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Braucht der Demianiplatz eine Überdachung?

Braucht der Demianiplatz eine Überdachung?

Horst Krisch zeigt bei Schmuddelwetter auf seinem Tablet am Demianiplatz eine Simulation, wie er sich den zentralen Görlitzer Platz überdacht vorstellt. Foto: Till Scholtz-Knobloch

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Auch wenn man es sich filigraner und nicht so giftig grün wünscht – die Projektidee als solche ist verständlich. Grafik: Horst Krisch

Der Demianiplatz ist das unangefochtene Herz von Görlitz. Doch der Umstieg zwischen Bahn und Bussen lässt Wünsche offen – zumindest bei Horst Krisch, der sich mit der Frage beschäftigt hat, wie der Platz gewinnen könnte, wenn Umstiege komplett überdacht und damit trockenen Fußes möglich seien.

Görlitz. Im Mai feiert Horst Krisch aus Görlitz seinen 81. Geburtstag. Aber zum Alten Eisen kann man den Schlossermeister, der einst u.a. bei Patzig und bei PGH Metall in Girbigsdorf tätig war, gewiss nicht rechnen.
Horst Krisch ist bis heute stets am Puls der Zeit geblieben und spielt so z.B. leidenschaftlich gerne am Computer. „Mit einem Simulator schicke ich LKWs quer durch Europa und muss logistische Aufgaben lösen“, berichtet der Rauschwalder. Doch die virtuellen Welten sucht er als praktischer Zeitgenosse nicht allein in der Fremde, sondern beschäftigt sich am PC auch mit seiner Heimatstadt Görlitz. Und da ein handwerklich Begabter wie er stets die Augen aufhält und nach alltagstauglichen Lösungen sucht, finden sich auf seinem Rechner auch 3D-Simulationen der Neißestadt, in denen wiederum der Verkehr eine Rolle spielt. 

Nicht nur dank seiner virtuellen LKW-Reisen weiß Horst Krisch, dass in Deutschlands größeren Stadtzentren zentrale Umsteigepunkte von Bussen und Bahnen oft mehr zu bieten haben als eine spärliche Überdachung für wenige Fahrgäste. Genau das hat ihn angetrieben, einmal zu simulieren, wie der Demianiplatz gerade Älteren mit einer Komplettüberdachung der Umsteigeinsel mehr Service bieten könnte.

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Horst Krisch hat bei seiner Simulation des Demianiplatzes an jedes einzelne Haus gedacht. Grafik: Horst Krisch

„Einerseits geht es um die Gesunderhaltung der Görlitzer Bürger. Andererseits würde auch der Handel in Verbindung mit dem irgendwann wieder öffnenden Kaufhaus davon indirekt profitieren“, ist er sich mit der Begründung sicher: „Wer viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln der Stadt unterwegs ist, hat wohl schon manches Mal auf dem Demianiplatz zum Umsteigen bzw. beim Warten auf Bus oder Straßenbahn ’im Regen’ gestanden.“
Die beiden Wartehäuschen hätten sich gerade in der Corona-Pandemie als zu klein erwiesen. Der Laubengang des Kaufhauses oder irgendwelche Haustüren seien doch keine ernsthaften Optionen, um sich vor dem Wetter zu schützen, wenn es im winzigen Unterstand zu eng wird.

Oder man dort rücksichtlosen Rauchern nicht aus dem Weg gehen kann, könnte man anfügen.
Krisch hat sich den Gedanken schon vor längerem zum Auftrag gemacht und ist mit Notizblock den Demianiplatz abgeschritten, um Häuserproportionen maßstabsgetreu in eine 3D-Landschaft am heimischen PC zu verwandeln. Auch die Häuserfronten stimmen genau, denn Haus für Haus hat er diese für sein Projekt abfotografiert und in den Rechner eingepflegt.

Das Ergebnis verblüfft. Seine Computersimulationen vermitteln einen fast fotografischen Eindruck, wie der Demianiplatz überdacht aussehen könnte. Horst Krisch betont dabei, dass sein Modell nur für die Sache als solche werben soll, letztlich dürfe das Stadtbild nicht unter einer solchen Überdachung leiden. So habe er seine Entwürfe schon Andrea Behr von der Europastadt GmbH vorgestellt, die gleich auf Erfordernisse des Denkmalschutzes verwiesen hätte. Zugegeben: Die für die Simulation gewählte Konstruktion wirkt sperrig und ist in ihrem giftgrünen Äußeren sicher nicht das Modell, mit dem man Verantwortliche der Stadt für die Idee begeistern kann. Aber wer hätte zum Beispiel vor den Olympischen Spielen 1972 in München mit einer bahnbrechenden Zeltdachkonstruktion gerechnet, die erstmals in dieser Größe Konstruktionsformen der Natur aufgriff. Ein Architektenwettbewerb könne überraschende Modelle hervorbringen, ist sich Horst Krisch sicher. „Optisch gesehen könnte eine Überdachung dem Gesamtbild des oberen Demianiplatzes, in Verbindung mit dem Kaufhaus, durchaus sogar gut zu Gesicht stehen, z.B. wenn man an eine verglaste Ausführung mit ’Durchblick’ zum Kaufhaus denkt“, sinniert er.

Bei seinem Modell geht es ihm zunächst erst einmal darum, die Funktionalität unter Beweis zu stellen. „Verkehrstechnisch könnte es so geregelt sein, dass die Stadtbusse, vom Postplatz kommend, vor der Umsteigeinsel einfahren und die aus Richtung Stadttheater auf der Gegenseite. Damit würde dann das Um-, Aus- und Einsteigen immer und bei jedem Wetter unter einem Dach stattfinden“, regt der Rentner an. „Unsere Verkehrsexperten finden da bestimmt eine Lösung für die gemeinsame Nutzung von Bus, Straßenbahn, dem öffentlichen Verkehr und die Fußgänger. Ein neuer Kiosk und eine neue Toiletteneinheit würde auch noch mehr Platz schaffen“, sagt er. Doch hier würde der Denkmalschutz sicher anmahnen, dass der Bau für das Gesamtensemble als Relikt seiner Zeit unverzichtbar ist.

Aber auch für solch nostalgische Betrachtungen gibt es Lösungen – man denke jüngst nur daran, dass die völlig aus der Zeit gefallene manuelle Toranzeige vom 1. FC Union Berlin überraschend präsent im neugestalteten Stadion des Fußballbundesligisten aus Berlin-Oberschöneweide integriert wurde. Doch Horst Krisch sieht sich ohnehin nur als jemand, der eine Idee anstoßen möchte, die am Ende von Bürgern der Stadt wie Touristen ebenso geschätzt würde. Gerade wenn es um die Belebung der Innenstädte gehe, müsse man auch einmal neu denken dürfen.

Dem Niederschlesischen Kurier hat Horst Krisch zig Abbildungen aus allen Positionen im Raum zukommen lassen. Und als sich verdichtete, dass ein Text entsteht, setzte sich Horst Krisch noch einmal an den Rechner. „Ich habe nun noch die Oberleitung eingearbeitet, um ein noch realistischeres Bild zu zeichnen“, begründete der umtriebige Tüftler seinen neuerlichen Eifer für die Idee.

Till Scholtz-Knobloch / 27.03.2021

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Kommentare zum Artikel "Braucht der Demianiplatz eine Überdachung?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. carola schrieb am

    ich denke, der Demi braucht keine Überdachung. wuerde ein komisches Bild ergeben.

  2. Anke Gimpel schrieb am

    Ich finde die Idee dazu sehr interessant und auch unterstützenswert!

    Zitat:"Gerade wenn es um die Belebung der Innenstädte gehe, müsse man auch einmal neu denken dürfen." -Dem stimme ich auch überein.
    Schließlich wurde der Marienplatz auch modern mit Protesten hergerichtet (die Gestaltung ist eher semi gelungen). Da wurde auch wenig auf die Wünsche geachtet ihn wieder so zu gestalten wie er vorher war ca.1900...-sowie der Postplatz seine alte Schönheit wiedererlangt hat) ...

    Über Design kann noch einiges verändert werden aber ansonsten Hut ab für diese Ideen????????????

    Ja die aktuelle Version ist nicht praktisch und schützt nicht unbedingt...vor Rauchern kann man sich als auch mit meinen Kindern auch leider nicht immer schnell fliehen,die ungeniert ihrer Sucht überall frönen.

    Praktisch finde ich die Überdachung und denke,dass sie gebraucht wird und somit einen super Anklang finden werden wird.Auch finde ich die Idee mit den Zebrastreifen toll.

  3. Juhogoe schrieb am

    Wenn ich höre, dass die obere Denkmalbehötde gegen den Abriß der beiden Schrottvillen ist, sollte Prof Stöcker schnellstens der Stadt das Kaufhaus zum Verfall überlassen. Da die Motortruppe aus dem Stadtrat ja dafür kämpft, dass man die Stadt nur per Fuß oder ÖPNV besucht werden sollte, haben wir Bürger uns längst dazu entschieden Geschäfte und Gaststätten in der Innen und Altstadt zu meiden. Wir wollen das Umland stärken, wo man kostenlos und.ohne Knöllchen parken kann. Warum sollte uns der Demianiplatz noch interessieren?

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