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Mitarbeiterengpass 
im Görlitzer Tierpark

Mitarbeiterengpass 
im Görlitzer Tierpark

Rund 30 Beschäftigte gibt es im Görlitzer Tierpark, sie längerfristig zu halten wird immer schwieriger. Grund dafür ist das niedrige Lohnniveau. Foto: Archiv/fum

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Die Backen aufblasen hilft nicht! Wie dieses Murmeltier seine Nahrung muss auch der Görlitzer Tierpark fleißig Geld einsammeln, um dauerhaft bestehen zu können. Foto: Tierpark Görlitz/CatrinHammer

Weggeschickt werden musste noch kein Besucher. Und auch die Tiere bekommen regelmäßig ihr Futter. Doch der Mitarbeiterbestand im Görlitzer Tierpark ist „auf Kante genäht“, bestätigt Direktor Dr. Sven Hammer. Der Grund: Als nichtkommunale Einrichtung können nur sehr begrenzte Löhne gezahlt werden. Gut ausgebildete Fachleute sind fast nicht zu kriegen.

Görlitz. Wer bei dem sonnigen Wetter der vergangenen Wochen einen Spaziergang durch den Görlitzer Tierpark machte, hat sicherlich nichts davon gemerkt. Im Gegenteil: Die gefiederten und pelzigen Bewohner tummelten sich in ihren Anlagen wie immer. Und wer Fragen hatte, der bekam sie von den im Park arbeitenden Tierpflegern auch beantwortet. Doch der Schein trügt. Für die Einrichtung an der Zittauer Straße ist es schon seit geraumer Zeit ein Kraftakt, den täglichen Betrieb zu stemmen. Der Grund: ausgeprägter Fachkräftemangel! „Voll ausgebildete Tierpfleger sind kaum zu bekommen“, klagt der Direktor. Auch die jedes Jahr selbst ausgebildeten jungen Leute hält es nicht lange in Görlitz. Sven Hammer kennt natürlich auch den Grund: „Der Lohn, den wir zahlen können, ist einfach zu niedrig. In der Region ist der Markt an Fachkräften in unserer Branche leer gefegt. Und aus weiter westlich gelegenen Gebieten holst du mit 1.600 Euro brutto keinen hinter dem Ofen hervor. Die langfristige Sicherung des Tierparkbetriebs ist unter diesen Vorzeichen eine echte Herausforderung.“
Hammer muss mehr als 30 Mitarbeiter bezahlen, die genaue Zahl schwankt je nach Jahreszeit und Bedarf. 45 Prozent des Finanzbedarfs nimmt der Tierpark durch Eintrittsgelder ein. Bei jährlich rund 145.000 Besuchern ist das ein ganz erkleckliches Sümmchen, das aber bei Weitem nicht zur Ausgabendeckung reicht. Deshalb kommen die restlichen 55 Prozent aus den Töpfen des Kulturraumes und der Stadt Görlitz. Die Kommune hat erst jüngst eine Aufstockung ihres Anteils um 50.000 Euro  für 2017 zugesichert. Wie es nächstes Jahr weitergeht, ist ungeklärt. „Wenn ich diese Summe durch zwölf Monate und 30 Mitarbeiter teile, kann sich jeder ausrechnen, dass da bei jedem nicht viel hängen bleibt“, weiß Hammer. Etwa die Hälfte seiner Leute liegt im Mindestlohnbereich. Je mehr der steigt, je schwieriger wird es, die gesetzlich garantierten Gelder aufzutreiben.

Der Direktor will deshalb verstärkt auf die Kommune zugehen, aber auch dringend Gespräche mit dem Kulturraum führen, um die Finanzausstattung des Tierparks zu verbessern. Und: Ab nächstem Jahr dürften sich die Eintrittspreise erhöhen. Vor allem Familienjahreskarten für zwei Erwachsene und bis zu zwei Kindern hat Sven Hammer im Visier. „Das ist die Zielgruppe, deren Nachfrage am stärksten ist und bei der wir den Absatz innerhalb von vier Jahren von 400 auf aktuell 1.800 Stück steigern konnten. Knapp 50 Euro für ein ganzes Jahr ist ein Preis, der auf Dauer nicht so bleiben kann.“ Auch bei den anderen Preiskategorien müsse man überlegen. „Immerhin bieten wir als Tierpark ein hochwertiges Produkt an. Zwei Stunden Kino kosten jetzt doppelt so viel wie drei oder vier Stunden bei uns. Das können wir perspektivisch nicht so lassen.“ Der Tierpark, so Hammer, erfülle einen Volksbildungsauftrag in Sachen Natur- und Artenschutz. Außerdem habe man die große Verpflichtung, die hier gehaltenen Tiere fachgerecht zu betreuen. Insgesamt leiste man einen erheblichen Beitrag für die Lebensqualität der Menschen in der Stadt und im Umland. „Es liegt nun an der Gesellschaft, für wie wertvoll unsere multikulturelle Einrichtung eingeschätzt wird.“

Kommunal geführte Zoos und Tierparks kennen das Görlitzer Problem in dieser Schärfe nicht. Deren Mitarbeiter werden nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst bezahlt, der aktuell etwa 25 Prozent über dem in der Neißestadt üblichen Lohnniveau liegt. „Außerdem ist Sponsoring in unserer Region nicht so sehr ausgeprägt, es könnte aber auch nicht zur nachhaltigen Sicherung der Gehälter beitragen. Das müssen wir auf andere Weise in den Griff bekommen“, stellt Hammer klar.

Vor allem in der Hochsaison im Sommer und an den Wochenenden, an denen zwei Drittel der jährlich in die Einrichtung strömenden Besucher in den Tierpark kommen, wird es mit der Besetzung der Dienste eng. Immerhin sind 15 Mitarbeiter nötig, um den Betrieb am Samstag und Sonntag abzudecken. „Eigentlich müssten es 20 sein, aber das kann ich niemandem zumuten“, beschreibt Hammer die prekäre Situation. Belastend sei dies vor allem wegen der limitierten Urlaubsmöglichkeiten seiner Beschäftigten von Juni bis September. „Da ist es bei uns einfach schwierig, frei zu machen. Hätten wir mehr Geld zur Verfügung, könnten wir mehr Fachkräfte einstellen, die dann vielleicht länger bleiben würden – damit würde sich auch die Urlaubssituation entspannen.“

Übrigens ist mit den Zuweisungen von Stadt und Kulturraum noch kein neues Gehege errichtet, kein Umbau realisiert und auch sonst nichts aufgepeppt. „Neue Anlagen werden bei uns mit Spenden, Sponsorgeldern und Fördermitteln errichtet. Außerdem behalten wir uns dafür 50 Cent jedes Eintritts ein“, erläutert der Tierparkchef.

Frank-Uwe Michel / 11.09.2017

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