Flüchtlinge machen Theater
Für die Inszenierung „Zu Gast bei Häuptling Chukwuka“ – hier eine Szene aus der Aufführung im Steinhaus Bautzen – wurde beim Pressegespräch am Montag die Werbetrommel gerührt. Foto: Frank Beyer
Bautzen. Der 19. Schülerwelttheatertag wirft seine Schatten voraus: Am Montagvormittag hat die Mannschaft vom Deutsch-Sorbischen Volkstheater nach bewährter Tradition die Vertreter hiesiger Medien auf die diesjährige Auflage der beliebten Veranstaltung eingestimmt. Insgesamt werden den Organisatoren zufolge am Montag, dem 26. März 2018, ab 8.45 Uhr 39 Schauspielgruppen aus der Region auf den zwölf Bautzener Bühnen zu erleben sein. Es werde wieder mit circa 1.000 Mitwirkenden und einer großen Anzahl an Zuschauern gerechnet, hieß es weiter.
Als ein Höhepunkt ist bereits Tage zuvor die Inszenierung „Zu Gast bei Häuptling Chukwuka“ gehandelt worden. Junge Migranten haben mehrere afrikanische Märchen zu einem Tanztheaterstück verschmolzen und extra dafür Tiermasken angefertigt. Es wurde gesägt, geschliffen und gemalt.
Einer von ihnen ist der 17-jährige Boubacar D. Vor etwa zehn Monaten war er gemeinsam mit seinem Vater, der in seinem Heimatland Guinea der Opposition angehörte, vor den Regierungstruppen geflohen, wie er dem Oberlausitzer Kurier erzählte. Auf dem Mittelmeer verloren sie sich aus den Augen. Das in Libyen angeschossene Familienoberhaupt überlebte die Überfahrt im Schlepperboot nicht. Zu groß sei der Blutverlust gewesen, sagt der geschichts- und kulturinteressierte Afrikaner heute. Das Elternhaus im Dorf Banankoro, das im Südosten von Guinea liegt, existiere nicht mehr. Es sei kurz vor der Flucht der Männer von Sicherheitskräften in Brand gesteckt worden. Seit Jahren beklagt die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ eine exzessive Gewalt in dem afrikanischen Land. Zudem würden durch die extreme Armut die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte der Bevölkerung eingeschränkt.
In der Lausitz angekommen, hat Boubacar inzwischen eine Perspektive gefunden. Während des Schülerwelttheatertages wird er als Hauptdarsteller und gleichzeitig als Tänzer in dem selbstinszenierten Werk zu erleben sein. Unterstützung erhält er von zwei Landsleuten sowie Interpreten aus Afghanistan, Somalia und Nigeria. Die Fäden in der Hand hält Anja Schaller von der AWO-Wohngruppe in Döberkitz. Sie suchte mit ihren Schützlingen nach einem verbindenden Element für die einzelnen Märchen und fand dieses im Tanz und in der Musik. Gleichzeitig zeigte sie sich fasziniert darüber, wie improvisationsstark ihre Darsteller sind. „Sie verfügen über eine ausdrucksstarke Tanzweise“, meint die studierte Forstingenieurin. „Man schaltet die Musik ein und schon geht es los.“
Auf die Menschheit übertragen lautet die Kernaussage: Alle Kreaturen sind wichtig und jeder für sich genommen ist einzigartig. Damit feierten die jungen Leute bereits Erfolge in Sebnitz, Hohburkersdorf und im Steinhaus Bautzen. Am 26. März 2018 werden sie ab 13.30 Uhr auf der Ortenburg zu erleben sein.
Weitere Spielstätten an diesem Tage sind unter anderem die Haupt- und die Probebühnen im großen Haus an der Seminarstraße, der Festsaal des Sorbischen Museums oder auch das Haus der Sorben am Postplatz. Auch dort stellen Schülerinnen und Schüler verschiedener Klassenstufen ihr künstlerisches Talent unter Beweis. Einmal mehr darf das Publikum in jedem Fall gespannt sein.
