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Dunkle Wolken überm Bootssteg

Dunkle Wolken überm Bootssteg

Auf dem Trockenen: Wegen des wochenlangen Niedrigwassers in Bautzens Badewanne lässt sich der einst für eine Viertelmillion Euro errichtete Bootssteg nicht nutzen. Foto: RK

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Aufgrund des Niedrigwasserstandes tritt zutage, was Bootsführer seit einiger Zeit bemängeln.

Jahrelang hatte Bautzen um einen öffentlichen Bootssteg am Stausee gerungen. Seit dem Nikolaustag 2016 ist er Realität und doch nehmen nach wie vor nur relativ wenige dieses Geschenk an. Jetzt liegt der Ball bei der Stadt nachzubessern.
 

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Das Partyboot von Barbesitzer Matthias Schneider kann am Bootssteg ohne größere Probleme anlegen, damit Gäste trockenen Fußes auf das Gefährt gelangen. Fotos: RK

Bautzen. Es ist schwieriger geworden, dort mit seinem Segelboot anzudocken, sagt Ralf Birn. Der Vizechef des Bautzener Segel-Clubs weiß, wovon er spricht. In Zeiten, als die Talsperre noch genügend Wasser führte, probierte er es selbst aus, unter den nunmehr gegebenen Umständen an Ort und Stelle anzuleinen. Damit sein Boot möglichst keinen Schaden nimmt, beließ er es aber bei einem Versuch. Indes geht es anderen Bootsführern ähnlich, die bisher im Verlauf eines Jahres aus Oehna oder Neumalsitz herübergeschippert kamen, um am Bautzener Stauseeufer ein Wochenendbierchen zu trinken oder einen Eisbecher zu genießen. Innerhalb der Hauptsaison seien das im Schnitt ein bis zwei am Tag gewesen, berichtet ein Augenzeuge.

„Der Bootssteg ist auf keinen Fall unsinnig“, stellt der Segelprofi erst einmal klar. „Allerdings besteht die Gefahr, dass sich die statische Konstruktion aufgrund ihrer Lindenblattform und der inzwischen anmontierten Leitern als Bootssteg nicht durchsetzt.“ 

Momentan liegt das Bauwerk auf dem Trockenen, das Wasser schlägt meterweit entfernt seine Wellen. „Es ist bekannt, dass der Pegel der Talsperre schwankt“, fügt Ralf Birn hinzu. Deshalb habe sein Verein in Neumalsitz Bootsstege errichtet, die sich an den Wasserstand anpassen lassen.“ 

Vor all dem Hintergrund regt nicht nur er mittlerweile einen Ausbau der umstrittenen Anlegestelle am Bautzener Stauseeufer an. Ein sogenannter Fingersteg, der sich mit dem bestehenden Lindenblatt verbinden ließe, sei aufgrund seiner länglichen und geraden Bauweise eine Alternative. An dem bis zu fünf Meter langen und etwa 50 Zentimeter breiten Konstrukt mit Schwimmkörper auf der dem Wasser zugewandten Seite ließen sich ohne größere Probleme Boote festmachen. 

Doch trotz der vorgebrachten Bedenken sieht die Stadt zunächst keinen Handlungsdruck. „Bauliche Veränderungen sind derzeit nicht vorgesehen“, betonte Rathaussprecher André Wucht auf Anfrage. „Von Seiten einiger Bootssportler gibt es bezüglich der Anlegemöglichkeiten immer wieder Kritik. Diese Kritiken sind aber nicht nachvollziehbar, da alle Vereine nicht ohne Grund bereits seit Planungsbeginn in den Prozess einbezogen waren.“ 

Während der Planungsphase seien von keiner Seite Bedenken geäußert worden, so André Wucht. Jedoch kenne die Verwaltung das Problem: „Nach Gesprächen mit Vertretern der Vereine ist die Benutzung möglich, aber nicht optimal.“ 

Ralf Birn erklärt hingegen, dass er in die damals geführten Gespräche nicht mit einbezogen war. 
Seitens der FDP-Stadtratsfraktion heißt es hingegen, dass sie bedauerlicherweise keinen echten Mehrwert in dem Bootssteg, wie er jetzt vor Ort anzutreffen ist, erkennen kann. 

Fakt ist aber auch: Sobald das Wasser wieder bis zur Lindenblatt-Anlegestelle reicht, gibt es einen, der von ihr voll und ganz profitiert. 

Matthias Schneider, Inhaber einer benachbarten Strandbar, kann von dort aus seine Gäste trockenen Fußes auf sein Partyboot führen. Mit diesem macht er stirnseitig fest. 

Dabei handelt es sich um einen neun Meter langen und drei Meter breiten Katamaran mit lautlosem Elektroantrieb. Solche Wasserfahrzeuge sind auf dem Stausee gestattet, wie die Landestalsperrenverwaltung dem Oberlausitzer Kurier bestätigte. Boote, die von einem Verbrennungsmotor angetrieben werden, haben hingegen auf dem Gewässer vor den Toren der Spreestadt nichts verloren – sofern sie nicht über eine Sondergenehmigung verfügen.

Doch bei dieser einen neuen Attraktion will es Matthias Schneider nicht belassen. „Ich habe in diesem Jahr zwei Drachenboote gekauft“, erklärt er. „Diese können gern von Gästen, Familien, Schulklassen und natürlich auch von Firmen für beispielsweise teambildende Maßnahmen genutzt werden.“ 22 Personen passen jeweils auf ein solches Gefährt. Natürlich verbindet er das Ganze mit dem Traum von einer Neuauflage des Drachenbootrennens auf der Talsperre. „Dieses ist vom damaligen Veranstalter aus Profitgier zerstört worden“, erinnert sich der Gastronom. Damit nicht genug: Neben den bereits vorhandenen Stand-Up-Paddling-Brettern plant er die Anschaffung von Kanus, in den bis zu vier Personen Platz finden. „Damit kann dann die ganze Familie indianermäßig den See erkunden.“ Optimalerweise vom Bootssteg aus, der sich in unmittelbarer Nähe der Strandbar befindet.
 
Selbst die am Ufer liegende Treetbootflotte soll sich vergrößern. „Ich habe noch weitere Ideen in petto, die relativ einfach und in kurzer Zeit umgesetzt werden können“, sagt der Unternehmer. „Dazu muss die Stadt Bautzen jedoch einige Voraussetzungen schaffen und sich auch von veralteten Plänen verabschieden.“ 
„Erst mit einem umfassenden Konzept wird sich der Sinn und Platz für die einzelnen Projekte erkennen lassen“, bringt sich FDP-Mann Mike Hauschild in die laufende Diskussion um die weitere Gestaltung des Stauseeareals ein. 
„Dass an so einem Konzept gearbeitet wird, ist mir leider nicht bekannt.“ Bezogen auf den Segelsport auf der Talsperre gibt er zu bedenken: „Wenn wir diesen wollen, müssen wir die nötigen Anlagen herstellen. Welche, wo und wie groß diese ausfallen, das muss mit den Segelsportvereinen der Region analysiert werden. Der Knappensee bei Hoyerswerda ist seit Jahren gesperrt. Hier hätten wir längst als Alternative auftreten können.“ 
Tun wir aber nicht, bedauert der Freidemokrat. 

Wäre die Entwicklung anders verlaufen, käme dies nach Ansicht des Vorsitzenden des Bautzener Tourismusvereins, Dietmar Stange, auch dem seit Jahresbeginn geschlossenen und nach wie vor zum Verkauf stehenden Spreehotel oberhalb der Talsperre zugute. 

„Mit entsprechenden Angeboten und einem innovativen Management hätte ein Hotel an diesem Standort durchaus eine Chance“, mutmaßt der Fachmann. „Investitionen und Betrieb dürfen aber nicht Aufgabe der Kommune sein. Mit einem erweiterten Stadtmarketing einschließlich Tourismusförderung und baulichen Gestaltungsmaßnahmen kann die Stadt das Vorhaben aber wesentlich befördern.“ 

Dietmar Stange betrachtet den Standort eigenen Angaben zufolge unter touristischen Gesichtspunkten und trotz bestehender Schwierigkeiten als zukunftsträchtig. „Tagungshotels gewinnen an Bedeutung“, weiß er. 
Dabei sieht er einen Vorteil in der unmittelbaren Entfernung zur Autobahn und zum Flugplatz. Dadurch lasse sich das Haus für Geschäftsleute, Mediziner und Tagungsteilnehmer anderer Berufsgruppen recht schnell und unkompliziert erreichen. Aber auch an weiteren Ideen mangele es nicht.

Es gibt also mehrere Baustellen am Stausee, vor denen auch die Stadt nicht ihre Augen schließen sollte – im Interesse aller. 

Roland Kaiser / 29.09.2018

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Kommentare zum Artikel "Dunkle Wolken überm Bootssteg"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. abraham schrieb am

    Planungsfehler.
    Wer weiß, der Stauspiegel ändert sich, dann muss ich eben eine schwimmende Konstruktion bauen mit weiter hineingehenden Steg.
    Hauptsache ein paar korrupte Lokalpoltiker erhielten ein paar Aufmerksamkeiten.
    Fazit: AfD wählen.

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