Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Countdown für Alte Posthalterei läuft

Countdown für Alte Posthalterei läuft

Die Ruine der Alten Posthalterei an der Goschwitzstraße soll zu einem modernen Wissensforum umfunktioniert werden. Foto: Archiv

Im Herbst soll die entscheidende Weiche für die seit Jahren diskutierte Neugestaltung eines Teils des Lauenareals gestellt werden. Davon geht die Stiftung für das sorbische Volk aus und verweist auf die bis dahin anstehende Entscheidung in Berlin. Fällt die zugunsten des vom Land Sachsen unterstützten Projekts aus, können die Millionen fließen.

Bautzen. Die Rede ist von rund 47 Millionen Euro, die im Zuge des Strukturwandels im Lausitzer Revier allein in der Spreestadt investiert werden sollen. Bekanntlich will sich Deutschland in wenigen Jahren von der Braunkohleverstromung verabschieden. Zum Ausgleich dürfen die betroffenen Regionen Maßnahmen anmelden, um für mögliche Neuansiedlungen von Unternehmen interessant zu bleiben beziehungsweise erst noch zu werden. Den Großteil der Kosten stemmt dabei der Bund. Im Fall des Lauenareals ist geplant, ein seit Jahrzehnten vorhandenes bauliches Ärgernis zu beseitigen. Dessen südliche Seite zieren mehrere leerstehende Ruinen – unter anderem die der früheren Posthalterei. Diese muss als denkmalgeschütztes Gebäude erhalten und entsprechend saniert werden, meint der Direktor der Sorbenstiftung, Jan Budar, mit Blick auf die vor Ort geplante Ansiedlung eines vergrößerten Sorbischen Kulturarchivs, der Sorbischen Zentralbibliothek, des Sorbischen Instituts und des Sorbischen Museums. „Damit kehren zwei wichtige sorbische Einrichtungen an den Platz zurück, wo sie einst aus der Maæica Serbska hervorgingen“, weiß er. „Außerdem muss eine Durchwegung zwischen Lauengraben und Goschwitzstraße eingeplant werden.“ Das Sorbische Wissensforum, das im Zuge der Investition entstehen soll, sei im August als Landesmaßnahme des Freistaates Sachsen beschlossen und beim Bund eingereicht worden. „Dieser muss das Projekt nun bestätigen, womit Anfang Oktober gerechnet wird“, erklärte Jan Budar. Gut angelegtes Geld, wie schon in der Vergangenheit unter anderem quer durch die Stadtratsfraktionen zu hören war. Denn das Lauenareal bietet mit seiner zentralen Lage und der guten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel „ideale Voraussetzungen“, zu einer attraktiven Anlaufstelle für alle am Sorbischen interessierten Besucher der Stadt, des Umlandes und des Kulturraumes Oberlausitz-Niederschlesien zu werden, denkt der Stiftungsdirektor. „Ich hoffe sehr, dass sich bestehende Konzepte zur Verkehrsberuhigung bald umsetzen lassen, was das Areal in seiner Gesamtheit nochmals aufwerten würde.“

Eine Fürsprecherin findet er diesbezüglich in der Chefin der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft BWB, Kirsten Schönherr. Im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier zeigte sie auf, wie das funktionieren könnte. Dazu bedürfe es unter anderem mehrerer Fußgängerüberwege zwischen der Vogelkreuzung und der Einmündung zum Wendischen Graben. Wer schneller ans Ziel kommen will, sollte dann besser die Innenstadt meiden und von der Westtangente Gebrauch machen. Diese würde gleichzeitig besser als bisher ausgelastet werden, lautet eine weitere Vorstellung. Was das Lauenareal im Speziellen anbelangt, verfügt auch die BWB dort über sanierungsbedürftige Immobilien. Allerdings werde deren mögliche Verjüngungskur eher mit kritischen Augen betrachtet – aus Kostengründen. „Eine Entwicklung macht aus unserer Sicht nur in einem Gesamtkontext Sinn“, betonte Kirsten Schönherr. „Bisher gibt es jedoch keine Federführung.“ Und genau auf ein „konzertiertes gemeinschaftliches Ent-wicklungskonzept und Vorgehen“ kommt es ihr zufolge jedoch an, um das gesamte Anwesen aufzuwerten und diesem neues Leben einzuhauchen. Allerdings spreche unter den momentanen Gegebenheiten eher weniger dafür, den BWB-Gebäudebestand an der Äußeren Lauen-/Ecke Goschwitzstraße anzupacken.„Für eine Sanierung der Immobilie rechnen wir mit Kosten in Höhe von rund fünf bis sechs Millionen Euro für zwölf entstehende Wohnungen. Das ist sehr unwirtschaftlich“, erklärte die Geschäftsführerin. „Sollte es Städtebaufördermittel dafür geben, müsste die Stadt immer noch einen Eigenanteil von rund zwei Millionen Euro zahlen. Das lässt sich im Haushalt derzeit sicherlich kaum darstellen“, schätzte sie ein. Ohnehin seien derartige Entscheidungen grundsätzlich durch den Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft und den Stadtrat zu treffen. In der Priorisierung sollte daher gegen andere Maßnahmen abgewogen werden. Ein Gesamtkonzept und gegebenenfalls auch der Ankauf der Grundstücke einer Immobiliengesellschaft mit Sitz in Iserlohn – durch wen auch immer – wäre aus Sicht von Kirsten Schönherr eine „gute“ Grundlage.

Indes haben sich die Liberalen ihre ganz eigenen Gedanken zu einer Erneuerung des Anwesens im Herzen von Bautzen gemacht. „Pläne gehen in die Richtung, dass als erstes der Kreisverkehr auf der Vogelkreuzung gebaut werden soll“, sagte FDP-Mann Mike Hauschild. „Er ist bereits Bestandteil des beschlossenen Verkehrswegekonzeptes. Uns ist bewusst, dass dafür auch Gebäude an der Äußeren Lauenstraße zurückgebaut werden müssen. An deren Stelle soll aus unserer Sicht ein modernes Cityhotel entstehen. Dieses wiederum könnte eine Ladenzeile mit passenden Geschäften und noch nicht in Bautzen vertretenen gastronomischen Einrichtungen beherbergen.“ Es gäbe bereits Ideen, wie sich auf diese Weise sorbische und ausländische Kultur kombinieren ließe. „Als Highlight stellen wir uns eine Dachgestaltung mit Skybar oder einem Wellnessbereich mit Blick über die Stadt vor. Wir meinen, nur mit mutigen Ideen und modernen Lösungen können wir der Stadt neue Impulse verleihen.“ Dazu gehöre aber auch die bewusste Besinnung auf die Stadtgeschichte. „So könnte das Eckgebäude mit dem ehemaligen Hotel ‚Weißes Ross‘ teilweise erhalten bleiben und integriert werden“, ist sich Mike Hauschild sicher. „Genauso könnte die Fassade an der Stelle des ehemaligen Wendischen Hauses wieder hergestellt und Bestandteil des gesamten Gebäudes werden.“ Dafür sehen die Freidemokraten die Kommune ausdrücklich als Wegbereiter aber nicht als Investor. „Die Stadt muss deshalb unverzüglich sich zum Kreisverkehr und der Entwicklung des Areals bekennen und handeln“, forderten sie.

Zurück zur angedachten Sanierung der Posthalterei, für die in Kürze die wohl wichtigste Entscheidung ansteht. Die AfD um Stadtratsfraktionschef Sieghard Albert setzt alle Hoffnungen darauf, dass der letzte „Schandfleck“ in der Innenstadt durch die Stiftung für das sorbische Volk schnellstmöglich mit einem in das Bautzener Stadtbild passenden Bauwerk beseitigt wird.

Die Christdemokraten ließen auf Anfrage wissen, dass sie sich über die Pläne für das Sorbische Wissenszentrum freuen. Sie erhoffen sich aus der Investition eine Schubwirkung für das gesamte Areal.

Thomas Schmidt, der in Dresden das Ministerium für Regionalentwicklung unter sich hat, zeigte sich optimistisch: „Genau wie die Projekte der Landkreise und ihrer Gemeinden werden auch die Projekte des Freistaates einen wichtigen Beitrag zur Strukturentwicklung im Lausitzer und im Mitteldeutschen Revier leisten.“ Immerhin wurde der Landesregierung der Mund mit einem multifunktionalen, nachhaltigen und architektonisch überzeugenden Gebäudekomplex wässrig gemacht. Und nicht nur ihr.

Roland Kaiser / 19.09.2021

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel