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Eins, zwei, drei – Bälle jetzt herbei

Eins, zwei, drei – Bälle jetzt herbei

Seit 15 Jahren verkörpert Heiko Harig nun schon den Eierjokel. Der Brauch gehört zur Tradition von Bautzen und ist bei Groß und Klein sehr beliebt. | Foto: Kunath/Harig

Bautzen. Am Ostersonntag hat der Eierjokel beim traditionellen Eierschieben am Protschenberg seinen großen Auftritt. Wie jedes Jahr wird Heiko Harig – alias Eierjokel - den vielen Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Am Ostersonntag, 27. März verwandelt sich der so idyllische Protschenberg in Bautzen wieder zur Handwerks- und Schlemmermeile. Mit vielen bunten Verkaufsständen, Essens- und Getränkebuden und einer großen Bühne wird wie jedes Jahr eine Menge geboten. Dabei darf einer ganz sicher nicht fehlen: der Eierjokel. Was aus Tradition entstanden ist, zieht heut zu Tage viele Besucher und Touristen an. Denn der Ursprung des Eierschiebens liegt tatsächlich in Bautzen. Im späten Mittelalter trafen sich am Ostervormittag die Katholiken zum Gottesdienst im Petri-Dom. In dieser Zeit luden die Protestanten die Kinder zum Eierschieben am Protschenberg ein. Vor allem wohlhabende Bürger spendeten Obst, Eier, Kuchen und Brot und rollten es den Berg herunter. Arme Kinder sammelten die Gaben dann an der Spree ein. Zeitweise war dieser Bautzener Brauch allerdings verboten. So hieß es beispielsweise, zu DDR-Zeiten habe es offiziell keine armen Kinder gegeben, deshalb wurde der Brauch damals gestrichen.

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Wenn der Eierjokel am Ostersonntag auf dem Protschenberg die bunten Bälle den Berg herunterrollen lässt, sind die Kinder oft nicht zu bremsen.

Doch im Jahr 2001 wurde das Eierschieben vom Tourismusverband wieder ins Leben gerufen. Seit dem hat sich der Osterbrauch zu einer Touristenattraktion entwickelt. In diesem Jahr verkörpert Heiko Harig bereits zum 15. Mal den Eierjokel, und das mit viel Spaß. "Die Vorbereitungen gehen schon einige Wochen vor Ostern los. Auch da bin ich als Eierjokel in der Region unterwegs. Oder ich repräsentiere den Brauch und unsere Gegend auf Tourismusmessen, " erzählt Heiko Harig.

Über den wirklichen Eierjokel, der vor rund 100 Jahren in Cölln bei Bautzen lebte, hat sich Heiko Harig natürlich ganz genau informiert. "Eigentlich war er gar nicht so beliebt. Er war ein Eigenbrödler und hat frische Eier an die Frauen verkauft. Nach seinem Tod hat man, so der Erzählung nach, eine große Menge Geld in seiner Wohnung gefunden."  

Beim ersten neuen Eierschieben 2001 verkörperte ein Schauspieler vom Deutsch-Sorbischen Volkstheater die Rolle, aber bereits ein Jahr später hat dann Heiko Harig übernommen. Bis heute spielt er den Jokel gern und begeistert damit nicht nur die Kleinsten. "Eine der schönsten Geschichten, die mir im Kopf hängen geblieben ist, ist die von einer alten Dame, die mir am Protschenberg erzählt hat, das sie das Eierschieben noch aus ihrer Kindheit vor dem Krieg kannte und nun sehr gerührt war, das wieder zu erleben. Sie war mit ihrem Urenkel extra zu diesem Ereignis gekommen um sich an die damalige Zeit zurückzuerinnern", erzählt der freischaffende Entertainer.Heute werden natürlich keine Eier oder andere Lebensmittel mehr den Protschenberg heruntergerollt, sondern Plastikbälle. Diese Bälle können am Ende der Veranstaltung gegen kleine Geschenke eingetauscht werden. Man kann die Bälle vor Ort erwerben und je mehr gekauft und heruntergerollt werden, umso größer ist die Freude der Kinder. 

Viele Besucher, die diesen Brauch nicht kennen, befürchten es könnte Tränen oder gar Verletzungen geben. Aber die Angst kann der Eierjokel den Eltern nehmen: "Die Kinder haben so viel Spaß dabei, da gehört das eine oder andere Ausrutschen auch mit dazu. Allerdings sollten die Kinder nicht gerade im Festtagskleid oder -anzug den Hang herunterjagen, Flecken gibt’s da garantiert. Und wenn es doch mal Tränen geben sollte, dann nur, weil die Kleinsten nicht schnell genug beim Fangen sind." Auch hier weiß Heiko Harig Rat und erzieht die Größeren mit kleinen Tricks: Wenn der Eierjokel streng schaut, dann wird der eine oder andere Ball schon abgegeben.

Auch Heiko Harig selbst ist am Protschenberg schon selbst auf dem Hosenboden gelandet. "Wenn es wie so oft an Ostern regnet, kann es schon mal vorkommen, dass ich auch selber ausrutsche, denn früher hatte ich noch Schuhe vom Theater an. Heute achtet er auf ein gutes  Profil, da bleibt die Rutschgefahr aus."

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Die Kinder haben jedes Jahr eine Menge Spaß. Je mehr Bälle sie fangen, um so ausgelassener ist die Stimmung. | Fotos: Archiv

Neben dem Eierschieben selbst erzählt Heiko Harig am Ostersonntag dann auf der Bühne auch kleinere Geschichten über die verschiedenen Osterbräuche und die Gegend. "Wir fragen immer woher die Besucher kommen. Wenn sie nicht aus Bautzen und der Umgebung kommen, gibt es natürlich viele Informationen über die Stadt und die Sorben", so Heiko Harig. In diesem Jahr lautet das Motto auf dem Protschenberg: "Väterchen Frost und Baba Jaga besuchen das Bautzener Eierschieben". Dabei werden der Eierjokel und die Darsteller des Theaterstückes  vom Deutsch-Sorbischen Volkstheater aufeinandertreffen und gemeinsam auf der Bühne agieren.

Heiko Harig selbst freut sich jedes Jahr darauf und wird dieses mal sogar seinen Enkel mitbringen. "Kabarett ist nun mal ein Teil unserer Familie. Meine zwei Schwestern und ich haben seit frühester Kindheit Kabarett gespielt, und nun wird mich eine neue Generation der Familie als Eierjokel erleben können." Am Ostersonntag eröffnet Heiko Harig  gegen 11:30 Uhr das Eierschieben mit den schon legendären Worten "Eins, zwei, drei – Bälle jetzt herbei".

Cornelia Fulk / 24.03.2016

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