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Wo das Abwasser berghoch fließt

Wo das Abwasser berghoch fließt

In Deutschbaselitz wird bald das Abwasser aus der gesamten Region rund um Kamenz entsorgt, so auch das aus dem Industriegebiet Straßgräbchen.

Der Abwasserzweckverband investiert mehr als 20 Millionen Euro in die entsprechende Lösung. Diese erscheint auf den ersten Blick widersinnig, ist es aber nicht.

Kamenz/Bernsdorf. Wo gehobelt wird, fallen Späne. Und wo Wasser verbraucht wird, gibt es Abwasser. Dies gilt für Privathaushalte ebenso wie für Industrieunternehmen. Insofern kann der Anfall von Abwasser in einem Industriegebiet als Maßstab für den Erfolg der dort ansässigen Unternehmen gelten. Beispiel Straßgräbchen: Die dortige Kläranlage reicht nicht mehr aus, um die Abwässer der Stematec Umformtechnik UG und der TD Deutsche Klimakompressor GmbH zu entsorgen. Zwar hatte TDDK im Zuge der Corona-Krise vorübergehend die Produktion eingestellt (der Oberlausitzer Kurier berichtete); allerdings ändert sich dadurch nichts an den langfristigen Plänen des Unternehmens zur weiteren Vergrößerung. Und außerdem soll laut geltendem Bebauungsplan der Stadt Bernsdorf das Industrie- und Gewerbegebiet Straßgräbchen um weitere 13 Hektar erweitert werden. 

Zehn Jahre lang Varianten geprüft

Doch wohin mit dem ganzen Abwasser? Die Antwort des Abwasserzweckverbandes (AZV) Obere Schwarze Elster, der auch im Bereich Bernsdorf/Straßgräbchen für die Entsorgung zuständig ist, lautet: Nach Kamenz! Im Stadtteil Deutschbaselitz steht nämlich eine moderne Kläranlage, an die „seit 1993 kontinuierlich die Städte und Gemeinden des Zweckverbandes angeschlossen werden“, wie Torsten Pfuhl berichtet. Er ist Geschäftsführer der ewag Kamenz GmbH, die die Geschäfte für den AZV besorgt. In den vergangenen Jahren betraf dies unter anderem Nebelschütz und Elstra, wo die bestehenden Kläranlagen in diesem Zuge geschlossen wurden. Stolze 27 000 „Einwohnerwerte“ beträgt die derzeitige Kapazität der Anlage vor den Toren der Lessingstadt – diese Kennziffer dient dazu, auch die Abwassermengen von Unternehmen und Institutionen vergleichbar zu machen.
Wer sich mit der Topographie der Oberlausitz auskennt weiß allerdings, dass die Geländehöhe fast überall von Nord nach Süd ansteigt. Das bedeutet: Während das Wasser von Elstra und Nebelschütz nach Deutschbaselitz quasi „hinunterläuft“, muss es von Straßgräbchen (148 Meter über NN) aus einen Höhenanstieg von vier Metern (auf 152 Meter über NN) bewältigen. Das erscheint zunächst widersinnig, ist es aber nicht, denn: „Der Entscheidung gingen mehr als zehn Jahre der Prüfung der unterschiedlichen Entsorgungsvarianten voraus“, wie Torsten Pfuhl versichert. Und weiter: „Zunächst wurde geprüft, die bestehende, kleine und sehr alte Kläranlage in Straßgräbchen zu sanieren. Im Ergebnis musste festgestellt werden, dass diese Variante sehr teuer und nicht zukunftsfähig ist, da die Sanierung dieser Anlage nur für das häusliche Abwasser der Einwohner dieses Ortsteils möglich ist, nicht aber für die geplanten Industrie- und Gewerbeflächen in dem Gebiet.“ Im Ergebnis dieser Untersuchung soll die Anlage stillgelegt werden. Auch die Überleitung nach Bernsdorf wurde geprüft, jedoch: „Auch hier musste festgestellt werden, dass eine zukunftsfähige Lösung für die Abwasserentsorgung nicht geschaffen werden kann. Eine Überleitung des Abwassers von Straßgräbchen nach Bernsdorf hätte möglicherweise Umwelt schädigende Einflüsse auf die bestehende Vorflut der Kläranlage Bernsdorf.“ Dies habe man nicht riskieren wollen. 

Freistaat trägt den Löwenanteil

Blieb also der Weg nach Deutschbaselitz – entsprechend aufwändig ist das Projekt: „Die Überleitung erfolgt über zwei Schmutzwasserdruckleitungen und ein Schmutzwasserpumpwerk am Kamenzer Ochsenberg, wodurch auch die im Norden der Stadt Kamenz bestehenden und geplanten Gewerbe- und Industriegebiete angebunden werden können“, wie Torsten Pfuhl betont. Die aus zwei Rohren bestehende Druckleitung hat eine Länge von etwas mehr als zehn Kilometern. Die Kläranlage selbst muss von den derzeitigen 27 000 auf 41 000 Einwohnerwerte vergrößert werden. Die Kosten für die Gesamtmaßnahme belaufen sich auf circa 20,5 Millionen Euro, wovon der AZV Obere Schwarze Elster 3,8 Millionen Euro aus Eigenmitteln aufbringen muss. Die „restlichen“ 16,7 Millionen Euro gibt es vom Freistaat Sachsen in Form von Fördermitteln. Angesichts dieser Förderung sind die Eigenmittel laut Torsten Pfuhl nicht höher, als wenn man „nur“ die Anlage in Straßgräbchen saniert hätte. 
Ministerpräsident Michael Kretschmer hätte den entsprechenden Bescheid gern persönlich überbracht, jedoch: „Aufgrund der derzeitigen Situation ist das leider nicht möglich“, wie er dem Verband im Vorfeld des geplanten Termins ausrichten ließ. Und weiter: „Dass wir die Abwasserentsorgung verbessern, hat auch mit dem Erfolg der Region zu tun. Die Unternehmen in den Gewerbe- und Industriegebieten nehmen eine positive wirtschaftliche Entwicklung.“ Der Freistaat und die Kommunen unterstützten dies durch Investitionen in die Infrastruktur. Bis 2023 soll das Gesamtvorhaben laut Torsten Pfuhl abgeschlossen sein.

Uwe Menschner / 01.07.2020

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