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Eingestürzte Häuser: Gericht fällt Urteil

Eingestürzte Häuser: Gericht fällt Urteil

Nach einem weiteren Teileinsturz im Bereich der Hinterhäuser war vor wenigen Wochen die Innere Lauenstraße für einige Tage voll gesperrt worden. Es drohten Dachziegel auf die Fahrbahn zu stürzen. Foto: Archiv

Bautzen. Geht es nach zwölf Jahren Sanierungsstillstand an der Inneren Lauenstraße nun endlich weiter? Nach dem Urteil des Landgerichts Dresden, das die letzte Schuldfrage in Bezug auf die 2006 eingestürzten Hinterhäuser nunmehr geklärt sieht, stellt sich genau diese Frage. Noch hält sich der Investor in diesem Punkt aber bedeckt. Auch auf die jüngste Anfrage des Oberlausitzer Kuriers gab es keine Antwort. Der Unternehmer aus Paderborn, dem das Areal mit dem inzwischen beräumten Gebäudeensemble und den noch vorhandenen barocken Bürgerhäusern gehört, hatte mit seiner Klage gegen eine europaweit agierende Baufirma Erfolg.

Dem richterlichen Beschluss zufolge muss sie als damals beauftragte Generalunternehmerin nun Schadensersatz in Millionenhöhe leisten. Allerdings verfügt die richterliche Entscheidung noch über keine Rechtskraft. Beide Parteien können Berufung beim Oberlandesgericht Dresden einreichen.

„Das Gericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Sachverständigen plausibel und nachvollziehbar angegeben haben, dass der Einsturz auf eine fehlerhafte Abstützung der Außenwand zurückzuführen sei“, sagte Gerichtssprecher Thomas Ziegler. „Die Schwächung und danach Überlastung von zwei Mauerwerkspfeilern habe zu deren Absenkung geführt. Durch die dabei zwangsläufig entstandenen Lastumverlagerungen in der Wand hätten sich Horizontallasten gebildet, die das Mauerwerk in Richtung der Rückseite des Seitenhauses verschoben hätten, so dass es eingestürzt sei. Die vorhandene Abstützung sei nicht wirksam gewesen und nicht ausreichend tragfähig und habe ein Absinken der Pfeiler nicht verhindern können. Es läge ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Baukunst vor.“ Das wiederum hatte die Baufirma stets bestritten. Noch einmal Thomas Ziegler: „Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass die von ihr durchgeführte Bauausführung nicht schadensursächlich gewesen sei. Auch bei ordnungsgemäßem Einsatz von Stützen hätte dies das Gebäude nicht abfangen können. Bei entsprechender Vorlage einer Detailplanung wäre eine schadensfreie Bauaus-führung möglich gewesen. Der Beklagten habe auch keine Bauüberwachung oblegen.“ Im Rahmen eines Sanierungsvorhabens kam es am 7. Mai 2006 zum Einsturz eines fünfstöckigen Gebäudeteils des Hauses an der Inneren Lauenstraße 10 über eine Breite von 40 Metern. Daraufhin wurde die Baustelle durch das Bauaufsichtsamt stillgelegt. Die Arbeiten sind seitdem – mit Ausnahme von Sicherungsmaßnahmen – nicht wieder aufgenommen worden.

Dies wiederum führte inzwischen dazu, dass der Chef der SPD-Stadtratsfraktion, Roland Fleischer, den Vorschlag unterbreitete, die Stadt solle das Anwesen erwerben, ohne dabei irgendwelche Pflichten einzugehen, um aber im Sinne der Bürgerschaft handlungsfähig bleiben zu können. „Es müssen alle rechtlichen Möglichkeiten mit Nachdruck ausgeschöpft werden, um den Eigentümer zu einer zeitnahen Lösung zu drängen. Es kann nicht sein, dass die Auseinandersetzung des vorhandenen Schandflecks die Verwaltung weiterhin dermaßen in Anspruch nimmt und auch wie geschehen den Innenstadtbereich massiv einschränkt“, sagte er Anfang November unserem Blatt, nachdem die Innere Lauenstraße tagelang wegen der Gefahr durch herabfallende Dachziegel nicht passierbar war. In der Stadtratssitzung im Januar will die Stadtverwaltung eigenen Angaben zufolge einen ersten Bericht vorlegen, wie mit der Situation vor Ort weiterhin umgegangen werden soll. Rathaussprecher André Wucht: „Die Fraktion der SPD hatte dazu einen entsprechenden Antrag eingereicht. Darin bittet sie um die Prüfung verschiedener Aspekte. Das wird die Verwaltung tun. Wir wissen jedoch nicht, ob der Eigentümer die Immobilie überhaupt veräußern möchte, erst recht nicht, zu welchen Konditionen. Zudem ist der Aufwand für eine Sanierung nicht bekannt.“ Und weiter: „Wir haben den Wunsch, dass der private Eigentümer seine Pläne zur Sanierung der Bürgerhäuser möglichst zeitnah umsetzen kann.“ Der Gebäudekomplex sei aus rein städtebaulicher Sicht ohne jede Frage erhaltenswert. Darin seien sich alle Beteiligten einig. 

„Allgemein geantwortet sehe ich keine Veranlassung, dass die Stadt sich um die Häuser bemühen sollte“, entgegnete Grünen-Stadtrat Claus Gruhl auf den Vorstoß der Sozialdemokraten. „Es ist nach wie vor Privatangelegenheit, was mit den Häusern passiert und tangiert die Stadt nur hinsichtlich der Verkehrssicherheit, die gewährleistet werden muss.“ Ähnlich sieht es die Fraktion vom Bürgerbündnis.

„Wir werden den Vorstoß der SPD nicht unterstützen“, ließ deren Chef Steffen Tech auf Anfrage wissen. „Der Investor hält weiterhin an seiner Absicht fest, Wohnungen zu schaffen. Auch kann man ihm keinen Vorwurf machen, er würde die Baumaßnahme verzögern. Schließlich hat er vor vielen Jahren mit der Sanierung begonnen. Ich habe Verständnis für den Eigentümer, dass er vor Abschluss der gerichtlichen Auseinandersetzung keine Investition tätigt. Schließlich geht es um Schadensersatzansprüche in erheblicher Höhe.“ Bezogen auf den von der Stadttochter BWB getätigten Kauf des Krone-Areals meinte Steffen Tech: „Da mussten wir handeln, um entweder Stillstand und Verfall für viele Jahre beziehungsweise eine ungewünschte Fehlentwicklung im Stadtzentrum zu verhindern. Diese Gefahren bestehen in der Inneren Lauenstraße nicht.“

Karsten Vogt von der CDU indes hat arge Bedenken, sollte die Kommune einen Kauf der Bürgerhäuser tatsächlich in Erwägung ziehen: „In einem schwebenden Rechtsstreit verbietet sich ein Eigentümerwechsel von selbst, da der neue Eigentümer in die Rechtsfolge eintritt. Wenn man den Gedanken hegt, dass die Stadt die Häuser erwirbt, spielt man mit dem Feuer. Im schlechtesten Fall trägt die Kommune schlussendlich die Kosten für den Kauf der Gebäude, deren Sanierung und für einen jahrelangen Rechtsstreit.“ Für solche Experimente sei derzeit im Haushalt kein Geld vorhanden. 

Letztendlich wirft FDP-Stadtrat Mike Hauschild noch eine entscheidende Frage auf, um diese auch gleich selbst zu beantworten: „Was würde die SPD wohl mit ihrem Antrag machen, wenn wir ihn erweitern und beispielsweise auf die beiden Gebäude der Äußeren Lauenstraße 3 und 5, die Lücke an der Wendischen Straße, die Ruinen an der Töpferstraße oder andere leerstehende Immobilien ausdehnen? Diesen Populismus werden wir Freidemokraten jedenfalls nicht unwidersprochen durchlaufen lassen. Es ist nämlich kein Geheimnis, dass die Bürgerhäuser gar nicht zum Verkauf stehen, der Eigentümer immer wieder versichert, die Gebäude irgendwann einmal zu sanieren, diese gleichzeitig weiter verfallen und die Verwaltung im regelmäßigem Kontakt mit dem Bauherrn steht.“

Steffen Grundmann von der Linkspartei hingegen übt sich in Diplomatie: „Ich kann das Anliegen der SPD-Fraktion gut nachvollziehen. Allerdings verstehe ich auch die Problemlage des Eigentümers. Demnach ist dieser ja auch gewillt, die Häuser endlich zu sanieren. Er möchte beziehungsweise muss aber den Ausgang des Rechtsstreits abwarten. Deshalb räume ich dem SPD-Antrag nur geringe Erfolgschancen ein, so gut er auch gemeint ist. Wir können nur hoffen, dass die gerichtliche Auseinandersetzung zeitnah ein Ende findet und der Eigentümer endlich tätig werden kann.“ Darauf baut inzwischen ganz Bautzen. Ursprünglich sollten in dem Gebäudekomplex in der Altstadt circa 40 Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten entstehen.

Roland Kaiser / 09.12.2018

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