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Schnittstelle auf der Flucht

Schnittstelle auf der Flucht

Diese Aufnahme entstand kurz nach Ankunft eines Nachtzuges, der neue Flüchtlinge aus Breslau in die alte Sporthalle der Turów-Basketballer brachte. Foto: Chris Nüstedt

Görlitz. Am Montag informierten Landrat Bernd Lange und Oberbürgermeister Octavian Ursu und sein polnischer Amtskollege, Rafal Gronicz, über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Europastadt Görlitz.

In der Sporthalle des Berufsschulzentrums Christoph-Lüders ist eine eine Unterbringungsmöglichkeit zur Erstversorgung bis zur Weiterfahrt in die Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates Sachsen geschaffen worden. „Aufgrund der dynamischen Lage“ beiderseits der Neiße“, so die Kreisverwaltung, sei eine enge Abstimmung mit dem polnischen Powiat Zgorzelecki (Kreis Görlitz) erfolgt. In Zusammenarbeit mit der deutschen Stadtverwaltung, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Technischen Hilfswerk (THW) sowie etwa 40 Ehrenamtlichen war innerhalb von sechs Stunden die Sporthalle als Notunterkunft in Betrieb genommen worden.

Beiderseits der Neiße können in Görlitz damit bis zu 650 Menschen vorübergehend aufgenommen und versorgt werden. Auf polnischer Seite fällt das ganz im Angesicht der Nachbarschaft zur Ukraine derzeit größer aus. Am 12. März wurden bestellte Klappbetten und Decken für das bereits dritte Erstaufnahmelager auf polnischer Seite der Stadt in der Turnhalle in der ul. Maratonska angeliefert. In der Berufsschule an der ul. Powstancow Slaskich und am Lyzeum in der ul. Francuska waren schon zuvor Erstaufnahmeeinrichtungen eingerichtet worden. Bürgermeister Rafal Gonicz will damit auch auf die Verlagerung von Flüchtlingen von Breslau an die Neiße vorbereiten, die für viele nur ein Zwischenstopp auf ihrem Weg nach Deutschland ist. Schon ohne den kriegsbedingten Zuwachs an Ukrainern, hatte die schlesische Metropole ohne Dunkelziffer bereits ein Zehntel ukrainische Bewohner. Rafal Gronicz sagt: „Wir schätzen, dass sich zurzeit etwa 200 bis 300 Flüchtlinge bei uns aufhalten. Mehr als 100 werden durch die Stadt betreut, die anderen sind in privaten Haushalten untergebracht.“
Die Landesdirektion Sachsen setzt für die Weiterleitung ukrainische Flüchtlinge von der deutsch-polnischen Grenze bei Görlitz Sonderzüge der Länderbahn ein. Ziel ist es, den Landkreis und die Stadt Görlitz bei der Unterbringung und Weiterleitung von Flüchtlingen zu entlasten. Zugleich soll den Flüchtlingen die Möglichkeit gegeben werden, die Unterkünfte der Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates in Leipzig direkt zu erreichen. Diese Unterkünfte – Mockau II und III sowie Messe Leipzig – stehen für jene Flüchtlinge bereit, die keine private oder kommunale Unterkunftsmöglichkeit haben.Der erste Zug mit rund 300 Flüchtlingen fuhr am Dienstag von Görlitz zum Bahnhof Leipzig Messe. Ein zweiter folgte am Mittwoch, der Zwischenstopps in Dresden und Leipzig Hbf einlegt, damit Flüchtlinge, die nicht die Erstaufnahmeeinrichtung anstrebten, selbstständig zu ihren Zielen weiterreisen konnten.

Landrat Bernd Lange erklärte aus der Sicht am westlichen Ufer der Neiße: „Ich bin überwältigt von der Solidarität der Menschen und es freut mich außerordentlich, einmal mehr zu erleben, dass unsere Gesellschaft in schweren Zeiten zusammensteht.“ Nach Schätzungen des Freistaates wird mit 5.000 Vertriebenen pro Landkreis in Sachsen gerechnet. Bis zum Montag waren bereits 600 Menschen durch die Ausländerbehörde des Landkreises Görlitz registriert. „Der Bedarf an möbliertem Wohnraum besteht weiterhin. Angebote können über das Portal https://ukraine-goerlitz.de gemeldet werden“, betont Kreispressesprecherin Julia Bjar.

In einer Radiosendung bei Radio Wroclaw betonte der Moderator am Dienstag sarkastisch, die Deutschen seien heute mit Zahlen überfordert, die dem Umfang von fast zwei Millionen ukrainischer Flüchtlinge, die in Polen untergebracht werden, deutlich nachstehen.

Derweil wurde die Internet-Spendenaktion auf der GörlitzCrowd aufgrund hoher Spendenbereitschaft bis 28. März, 20.00 Uhr, verlängert. Bereits über 23.000 Euro wurden so für Hilfsgüter und Startpakete für Ukraineflüchtlinge gesammelt. Das gute Ergebnis ist jedoch nur 151 Spendern allein zu verdanken.

Till Scholtz-Knobloch / 22.03.2022

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