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Bleibt Brötchentaste ein schöner Traum?

Bleibt Brötchentaste ein schöner Traum?

Der Parkautomat am Bautzener Hauptmarkt: 75 Cent kostet die halbe Stunde. Länger dürfen hier Autos nicht abgestellt werden. Auch dieses Gerät soll spätestens 2019 für ein neues Platz machen. Foto: RK

Obwohl sich OB Ahrens (SPD) im Wahlkampf vor zwei Jahren für die Einführung der so genannten Brötchentaste stark gemacht hat, lässt diese weiter auf sich warten. Es fehlt eine klare Richtung.

Bautzen. Die Altstadt bleibt auch in absehbarer Zeit ein teures Pflaster für Autofahrer – und das mit Abstand. So zahlen die Bautzener im Vergleich zu zentrumsnahen Parkplätzen in Görlitz bis zu 33 Prozent mehr für die volle Stunde, um nur ein Beispiel zu nennen. Sogar das Parken im Dresdener Szeneviertel Neustadt, in dem sich ein Lokal und Geschäft ans andere reiht, ist mitunter günstiger. Wer sich zudem nicht an die Spielregeln hält, bekommt es mit Bautzens emsigen Politessen zu tun.

Bautzens Knöllchenpolitik entzweit die Gemüter

Die haben allein im vergangenen Jahr gut 14.500 Knöllchen ausgeteilt. Daraufhin landeten rund 250.000 Euro im Stadtsäckel. 2015 steckten die Stadtbediensteten knapp 12.100 Verwarnungen hinter die Scheibenwischer von Falschparkern. Die Einnahmen beliefen sich damals auf exakt 227.000 Euro. Einen zunächst nicht wieder erlangten Spitzenwert gab es wiederum ein Jahr zuvor. Da kassierte die Kommune etwa 303.000 Euro von sündigen Autofahrern. Inzwischen sehen die Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie die von ihr befragten Unternehmen in Bautzen in der „Unkultur des Abkassierens“ durchaus ein ernstzunehmendes Problem. „Hier sollte unbedingt deutlich mehr Humanität an den Tag gelegt werden“, bringt es IHK-Geschäftsstellenleiterin Jeanette Schneider auf den Punkt. „Bautzen ist aus Sicht unserer Unternehmer die Knöllchenhauptstadt und das ist für den Handel kein verkaufsförderndes Instrument. Gerade bei Nichteinheimischen sollte man mehr Kulanz walten lassen und insgesamt nicht nur darauf warten, dass jemand seine Parkzeit überschreitet.“ Anders als viele Autofahrer findet die Wirtschaftsexpertin jedoch, dass der eigene Wagen nicht in jedem Fall unmittelbar vor dem Laden geparkt werden muss. „Ich denke, Bautzen ist die Stadt der kurzen Wege. Da schafft man es auch bis ins Parkhaus.“ Unter diesem Aspekt stößt bei ihr der Wunsch nach der so genannten Brötchentaste auf wenig Gegenliebe. Jeanette Schneider: „Die Gäste sollen in Bautzen nicht nur Brötchen kaufen, sondern eher ein Einkaufserlebnis haben und sich länger in der Stadt aufhalten. Da können die Händler übrigens selbst einen Beitrag leisten, indem sie zum Beispiel ihren Kunden einen Teil der Parkgebühren erstatten. Das würde sicherlich einen positiven Eindruck vermitteln und mindert die Höhe der Gebühren fürs Parken.“ Genau diese Idee hat ein Einkaufscenter am Lauengraben aufgegriffen und umgesetzt.
 

Noch bis Samstagabend, 18.00 Uhr, wird Besuchern des Kornmarktcenters bei einem bestimmten Einkaufswert die komplette Parkgebühr erstattet. Größere blaue Aufkleber weisen auf die Aktion hin.
Unterdessen gehen Befürworter der Brötchentaste gar so weit zu behaupten, dass sich mit ihr der Handel in der Innenstadt wieder in Schwung bringen lässt. Das Parken würde zweifelsohne an Attraktivität zulegen. Allerdings ist nach jetzigem Stand vor 2019 nicht mit einer Einführung zu rechnen. Das lässt sich aus einer Anfrage des Oberlausitzer Kuriers an die Stadtverwaltung entnehmen. Konkret heißt es darin: „Anzumerken ist, dass die Umstellung der Parkautomaten im Haushalt 2019 eingeplant ist. Dabei handelt es sich um den Ersatz der bestehenden Parkautomaten, der regulär – unabhängig von der Einführung einer Brötchentaste – vorgesehen ist.“ Angebote für eine erste Reihe an neuen Automaten hat sich das Rathaus, wie vom Stadtrat gefordert, zwar bereits eingeholt und während der Juni-Sitzung präsentiert. Demnach belaufen sich die Kosten für den Austausch der Geräte an der Inneren Lauenstraße sowie am Haupt- und Fleischmarkt auf rund 16.000 Euro. „Der Einbau einer Brötchentaste zum Erhalt eines kostenfreien Parkscheins für einen vorgegebenen Zeitraum ist möglich“, wird seitens des Hoch- und Tiefbauamtes der Stadt in der entsprechenden Beschlussvorlage ausgeführt. Allerdings gibt es derzeit kein klares Signal aus der Verwaltung, wann eine zeitnahe Abstimmung im Stadtrat über eine Anschaffung besagter Automaten erfolgen kann, bemängelt Mike Hauschild. Der Bürgervertreter der FDP verwies gleichzeitig auf die Hauptsatzung der Stadt Bautzen. Sie gestatte dem Oberbürgermeister, Anschaffungen in dieser Höhe auch in Eigenregie vorzunehmen.
Die Verwaltung sieht das Ganze etwas anders. Stadtsprecherin Laura Ziegler: „Bei der Vorstellung der Angebote wurde den Stadträten erläutert, welche Konsequenzen es hätte, die vorgestellten Automaten noch im Laufe dieses Jahres zu beschaffen. Dann hätte unter anderem die Parkgebührenordnung geändert werden müssen. Außerdem wäre eine außerplanmäßige investive Ausgabe nötig gewesen.“ Und sie fügte hinzu: „Die Angebote wurden den Stadträten präsentiert, eine Anschaffung haben diese daraufhin aber nicht beschlossen.“
Schon vor zwei Jahren war die Brötchentaste Thema im Wahlkampf um den Oberbürgermeisterposten. Damals hatte sich der jetzige Amtsinhaber Alexander Ahrens für deren Einführung stark gemacht. Allerdings kommt sie nun später als angenommen. OB Ahrens führte im Gespräch mit dem OLK zur Begründung die vor längerer Zeit vom Stadtrat verabschiedete Mittelfristplanung an.

Lukrative Einnahmequelle

Unterdessen gibt es unterschiedliche Auffassungen zu den Parkgebühren. „Deren Höhe kann man durchaus kritisch beurteilen“, meinte Jeanette Schneider. „Ich habe letztens erst zwölf Euro gezahlt, damit ich mein Fahrzeug zwischen 8.00 und 18.00 Uhr in der Innenstadt parken konnte.“ Die Wirtschaft plädiert daher für gemäßigtere Preise an den Parkautomaten. Rathaussprecherin Laura Ziegler muss solchen Wünschen jedoch vorerst eine Absage erteilen: „Aktuell ist keine Änderung angedacht.“ Denn dahinter verbirgt sich eine Strategie. Diese verfolgt in erster Linie ein verkehrsplanerisches Ziel, wie zu erfahren war. „Unser Anliegen ist es, höhere Gebühren zu verlangen als es Parkhäuser tun. Diese sollen dazu beitragen, das Verkehrsaufkommen in der Altstadt zu reduzieren.“
Fakt ist: Allein im vergangenen Jahr nahm das Rathaus rund 665.000 Euro über die im Stadtgebiet verteilten Parkautomaten ein. Die Summe fließt in den kommunalen Haushalt und soll einen Teil der Ausgaben decken. Ähnlich wird mit den von Parksündern entrichteten Verwarngeldern verfahren. Diese lukrativen Einnahmequellen will im Rathaus sicherlich niemand so schnell zum Versiegen bringen.

Roland Kaiser / 25.09.2017

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