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Die Schattenseite der branchenbedingten Impfpflicht

Die Schattenseite der branchenbedingten Impfpflicht

In einem Bundesgesetz soll für einige Branchen eine Corona-Impfpflicht geregelt werden. Dagegen allerdings regt sich auch hierzulande Widerstand unter anderem im Gesundheitswesen. Pressefoto

Bautzen. Im Zuge der Diskussion um eine branchenspezifische Impfpflicht dringen erste Informationen an die Öffentlichkeit, wie in betreffenden Einrichtungen mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes verfahren werden soll. Auf Anfrage unserer Zeitung teilte das Landratsamt Bautzen mit, dass Arbeitgeber der entsprechenden Bereiche ab 15. März 2022 dem Gesundheitsamt die Personen melden müssen, die keinen Nachweis über eine Impfung, Genesung oder medizinische Kontraindikation erbracht haben oder wo Zweifel an der Richtigkeit der Nachweise bestehen. Im weiteren Verlauf erfolge eine Prüfung, an deren Ende ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden könne. Die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit spiele bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle. Das konkrete Verfahren werde gegenwärtig festgelegt. Die Regelungen des Freistaates würden noch ausstehen.

Gleichzeitig fühlen sich Mitarbeiter des Gesundheitswesens von Bund und Land unter Druck gesetzt. Im Zuge der Diskussion um eine Corona-Impfpflicht befürchten Pflegekräfte, Rettungsdienstmitarbeiter, Therapeuten und andere Berufstätige dieser Branche einen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit. Die Unterzeichner eines Offenen Briefes, der der Redaktion vorliegt, fordern daher eine freie Impfentscheidung ein – und das nicht nur für sich. „Jahrelang haben wir für wenig Geld unsere physische und psychische Gesundheit zum Wohle der Gesellschaft geopfert“, schreiben sie. „Doch jetzt werden wir gezwungen, einen Eingriff in unsere körperliche Unversehrtheit auf uns zu nehmen, die wir nicht wollen. Es wird uns mit Berufsverbot gedroht, wir werden ausgegrenzt und als unsolidarisch bezeichnet. Wenn es kein Einlenken der Verantwortlichen gibt, werden wir schweren Herzens unserem Beruf den Rücken kehren.“ 

Indes bleibt die Frage offen, inwieweit das Corona-Virus ursächlich für den Tod Hunderter Menschen im Landkreis war. Wie die Kreisverwaltung einräumte, gab es während der Pandemie keine Obduktionen von zuvor auf SARS-CoV-2 positiv getesteten Patienten aus deren Einzugsgebiet. „Die Anordnung von Obduktionen ist grundsätzlich eine Abwägungsfrage“, führte eine Sprecherin in dem Zusammenhang aus. „Die Aufgabe des Gesundheitsamtes besteht vordergründig darin, Infektionswege zu ergründen und diese zu brechen.“ Dazu seien Obduktionen nicht erforderlich. Das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen habe zudem keinen wissenschaftlichen Auftrag. Folglich lässt sich auch nichts konkret darüber sagen, inwieweit Impfungen zum Tod von im Krankenhaus behandelten Menschen beitrugen.

Bekannt sei, so die Behördenmitarbeiterin, dass unter den seit 1. November 2021 verstorbenen Personen mit positiv beschiedenem Corona-Testergebnis circa neun Prozent geimpft waren, etwa ein Prozent „geboostert“ und 13 Prozent ungeimpft. „Für den Rest von 77 Prozent der Todesfälle liegen uns noch keine Informationen vor“, erklärte sie und gab gleichzeitig zu bedenken: „Die Daten eignen sich daher nicht für eine Interpretation.“ An einer Verbesserung des Datenbestandes werde aber gearbeitet, versprach sie. Das jüngste Todesopfer sei 48, das älteste 98 Jahre alt gewesen. Der Medianwert liege bei 83 Jahren. Was den Anteil von geimpften Patienten auf den Intensivstationen im Einzugsbereich des Landratsamtes anbelangt, kann die Verwaltung ebenfalls mit einer Zahl aufwarten. „Die Anteile schwanken täglich. Grob gesagt ist rund ein Fünftel der ITS-Corona-Patienten geimpft. Dabei spielen aber auch das Alter und Vorerkrankungen eine Rolle.“ 

Virus verliert seinen Schrecken

Unterdessen hat sich der Essener Chefvirologe Ulf Dittmer bei „19 – die Chefvisite“ mit Blick auf meist milde Krankheitsverläufe im Zuge einer Infektion mit dem Omikron-Virus zu Wort gemeldet. Corona verliere seinen Schrecken. „Es gibt evolutionär keinen Weg zurück zu einem tödlicheren Virus“, sagt er. Der Erreger setze sich nicht in der tiefen Lunge, sondern in den oberen Atemwegen fest, um sich besser zu verbreiten. Diesen „Vorteil“ werde das Virus nicht mehr aufgeben. Dadurch habe sich aber auch die Zahl der Todesfälle durch Omikron „schon sehr angenähert“ an den Verlauf einer Influenza-Welle. Weil die um sich greifende SARS-CoV-2-Variante auch Geimpfte und Geboosterte befalle, könnten Impfgegner zwar behaupten, „am Ende Recht gehabt zu haben“, meinte Ulf Dittmer. Er betonte jedoch auch: „Ohne Impfschutz hätten wir bei der Delta-Variante Leichenberge und dramatische medizinische Situationen gesehen.“ Von einer vierten Impfung zeigt sich der Virologe aktuell nicht überzeugt. Sie sei nur sinnvoll mit „an Omikron angepassten Impfstoffen“. Damit sollten dann vor dem nächsten Winter insbesondere Risikogruppen geschützt werden – „sehr analog zur Grippeimpfung“. 

Einschränkungen bleiben

Ungeachtet dessen setzen Bund und Land weiter auf Covid-19-Impfungen. Laut Bundesgesundheitsministerium sorgen diese dafür, dass eine relevante Bevölkerungsimmunität in vergleichsweise kurzer Zeit ausgebildet wird. Die Intensität des Gemeinschaftsschutzes nehme dabei mit steigenden Impfquoten zu. Zusätzlich seien weitere Faktoren wie die Wirksamkeit der Impfung, die Dauer des Impfschutzes sowie die Heterogenität der Kontakte in der Bevölkerung und die Heterogenität der Durchimpfung in der Bevölkerung zu berücksichtigen. Folglich sei die Frage zum Zeitpunkt von Lockerungen und zur Aufhebung von infektionspräventiven Maßnahmen von verschiedenen Faktoren abhängig. Sie könne gegenwärtig nicht mit Bestimmtheit beantwortet werden. „Das RKI empfiehlt grundsätzlich, dass die Basismaßnahmen – auch für geimpfte und genese Personen – bis zum Frühjahr eingehalten werden sollten“, legte ein Ministeriumssprecher dar. „Es ist wichtig, impfbereite aber noch ungeimpfte Personen zu motivieren, das bestehende Impfangebot wahrzunehmen. Ziel aller infektionspräventiven Maßnahmen ist weiterhin, schwere Covid-19-Erkrankungen zu minimieren und eine erhebliche Belastung des Gesundheitssystems zu verhindern.“

Roland Kaiser / 16.01.2022

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Kommentare zum Artikel "Die Schattenseite der branchenbedingten Impfpflicht"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. marco schrieb am

    wenn wir eine regierung haben die es fleißigen menschen unmöglich macht ihren beruf auszuüben müssen wir diese bande zum teufel jagen irgendwann ist ja auch mal gut mit sich für dumm verkaufen lassen.

  2. BeHe schrieb am

    Impfen ist die Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen. Gerade in der Pflegen bedeuten ungeimpfte Mitarbeiter u.U. den Tod der Heimbewohner durch Infektion.

    Ich habe Nachbarn, die gehen freiwillig nicht ins Krankenhaus (braucht neue Hüfte) oder zum Zahnarzt, seit sie gelesen haben, dass ca. 40% der Mitarbeiter nicht geimpft sind.

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