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Edelsteine der Lüfte contra Müll und Lärm auf der Neiße

Edelsteine der Lüfte contra Müll und Lärm auf der Neiße

Ein erfrischendes Bad in der Neiße. Wenn die Eisvogel-Eltern aus der Bruthöhle kommen, tauchen sie anschließend im Fluss ab, um sich vom Kot der Jungen zu reinigen. | Fotos (3): René Schleichardt

Rothenburg. Sie sind wieder zurück in der Region: Eisvögel fühlen sich an der Neiße wohl, weil der Fluss viel sauberer geworden ist und ihnen eine ideale Lebensgrundlage bietet. Wären da nicht Müll und Lärm, die das Glück der „fliegenden Edelsteine“ erheblich stören – wie der Rothenburger Naturfotograf René Schleichardt in Erfahrung gebracht hat.

Der junge Mann, der in den vergangenen Jahren bereits einzigartige Fotos von der Kinderstube des Fuchses „geschossen“ hat, ist begeistert von den etwa sperlingsgroßen, in der Sonne sehr bunt schillernden Vögeln. Bei seinen Streifzügen durch die Natur waren ihm Eisvögel bereits als vorbei fliegende „Farbklekse“ aufgefallen. Ihren Standort erforschen konnte er aber vorerst nicht. „Eines Tages bin ich dann den Rufen der Tiere gefolgt und habe an einem Steilufer der Neiße tatsächlich eine Bruthöhle entdeckt.“ Von da an war seine Neugier geweckt, denn die kleinen, überwiegend blau gefärbten Kobolde ließen ihn nicht mehr los. „Ich habe ihre Farbenpracht ganz aus der Nähe gesehen. Beobachtet, wie sie ins Wasser tauchen, sich auf einem Ast sitzend das Gefieder putzen, sich gegenseitig kleine Fische in den Schnabel stecken. Wie sie miteinander kommunizieren, hat mich besonders fasziniert, aber auch ihr gesamtes Brut- und Sozialverhalten“, schwärmt der Rothenburger.

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Ein Ärgernis, das zuzunehmen scheint: Müll. Auf seinen Fotoausflügen hat René Schleichardt immer eine Tüte zur Hand, um den liegengelassenen Abfall einzusammeln. | Foto: René Schleichardt

Um sich solch ein fundiertes Urteil bilden und vor allem perfekte Fotos machen zu können, saß er tagelang unter einem Tarnnetz „auf der Lauer“, nur wenige Meter von der Bruthöhle der Eisvögel entfernt. „Die Kenntnis der natürlichen Zusammenhänge, Glück und Ausdauer sind entscheidend, wenn man erfolgreich sein will“, beschreibt Schleichardt sein Erfolgsrezept. Oft harrte er stundenlang in der gleichen Position aus, um 20 oder 30 Bilder aufnehmen zu können. Einmal saß einer der kleinen Vögel direkt über ihm auf der Spitze seines Zeltes. „Ich konnte jede seiner Federn sehen und ihn regelrecht riechen“, erzählt Schleichardt und beschreibt den Geruch als eine Mischung aus frischem Fisch, Kanarienvogel und Anissand.

Immer wieder beobachtete der Naturfotograf die Eisvögel beim Anflug in ihre Bruthöhle. Aber er bemerkte auch, dass die Idylle nicht ungestört ist. „Natürlich ist die Region eine Touristengegend. Doch wenn wir schon mit unberührter Natur werben, sollte sie das zumindest überwiegend auch sein. Doch da sind mir im Laufe meiner Fotoarbeiten ernsthafte Zweifel gekommen.“ Überall am Fluss lägen inzwischen weggeworfene Plasteflaschen, leere Bierbüchsen und Bauabfälle. Schleichardt vermutet zudem, dass die Klär- und Wasserwerke an der Neiße von Zeit zu Zeit ihre Schieber öffnen. „Dann steigt der Flusspegel kurzzeitig an, die Strömung wird schneller und nacheinander kommt Müll angeschwommen.“ Schwierig sei zudem der Lärm der Besucher, die in Booten die Neiße entlang fahren und dabei grölen, Abfälle in den Fluten entsorgen und oftmals auch Böller hochgehen lassen. „Ich kann es nicht nachvollziehen, aber die Leute senken ihre persönliche Hemmschwelle zuweilen derart ab, dass es schon erschreckend ist.“ Für die auf der roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten stehenden Eisvögel sei das ein Albtraum während des Brutgeschäftes. „Sie lassen sich dann oft stundenlang nicht sehen und können ihren Nachwuchs in dieser Zeit natürlich nicht versorgen.“

Trotzdem hat der Naturliebhaber von Juni bis Ende August mehrere Bruten beobachtet – die schwere Arbeit der Eltern beim Füttern, das unbeholfene Ausfliegen der Jungen, das Jagen nach Fischen und das Eintauchen zu einem erfrischenden Bad. Im bevorstehenden Winter will René Schleichardt die Eisvögel an der Neiße bei Rothenburg weiter beobachten. Der Kontrast von farbigem Gefieder, Schnee und Eis reizt ihn besonders. Und er hat ein Ziel, das er in den nächsten Jahren erreichen will: „Mein größter Wunsch ist es, Wölfe zu fotografieren. Die laufen einem ja nicht über den Weg. Man muss wissen, wo die Rudel unterwegs sind. Das wird dauern, aber ich werde es schaffen“, ist er überzeugt. Als Ergebnis seiner Beobachtungen, die er seit Kurzem auch mit der Kamera festhält, soll ein Naturfilm über die Oberlausitz entstehen. Wer jetzt schon kurze Videoclips über den Eisvogel sehen will, sollte das Facebook-Profil von René Schleichardt aufrufen.

Frank-Uwe Michel / 03.10.2016

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