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Schöner Duschen auf dem Kamenzer Hutberg

Schöner Duschen auf dem Kamenzer Hutberg

Kerstin Boden hat es geschafft: Durch ihre Aktion ist ausreichend Geld für den Einbau zeitgemäßer Sanitäranlagen in der Pilgerherberge auf dem Hutberg zusammen gekommen.

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So präsentierte sich der Hutbergturm zur spektakulären Verhüllungsaktion im August 2021. Foto: Archiv

Am Anfang belächelt, am Ende erfolgreich: Eine unglaubliche Spendenaktion zugunsten der Kamenzer Pilgerherberge hat das selbst gestellte Ziel erreicht. 

Kamenz. Es sind die einfachen Dinge, die oftmals die größte Freude auslösen. Zum Beispiel eine Dusche. „Als Pilger weiß man, was es bedeutet, wenn man sich nach einem anstrengenden Marsch abends den Staub und Schweiß des Tages vom Leibe spülen kann“, erklärt Kerstin Boden. Die Kamenzerin hat auf ihren Touren alle möglichen Arten von Herbergen kennengelernt: Solche mit modernen, solche mit einfachen aber doch hygienisch akzeptablen Sanitäreinrichtungen und solche mit kaltem Wasser und Plumpsklosetts.

Zu letzterer Kategorie zählte bis vor Kurzem auch die Pilgerunterkunft auf dem Kamenzer Hutberg. „Dieser Zustand war einfach nicht mehr tragbar“, erklärt Kerstin Boden, die seit vielen Jahren auf den Pilgerpfaden Europas ihr zweites Zuhause hat und selbst eine private Herberge betreibt. Sie stellte sich die Aufgabe, für Abhilfe zu sorgen. Die große Frage lautete jedoch: Wie? Die Idee, die Kerstin Boden daraufhin entwickelte, sorgte im vergangenen Jahr für Aufmerksamkeit weit über die Stadtgrenzen hinaus. Zu Hilfe kam ihr dabei das im Jahre 2025 bevorstehende 800-jährige Kamenzer Stadtjubiläum. Noch bevor Oberbürgermeister (OB) Roland Dantz mit seinem Ideenaufruf für das Feierjahr an die Öffentlichkeit ging, war sie bei ihm vorstellig geworden und hatte ihm ihre Idee unterbreitet. „Ich war erst einmal baff“, bekennt der OB aus heutiger Sicht. Und das will bei ihm schon etwas heißen. Schlug doch die begeisterte Kamenzer Pilgerin nicht weniger vor, als das Wahrzeichen der Stadt Kamenz – den Hutbergturm – mit Strickbahnen zu verhüllen. „Ich konnte mir am Anfang nicht so richtig vorstellen, wie das funktionieren soll“, meint Roland Dantz in der Rückschau. Auch die Frage, „ob es denn in der Pilgerherberge wirklich ein Vier-Sterne-Standard sein muss“, stellte er sich und Kerstin Boden. Dass es darum gar nicht geht, machte diese ihm sehr schnell klar: „Nein, es geht nicht um Sterneluxus. Es geht einfach darum, den Pilgern auf einer der bedeutendsten europäischen Routen – der Via Regia – ordentliche und zeitgemäße Bedingungen zu bieten.“

Die Frage, ob das Vorhaben gelingen kann, musste zunächst unbeantwortet bleiben. Zu viele Unwägbarkeiten konnten es scheitern lassen: Finden sich genügend „Mitstrickende“, um die vier Riesenschals für den Hutbergturm tatsächlich fertigzustellen? Brächte die damit verbundene Crowdfunding-Aktion genügend Ertrag, um den Einbau der modernen Sanitäreinrichtung zu finanzieren? 15.000 Euro, so viel kostete die Maßnahme letztendlich, wollen erst einmal gespendet sein. Und dann gab es ja auch noch Corona, das schon ganz andere Pläne zum Platzen gebracht hatte. Nicht aber diesen – davon konnte sich, wer wollte, am vergangenen Freitag mit eigenen Augen (und mit eigener Nase) überzeugen. In der Pilgerherberge gibt es jetzt einen modernen Sanitärraum, das Plumpsklo ist Vergangenheit. „Wir freuen uns sehr, dass es auf dieser wichtigen Station auf der Via Regia, die bereits 1987 als erster ‚europäischer Kulturweg‘ vom Europarat anerkannt wurde, jetzt ordentliche Bedingungen für die Pilger gibt“, erklärt Monika Gerdes vom „Verein Ökumenischer Pilgerweg entlang der Via Regia“, die selbst eine Herberge in Crostwitz betreibt. Die Kamenzer Herberge steht unter der Betreuung der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Kamenz-Cunnersdorf, der Schlüssel kann ab Ostern unter Vorlage des Pilgerausweises zu den regulären Öffnungszeiten in der Stadtinformation (Klosterkirche) abgeholt werden. 

Auch der anfangs skeptische Oberbürgermeister freut sich heute sehr über das Gelingen der Aktion: „Es handelt sich dabei um ein mustergültiges Beispiel, was bürgerschaftliches Engagement bewirken kann.“ Der Stadtrat hatte sogar Mittel bewilligt, um die Arbeiten zu ermöglichen, falls das Spendenaufkommen nicht ausreicht. Diese wurden jedoch nicht gebraucht. Noch wichtiger ist für Kerstin Boden und ihre vielen Mitstreiterinnen jedoch, dass „die Pilger auf der Via Regia jetzt gern und mit Vorfreude auf dem Hutberg übernachten können.“

Uwe Menschner / 30.03.2022

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