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„Wird die Familie nicht gepflegt, geht alles andere auch ein“

„Wird die Familie nicht gepflegt, geht alles andere auch ein“

Gerd Weise hat als Familienmensch nun mehr Zeit, das neue Haus seiner Familie zu renovieren. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Herr Weise, Sie sind nach zwei Jahren an der Spitze der Görlitzer CDU nicht erneut für das Amt des Vorsitzenden angetreten. Hat dies auch damit zu tun, dass Sie kürzlich im Kampf um den Bau einer 5. Oberschule nicht mit ihren Fraktionskollegen im Stadtrat abgestimmt haben, die auf einmal dem Oberbürgermeister folgten, der vor finanziellen Verpflichtungen kalte Füße bekam?

Gerd Weise: Nein, das hat mit der Oberschule nichts zu tun. Die Auseinandersetzung um die Oberschule war natürlich emotional, weil es um die Zukunft der Kinder geht. Sicher haben wir um die Sache gerungen und unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen ausgetauscht, das ist aber ein Wesenszug der Demokratie und das dürfen wir nicht tabuisieren. Zwischen dem Oberbürgermeister, der die Verantwortung trägt, der Fraktion und mir gab eine völlige Übereinstimmung, dass die Oberschule kommen muss, darum hatte der OB auch keine „kalten Füße“.

Wir waren uns bloß nicht einig, wie wir diese Schule verbindlich im Haushalt verankern. Aber das ist nun geklärt. Ich will Görlitz für unsere Kinder vorbereiten und ausbauen, ich bin nicht für Grabenkämpfe, vielmehr für deren Überwindung – das kostet sehr viel Zeit, die habe ich zurzeit nicht. Ich habe mich nicht zur Wahl gestellt, weil ich überzeugt bin, dass die CDU mit sehr viel Energie die Zukunft gestalten muss, das kann ich im Moment leider nicht leisten, weil ich in viele wichtige Projekte eingebunden bin. Einen halbherzigen Vorsitz wollte ich vermeiden.

Gleichwohl scheint die Görlitzer Union mit Gerd Weise oder Gerd Weise mit der Union etwas zu fremdeln. Verlieren die Konservativen nun auch in Görlitz wie im Bund das Duell mit denen, die einst vielleicht die SPD gewählt hätten?

Gerd Weise: Das hoffe ich natürlich nicht, aber es ist auch nicht meine Wahrnehmung. Die CDU kann es sich nicht leisten, die Konservativen zu verlieren und das will sie auch nicht. Der politische Streit um die Konservativen ist da. Die CDU wird sich besonders in der Oberlausitz um die Konservativen bemühen müssen. Ich bemühe mich, und ich glaube auch nicht, dass der Konservatismus sich hauptsächlich über Abgrenzung definiert. Der Konservatismus hat eine bewahrende Haltung zu dem Natürlichen und Bewährten. Er war, ist und bleibt auch progressiv, darum kann er auch politische Brücken bauen und verantwortungsvoll mit Bündnissen umgehen.

Was heißt das Ganze mit Blick über Görlitz hinaus? Wie viel Taktik ist im Hinblick auf die Bundestagswahl nötig?

Gerd Weise: Die CDU ist eine Volkspartei. Wir stehen für eine gewisse politische Breite, aber auch politische Grenzen, das wird auch abgebildet.

Wir wollen die Wählerinnen und Wähler von unserer Sicht auf die Zukunft überzeugen. Utopien auszurufen oder Koalitions-Taktieren wäre der falsche Weg, weil er schon immer falsch war. Die CDU muss bei den Menschen bleiben, mit ihnen die Zukunft entwickeln und ihren Willen im Parlament umsetzen.

Hand aufs Herz: Was müsste passieren, dass die CDU nicht mehr Ihre Partei wäre?

Gerd Weise: Diese Frage ist in sich falsch. Die CDU hat ein starkes Fundament in der Satzung – das christliche Menschenbild.

Das macht diese Partei auch so einzigartig. Mit dieser Perspektive können wir als Partei unsere Entscheidungen ableiten. Solange wir das und unser Grundgesetz schützen, sehe ich keine Gefahr.

Wir als CDU müssen darauf achten, dass wir eine visionäre Familienpolitik machen. Die Familie ist die wichtigste Kernzelle der Gesellschaft, wird diese nicht gepflegt, geht alles andere mit der Zeit auch ein. Diesen familiären Rahmen mit all den Rechten und Pflichten müssen wir weiterhin bewahren und gestalten.

Was meinen Sie damit?

Gerd Weise: Weil sich aus der Familie alle Bereiche der Gesellschaft entfalten, gleichfalls befrieden und nachhaltig verstetigen, wie Familienbetriebe, Werte, Erziehung, soziale Teilhabe, Empathie, Großzügigkeit, Rücksichtnahme und Toleranz müssen wir sie voranstellen. In den prekären Stadtteilen der Gesellschaft sehen wir, dass die Heilung in und aus den Familien kommen muss.

Till Scholtz-Knobloch / 11.07.2021

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