Einnahmen in Höhe von 15.000 Euro. Davon sind jedoch die Anschaffungskosten abzuziehen, zu denen die Sprecherin zunächst keine Angaben machen konnte. Den Kollegen in Bautzen wünscht sie, „dass sie sich trauen, ein solches Parksystem ebenfalls einzuführen“. Auch in Volkach zeige die Praxis, dass es funktioniert. Peter Kornell: „Das war eine gemeinsame Marketingaktion der Stadt und unseres Gewerbeverbandes. Von den rund 5.000 beschafften Parksanduhren ließen sich bereits um die 3.500 an die Frau und den Mann bringen.“ 

Dass dieses Entgegenkommen der Behörden durchaus selbst an der Spree zu einer Verbesserung des Stadtimages beitragen kann, hatte die Bautzener Rathausmannschaft bereits frühzeitig erkannt. Jedoch führte die Verwaltung bislang mehrere Punkte auf, die aus ihrer Sicht zumindest gegen die Etablierung einer Brötchentaste sprachen. Da seien zum einen die 118.000 Euro, die pro Jahr weniger im Stadtetat zur Verfügung stünden. Darüber hinaus werde ein erhöhter Parksuchverkehr im Zentrum ausgelöst. 

Ein solcher ist in Cloppenburg nicht zu beobachten gewesen, hält Benita Meyer dagegen. „Die Einführung des kostenlosen Kurzzeitparkens hat keinen Einfluss darauf, ob mehr oder weniger Autos in die Innenstadt kommen.“ Gleichzeitig stellte sie klar: „In einer Stadt wie Cloppenburg, die von einem starken ländlichen Umfeld geprägt ist und wenige öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung hat, sind ohnehin viele Autos zu finden.“ Kurzum: Man sollte sich weniger Gedanken über die Vor- und Nachteile der Sanduhr machen, da es im Großen und Ganzen nur darum geht, den Bürgern etwas Gutes zu tun, indem sie die ersten 15 Minuten Parken geschenkt bekommen. Peter Kornell fügt hinzu: „Wenn das Kurzzeitparken ein echtes kommunales Problem ist – warum nicht mal ausprobieren? Zeitlich das Ganze begrenzen – man lernt immer etwas bei solchen Aktionen.“

Dem können die Bautzener Liberalen nur beipflichten. Inzwischen betrachten sie einen Verkehrsversuch für angemessen – ähnlich dem des Radfahrens auf der Reichenstraße und auf dem Hauptmarkt im vergangenen Jahr. „Wir haben bezogen auf die Idee eines kostenfreien Kurzzeitparkens viele positive Rückmeldungen aus der Händlerschaft erhalten“, erinnert sich Mike Hauschild. Die Stadtverwaltung hingegen behauptete immer wieder, dass „selbst der Handel nicht, wie man zunächst meinen sollte, uneingeschränkt für das kostenlose Kurzzeitparken ist“. Einen konkreten Beweis dafür bleibt sie bis heute schuldig, wie folgende Wortmeldung aus dem Rathaus zeigt: „Die zitierte Aussage ist allgemein gehalten und bezieht sich nicht auf konkrete Meinungsäußerungen von Bautzener Händlern. Sie entstammt einer verkehrsplanerischen Abhandlung. Die genaue Quelle kann derzeit mit vertretbarem Aufwand nicht rekonstruiert werden.“ Sollten sich die Stadträte im Frühjahr 2018 tatsächlich auch davon in ihrer Entscheidungsfindung leiten lassen haben, bedarf es nunmehr eines Umdenkens in den Reihen der Bürgervertreter, sind sich die Freidemokraten sicher. Gleichzeitig erinnern sie an ein Wahlversprechen von Oberbürgermeister Ahrens. Er hatte sich 2015 zum Ziel gesetzt, gebührenfreies Kurzzeitparken in Bautzen einzuführen. Allerdings wurden die Pläne vonseiten der Verwaltung wegargumentiert. 

Nach den Kommunalwahlen im Mai könnte das Thema nun erneut auf die Tagesordnung im Stadtrat kommen. Auch die AfD will sich dem offenbar nicht verschließen. „Da wir uns mit der Problematik Kurzzeitparken beziehungsweise Sanduhr in Bautzen noch nicht abschließend beschäftigt haben, sind wir sehr an der Auswertung der schon Sanduhr nutzenden Kommunen interessiert. Danach werden wir uns auch positionieren“, erklärt Fraktionschef Sieghard Albert auf Anfrage. Aktuell existieren in der Innenstadt 624 kostenpflichtige, öffentliche Parkplätze, die keinem Parkhaus zuzuordnen sind. 214 von ihnen dienen gleichzeitig als Bewohnerparkplatz. 2019 und 2020 rechnet die Kämmerei mit Einnahmen in Höhe von jeweils 655.000 Euro. Später als zunächst angenommen sollen nunmehr im kommenden Jahr die über das Stadtgebiet verteilten, alten Parkscheinautomaten gegen moderne Geräte ausgetauscht werden. Damit kommt Bautzen dann auch endlich im neuen Technikzeitalter an – zwar ohne Brötchentaste, dafür aber mit Handy-App-Funktion. Und eventuell ist ja doch die Sanduhr als unabhängig davon zu betrachtendes Parkutensil bald Normalität – selbst am Spreeufer.

Roland Kaiser / 02.11.2019

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Kommentare zum Artikel "Wann ist Bautzen reif für die Parksanduhr?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Ingrid Dusolt schrieb am

    Ich habe bereits im Jahr 2005 erstmals mit über 5.000 Unterstützerunterschriften im Volkacher Stadtrat die Einführung einer kostenlosen Kurzzeitparktaste (Brötchentaste) beantragt. Abgelehnt !

    Danach noch einmal 2008 und 2010 wieder abgelehnt. Erst im Jahr 2013 beschloß der Stadtrat knapp mit 9:7 Stimmen die Einführung. Doch es dauerte und dauerte. Im Jahr 2014 nun habe ich die Parksanduhr bei der Stadt Volkach und dem Gewerbeverband angeregt. Es entfallen dadurch um Umstellungskosten der Parkuhren. Daraufhin wurde die Idee umgesetzt.

    Nach anfänglicher Skepsis ist nun auch der Bürgermeister von der Parksanduhr überzeugt. Es gibt auch mit der Parküberwachung keinerlei Probleme. Was sagt uns das: Nicht aufgeben sondern dranbleiben ! Alles Gute für die Umsetzung !

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