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Kamenzer Friseurin beklagt: „Kleine 
Geschäfte werden ungerecht behandelt“

Kamenzer Friseurin beklagt: „Kleine 
Geschäfte werden ungerecht behandelt“

Silvia Tanner-Balzer hat Vorkehrungen getroffen, um das Risiko einer Ansteckung beim Frisieren zu minimieren – auch wenn diese auf dem Foto überspitzt dargestellt sind. Foto: privat

Kamenz. Silvia Tanner-Balzer führt seit neun Jahren einen kleinen Friseursalon im Ortsteil Brauna. Sie ist eine von unzähligen Selbstständigen, die im Zuge des Corona-Lockdowns ihre Geschäfte schließen mussten und seit Wochen keine Einnahmen erzielen. Die Friseurin hat einen Brief an den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer geschrieben, in dem sie auf die von ihr als ungerecht empfundene Behandlung der „kleinen“ Einzelhändler und Gewerbetreibenden im Vergleich zu den großen Lebensmittelhandelsketten Bezug nimmt.

„Ich sehe in den großen Discountern eine größere Ansteckungsgefahr als in kleinen Geschäften“, schreibt Silvia Tanner-Balzer an den Ministerpräsidenten und begründet dies wie folgt: „Die Kunden stehen nah aufeinander gedrängt und das nicht nur im Kassenbereich! Die Pflicht der Desinfektion oder des Tragens einer Maske wird nicht überwacht. Es gibt keine Sicherheitsbeauftragten, die den Mitarbeitern dabei zur Seite stehen.“ Die kleinen Ladenbetreiber in Kamenz hingegen hätten vorgemacht, wie es besser gehen kann: „Sie reagierten sofort mit dem Hinweis an der Ladentür, dass nur eine Person eintreten dürfe. Meiner Meinung nach ein besseres Konzept, als sich abstandslos in Scharen im Discounter zu tummeln.“

Dennoch mussten die kleinen Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäfte schließen, während die großen Märkte geöffnet bleiben dürfen. Dabei ist sich Silvia Tanner-Balzer der verschärften Situation in den sächsischen Krankenhäusern und den damit verbundenen Belastungen für das Personal durchaus bewusst: „Mein großes Mitgefühl gilt auch allen Angehörigen die durch die Pandemie Familienmitglieder oder Freunde verloren haben.“ Dennoch wünscht sie sich nach der Verlängerung des Lockdowns eine Perspektive: „Die Coronakrise und der damit verbundene Lockdown bringt Einzelunternehmer und deren Familien in eine finanzielle Notsituation ohne sichtbaren Ausweg.“ Und es wisse niemand, ob nach dem 14. Februar tatsächlich wieder geöffnet werden kann oder ob der Lockdown in eine weitere Runde geht.

Deshalb schreibt Silvia Tanner-Balzer an den Ministerpräsidenten: „Ich bitte Sie um eine Wiederaufnahme meiner Tätigkeit. Ich kann nachempfinden, dass es für Sie durchaus schwierig ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Bitte bedenken Sie dabei wie es wäre, wenn sie ihr Gehalt von heute auf morgen nicht mehr gezahlt bekommen würden und es aus keiner Quelle eine finanzielle Unterstützung gäbe.“ Es müsse doch möglich sein, dass Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäfte – wie Friseursalons – mit kleinen Ladenflächen unter Einhaltung der erforderlichen Hygienemaßnahmen öffnen dürfen.

Gegenüber dem Oberlausitzer Kurier erklärte Silvia Tanner-Balzer: „Es geht mir nicht nur um meine persönliche Situation, sondern darum, die gegenwärtig praktizierten Ungerechtigkeiten aufzuzeigen.“ Auch in der Stadtratsfraktion Stadt-Land-Frau, der sie als Mitglied angehört, hat sie mit ihren Mitstreiterinnen intensiv über den Brief diskutiert und viel Zuspruch erfahren.

Uwe Menschner / 31.01.2021

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Kommentare zum Artikel "Kamenzer Friseurin beklagt: „Kleine 
Geschäfte werden ungerecht behandelt“"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Fritz schrieb am

    Ein Frisur ist eben kein Profifussballer ?

  2. Dieter Henners schrieb am

    Den Verruf ihrer Maßnahmen hat sich die Regierung selber eingebrockt mit dieser schwer erklärbaren Mentalität, mangels genauer Kenntnisse über die Übertragungswege die Verordnungen nach dem Prinzip Schrotflinte zu erlassen. Gerade in großen Geschäften werden Abstand und Maskenpflicht schludrig eingehalten und so gut wie gar nicht kontrolliert, gerade in kleinen Geschäften wären sowohl Einhaltung als auch die Nachverfolgung problemlos umsetzbar. Beispiel Friseur: Termin eintragen, Daten 14 Tage vorhalten, Hygienekonzept - ist doch alles problemlos möglich. Aber nein, Kleinbetriebe zu, die große Wirtschaft möglichst am Laufen halten und den Elefanten im Raum, das Festhalten an der Präsenzarbeit, tunlichst gar nicht erwähnen. Und dann sich verwundern, warum die Bevölkerung allmählich sauer wird. Wie wäre es denn mit einem ganz neuen Ansatz: Schließen der Läden, die das Hygienekonzept nachweislich nicht einhalten, entsprechend gründliche Kontrolle auf Einhaltung, und wer die Gesundheitsmaßnahmen erfüllt, darf wieder öffnen. Aber darum geht es ja nicht, es geht um den Erhalt der Wertschöpfung am Standort Deutschland.

  3. Cornelia schrieb am

    Ich kann die Frisörin aus Brauna sehr gut verstehen, ich stehe selber als selbständige Kosmetikerin seitgenau 6 (!) Monaten, März 2020 -Mai 2020 und November 2020 - Januar 2021 ohne einen verdienten Cent da!

    Die anfängliche Soforthilfe habe ich freiwillig bis auf 360€ zurückgezahlt, da sie nur für Betriebskosten, die bei mir sehr gering sind, verwendet werden durften! Ich konnte meinen Lebenaunterhalt vorher selbst finanzieren, jetzt bin ich auf die Unterstützung meines Mannes angewiesen, eine für mich unerträgliche, belastende Situation! Nie hätte ich mir sowas nach 22 Jahren Selbständigkeit träumen lassen, dass einen einfach das Arbeiten verboten wird!

    Das mit den Supermärkten kann ich nur bestätigen! Da rennen zu Viele herum, die Maske unter der Nase, keiner kontrolliert das! Eine Angestellte sagte mir, die Leute laufen an der Info am Eingang mit Maske vorbei und ziehen sie kurz danach runter. Das Ordnungsamt lässt sich nicht blicken.

  4. Marco schrieb am

    Es iat eine Farce, wie unter dem Dekmantel der Pandemiebekämpfung die Demokratie ausgehebelt und Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden. Einzig die Parlamente in Bund und Ländern hätten die Befugnis, solch einschneidende Entscheidungen zu treffen. Aufgabe der Regierenden wäre es, diese Entscheidungen umzusetzen und endlich die Soforthilfen auf den Weg zu bringen.
    Meine Solidarität für Frau Tanner-Balzer und Alle betroffenen.

  5. Ella schrieb am

    Ganz meine Meinung.

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