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Kamenzer Würstchen aus der Flasche

Kamenzer Würstchen aus der Flasche

Wohl bekomms! Im Kamenzer Würstchenbier gibt es zwar Majoran und andere typische Wurst-Gewürze, aber keine Fettaugen.

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Brauen ist Hand- und manchmal auch Schulterarbeit, wie Tobias Frenzel hier demonstriert.

Der Bautzener Bierbrauer Tobias Frenzel ist für ungewöhnliche Ideen bekannt. Mit der neuesten Kreation bereitet er vor allem der Nachbarstadt eine Freude.

Bautzen/Kamenz. Kamenzer Würstchen-Bier. Wer diesen Begriff zum ersten Mal hört, macht sich schon seine Gedanken. Hängt da eine Kamenzer Wurst in der Bierflasche, und wenn ja, im Ganzen oder in Stücke geschnitten? Roh, gekocht oder gebraten? Tobias Frenzel schmunzelt. „Diese Überlegungen gab es tatsächlich“, bekennt er dann. „Doch weil das Fett Probleme bereitet hätte, haben wir uns dagegen entschieden.“
Doch die Aufgabe stand, und der Betreiber der in Bautzen ansässigen Braumanufaktur wollte sie lösen. Dass nichts unmöglich ist, hatte er schon zuvor mehrfach bewiesen: So zählen zum Portfolio bereits ein Senf-Honig-Bier, ein Pfefferkuchenbier und der „Tyrannosaurator.“ 

Alle drei Spezialitäten geben ihre regionalen Bezüge bereits anhand des Namens zu erkennen: Der Saurator steht – wo auch sonst – in den Verkaufsregalen des Saurierparks Kleinwelka. Das Pfefferkuchenbier entstand in Zusammenarbeit mit der Pulsnitzer Pfefferküchlerei Groschky. Zum Senf-Honig-Bier muss man nicht viele Worte verlieren, der Bezug ist klar. „Ohne Honig ist das zu heftig“, weiß Tobias Frenzel. Doch im Senf-Honig-Bier ist tatsächlich drin, was draufsteht: Senf und Honig.

Dass im Kamenzer Würstchenbier keine Wurststücken schwimmen, haben wir bereits geklärt. Doch wie kann man trotzdem ein Bier kreieren, das diesen Namen zu Recht trägt? Die Antwort lautet: Durch die Gewürze! „Der Geschmack der Kamenzer Würste beruht neben dem Brät auf einer ganz speziellen, uralten Gewürzmischung“, weiß der Bautzener Spezialitäten-Brauer. „Die Überlegung war: Wenn wir die in unser Bier integrieren, kann vielleicht eine Geschmacksnote herauskommen, die an das Original erinnert.“
Nun kann natürlich nicht jeder daherkommen und ein Kamenzer-Würstchen-Bier brauen (wollen). Schließlich hat sich die Fleischerinnung der namensgebenden Stadt diese Bezeichnung markenrechtlich schützen lassen. Und die zugehörige Gewürzmischung ist – vielleicht nicht unbedingt ein Geheimnis – aber doch auch nicht für jedermann zugänglich.

Für Tobias Frenzel stellte dies jedoch kein Problem dar, denn: Die Idee für das Würstchenbier stammt von den Kamenzer „Würstelmachern.“ „Ich habe bereits für das Pfefferkuchenbier mit dem Kamenzer Bierkenner Axel Schneider zusammengearbeitet“, berichtet er. Und über diesen Kontakt kam auch die Verbindung zum Kamenzer Würstchen zustande. Auftraggeber war letztlich das Kamenzer City-Management. Ausgeschenkt werden sollte die regionale Bierkreation beim für den 31. März geplanten Würstchenmarkt. Doch daraus wurde aus den allseits bekannten Gründen nichts. Doch sitzen bleibt Tobias Frenzel auf seinem Würstchenbier nicht: „Der Verkauf über das Internet läuft gut. Anhand der Zugriffe können wir feststellen, dass tatsächlich viele Bestellungen aus Kamenz kommen.“ Doch was ist jetzt tatsächlich drin im Kamenzer Würstchenbier? „Das ist wirklich kein Geheimnis und kann auf dem Etikett nachgelesen werden“, lacht Tobias Frenzel. Also: Wasser, Gerstenmalz, Hopfen, untergärige Hefe, Pfeffer, Kümmel, Majoran. Aber ist das wirklich alles? „Natürlich nicht. Wir machen noch eine zweite Reifung, das heißt, wir ziehen das fertige Bier noch einmal durch den Hopfen. Dadurch entsteht ein rauchiges Aroma, welches die Gewürznote sehr gut ergänzt.“ Heraus kommt ein Bier, an dem sich die Geister scheiden: „Man liebt es, oder man hasst es.“ Dass es zumindest die geschmacklich vorgeprägten Kamenzer lieben, zeigt sich an der großen Mehrzahl der Reaktionen. 
Kamenzer Würstchen, Pfefferkuchen, Senf-Honig – diese Sorten bilden nur einen kleinen Ausschnitt aus der Vielfalt, die aus den Tanks der Braumanufaktur an der Preuschwitzer Straße fließt. „Als kleine, handwerklich arbeitende Brauerei können wir nicht auf Masse setzen. Unsere Stärke besteht in der Vielseitigkeit und in der Regionalität“, betont Tobias Frenzel.
 
Seine berufliche Heimat ist die von seinem Vater Thomas Frenzel betriebene Spree-Pension direkt unterhalb der Bautzener Friedensbrücke. „Bereits ab 2003 haben wir im damaligen Altstadtbrauhaus auf der Schlossstraße im ganz kleinen Umfang begonnen, Bier zu brauen“, erinnert sich „Frenzel junior.“ In der Spree-Pension wurde die Produktion dann erweitert, die Marke „Frenzel Bräu“ entstand. „Nach und nach kamen wir in die Lage, unsere Gäste komplett mit eigenem Bier zu versorgen.“ Da die Geschmäcker jedoch unterschiedlich sind, mussten die Frenzels bereits frühzeitig für die entsprechende Abwechslung sorgen. Um die Nachfrage befriedigen zu können, kam es schließlich 2015 zur Inbetriebnahme eines separaten Sudhauses im Gewerbegebiet Preuschwitzer Straße. Dort braut Tobias Frenzel jetzt neben den bereits erwähnten Sorten auch Kirsch, Rauchbier, Osterreiter-Festbier, Indian Pale Ale, und, und, und. 
Und die Ideen gehen nicht aus: Die neueste Kreation ist „Weiße Weste“, ein extraherbes Pilsener. Daran zeigt sich auch, dass es nicht nur exotisch zugeht: Auch „ganz normales“ Pils, Dunkel oder Hefeweizen stehen auf der Getränkekarte. 

Zurzeit muss sich Tobias Frenzel allerdings vornehmlich um andere Fragen kümmern als um neue Biersorten. Denn auch ihn und sein Unternehmen trifft die gegenwärtige Corona-Krise hart: „Die Fassbierproduktion, die den Großteil unseres Geschäftes ausmacht, ist durch den Shutdown der Gastronomie komplett weggebrochen.“ Gerade diesen Bereich wollte Tobias Frenzel in 2020 ausbauen, hatte bereits neue Serviergarnituren gekauft: „Die kann ich vorerst einmotten.“ Die Flaschenbierproduktion läuft zwar weiter, „ist aber nicht so profitabel.“ 
Der Braumanufaktur-Inhaber schaut dennoch zuversichtlich in die Zukunft. „Der Ausbau des Gastronomie-Geschäftes ist für uns sehr wichtig. Beim Flaschenbier können wir mit großen Anbietern im Preis nicht mithalten, bei Fassbier geht das eher. Und für die Gastronomen entsteht durch regionale Produkte und Biersorten ein Mehrwert.“ Und das gilt zweifellos auch für Kamenzer Würstchen-Bier. Ohne Fett, aber mit Majoran.

 

Uwe Menschner / 21.06.2020

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