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Kampf gegen den inneren Schweinehund

Kampf gegen den inneren Schweinehund

Ingolf Feldt hat nicht nur als Anbieter von Modellbahnen und Kreativspielzeug sein besonderes Augenmerk auf Verkehrs- und Familienpolitik. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Die politischen Lager haben sich in Sachen der Kandidaten für die Wahl zum Görlitzer Oberbürgermeister am 26. Mai längst sortiert. Dazu hatte sich mit Momo Riedmüller auch ein Spaßkandidat gesellt. Nun gibt es mit Ingolf Feldt sogar noch einen unabhängigen Überraschungskandidaten, sofern dieser genug Unterstützungsunterschriften erhält.

Görlitz. Für den 17. März von 14.00 bis 17.00 Uhr hat sich Ingolf Feldt vom Modellbahnhof in der Elisabethstraße wieder einmal als Organisator der Modelleisenbahnbörse im Wichernhaus, Johannes-Wüsten-Straße 23a, viel Arbeit aufgehalst. Doch parallel dazu hat er sich nun noch einem ganz anderen Kraftakt gestellt. Der Klein Neundorfer möchte als bereits 6. Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters bis zum 21. März die dafür notwendigen 160 Unterstützungsunterschriften sammeln, um auf dem Wahlzettel zu erscheinen – diese können im Bürgerbüro in der Jägerkaserne bei Vorlage eines Ausweises geleistet werden. Das gilt übrigens auch für einen anderen Klein Neundorfer – Andreas Müller von der Bürgerinitiative Seensucht wirbt gerade ebenso um Unterschriften zur Abgabe im Bürgerbüro. Müller möchte allerdings nicht als OB-Kandidat starten, sondern sich um ein gewöhnliches Mandat im Stadtrat als Einzelbewerber bewerben.
„Ich bin als Geschäftstreibender in der Innenstadt auch ein Ohr für Volkes Meinung“, meint OB-Bewerber Feldt, der vor allem denkt, den Bedarf nach einem echten Görlitzer zu erkennen, der nicht abhängig von Parteiräson oder Bündnissen ist. Auch wenn das politische Spektrum breit wie nie ist, müsse aufgrund dieser Abhängigkeiten ein unabhängiger Bewerber als Alternative ins Spiel kommen. Er habe innerlich mit sich gerungen, dann aber den inneren Schweinehund besiegt und schreitet nun mutig in den Ring. Ingolf Feldt betont, alles aus eigener Tasche zu bezahlen und niemandem verpflichtet zu sein – quasi das Modell Trump im Görlitzer Zuschnitt.
Wenig überraschend ist, dass der Modellbahnhändler ganz oben auf seiner Agenda den Ausbau des Nahverkehrs in der Stadt sehen möchte. Das liegt zwar allgemein im Görlitzer Trend, doch genau das regt Feldt auf.
„In den letzten zwei Jahrzehnten stand das bei Wahlen immer ganz oben und nach den Wahlen war das Thema dann genauso schnell wieder verschwunden“, sagt er.

Seiner Auffassung nach müsse man endlich einmal mit der Verlängerung der Straßenbahn über den Neißepark hinaus bis zur alten Wendeschleife an der Virchowstraße nahe des Klinikums ernst machen und Park and Ride attraktiver gestalten. Im Grunde verdiene Görlitz den Titel Europastadt auch erst dann, wenn man wieder eine Linie bis Moys (Ujazd) schaffe. Auch könne man mit einem Einzelticket mit nur einer 45-minütigen Gültigkeit nicht wirklich punkten. Was ihn als Ladenbesitzer jedoch besonders aufregt ist: „Die Stadt tut alles für den Ober- und Untermarkt, aber nicht wirklich etwas dafür die Innenstadt zu beleben.“ Häufig würden auch Touristen zu ihm in den Laden kommen, die nerve, dass man nur an Ladenketten und Cafés vorbeikomme. „Ein Tourist, der durch die Stadt schlendert, der muss doch auch als Kulturreisender mal in ein Geschäft kommen können, das sich von anderen unterscheidet“. Auf den Einwand, durch die Neugestaltung des Postplatzes gewinne die Stadt an Attraktivität, lächelt er milde. „Das ist alles sehr weitläufig, die Leute wollen sich auch mal im Schatten unter einen Baum setzen, aber echtes Grün sehe ich da nicht.“ Mit Blick auf die Konkurrenz fällt ihm auf, dass die Freiwillige Feuerwehr viel Unterstützung genieße. „Was aber ist mit der Berufsfeuerwehr? Zunächst einmal würde ich hier ansetzten.“ Doch ob Feuerwehr, Nahverkehr, Belebung der Innenstadt oder die Förderung von Familien, die man ihm als Händler von Kreativspielzeug im Kampf gegen die Monokultur des Plastikspielzeugs abnehmen darf: Eines steht an erster Stelle: „Ich will keine Wahlversprechen abgeben, die ich dann nicht halten kann.“ Die Menschen nähmen Politikern viel mehr übel, sich Stimmen durch Versprechen erkauft zu haben, als alles andere.

Feldt räumt ein, dass er die Gefahr, dass die Stadt sich übernehme, besonders bei der Stadthallensanierung sehe, doch aus der Dynamik der Ereignisse sei diese nun auf dem Weg. Nun müsse die Stadt diese aber in Eigenregie übernehmen, um böse Überraschungen zu vermeiden. „Aus hohen Folgekosten kommen wir jetzt nicht mehr raus“, meint er und fügt an: „Im Gespräch mit Kunden ist die Stadthalle oft ein Thema und viele haben leuchtende Augen. Ich sage ihnen immer: ’Der Eintritt zu einer Modellbahnmesse wird dort aber 15-20 Euro betragen, damit die Rechnung aufgeht. Haben Sie das bedacht?’’.

Eine Einladung für die Diskussion der OB-Kandidaten um die Zukunft der Stadthalle am 21. März um 18.00 Uhr im großen Saal des Wichernhauses – also dort wo dann vier Tage zuvor seine Modellbahnmesse stattgefunden haben wird – habe er vom Förderverein Stadthalle bislang nicht erhalten. Aber vielleicht ist dafür ja Voraussetzung, dass Feldt erst einmal seine Unterstützungsunterschriften zusammenbekommt. Das Bürgerbüro schließt am Tag der Diskussion, der ja auch Abgabeschluss für Unterstützungsunterschriften ist, übrigens eine Stunde nach Beginn der Diskussion im Wichernhaus. Aber auch zwei Stunden zuvor kann man ja ggf. per Handy noch eine Blitzeinladung aussprechen, wenn anzunehmen ist, dass der am 26. März tagende Wahlausschuss aller Voraussicht formal grünes Licht geben sollte.

Till Scholtz-Knobloch / 16.03.2019

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