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Königsparade ging in die Stadtgeschichte ein

Königsparade ging in die Stadtgeschichte ein

Die Königsparade am Samstag, dem 15. April 1893, war ein großes Schauspiel auf dem Zittauer Marktplatz. Foto: Sammlung Uwe Preuß

Mit der Königsparade am Samstag, dem 15. April 1893, jährt sich ein großes Ereignis der Zittauer Stadtgeschichte. Der sächsische König Albert aus dem Hause der Wettiner kam zu jener Zeit zu Besuch. Nicht zum ersten Mal war er in der Stadt, denn schon 1855 überbrachte er, damals noch als Kronprinz im Auftrag seines königlichen Vaters Johann, die Glückwünsche des Königshauses zur 600-Jahr- Feier der Stadt Zittau.

Zittau. Die örtlichen Zeitungen berichteten damals ausführlich, dass schon seit Tagen die Stadt reichlich Schmuck in den Straßen angelegt hatte, durch die der Monarch fahren wird. Alle öffentlichen Gebäude wurden in Festschmuck gehüllt. Die Schaufenster der Innenstadt hatten deren Besitzer prächtig dekoriert und an den Gebäuden waren lange Girlanden ein Blickfang. Das Rathaus war mit vornehmstem Schmuck angelegt, den Wald und Garten hergaben. Den Marktplatz zierten Fahnen der Stadt und des Landes, deren lange Lindenholzstangen mit Stoffstreifen weiß-grün umwickelt waren, die von mehreren Reihen goldener Nägel gehalten wurden. 
Auch das in der Mandaukaserne stationierte „Königlich-Sächsische 3. Infanterieregiment Nr. 102“ war ausgerückt, um auf dem Marktplatz eine Probeaufstellung zu üben. Das Regiment füllte den Platz aus, denn es stand Bataillonsweise in der gesamten Front nach Norden. Die schmucke Regimentskapelle übte vor den vielen Schaulustigen, die sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen wollten, denn für die Bevölkerung war das ein angenehmer Wechsel im Alltagsleben. Viele Male stimmte die Kapelle den102-er Parademarsch, die Sachsenhymne und den Präsentiermarsch an, jene Musik, die zu Ehren des hohen Gastes gespielt wird. Danach übten, immer und immer wieder, die Soldaten in einzelnen Zügen den exakten Parademarsch für ihren großen Auftritt vor König Albert.

Schon am Freitagabend, dem 14. April, reiste der König in Begleitung seines Generaladjutanten Generalmajor von Treitschke in einem Extrazug im Salonwagen aus Dresden an. Bürgermeister Oertel und hochrangige Vertreter der Stadt, unter ihnen auch der Regimentskommandeur der hiesigen 102-er Oberst von Carlowitz, begrüßten seine Majestät. Auf dem Bahnhofsvorplatz, der wie die Stadt aufwendig geschmückt war, feierte ihn die Bevölkerung stürmisch. Nach der Begrüßungszeremonie bestieg er die bereitgestellte Pferdekutsche und fuhr zu seiner Unterkunft nach Oybin. In Spalierbildung, denn der Menschenandrang in den Straßen war groß, eingehüllt in Fackelschein und Lampions der Kinder, fuhr seine Kutsche die Bahnhofstraße entlang. Bezaubernd muss der Anblick des Johanneums gewesen sein, dessen Fenster im hellen Kerzenschein leuchteten und vom Turme herab erhellten bunte, bengalische Feuer mit ihrem magischen Licht die Umgebung. Der lange Säulenbau des Stadtbades am Töpferberg strahlte im Feuerschein. Beide Seitenflügel waren in grünes Licht getaucht, während der Mittelbau in einem roten Feuer leuchtete und der Mond stand wie bestellt über allem und führte magische Regie. Auch das Hospital St. Jakob war in eine lichtstrahlende Fassade gehüllt. Über die Hospitalstraße und Äußere-Oybiner-Straße ging die Fahrt weiter nach Oybin. Auch in Olbersdorf wurde der Landesherr mit gebührendem Beifall empfangen. Die Olbersdorfer hatten ihm eine Ehrenpforte aus Tannenreisig und viel Licht errichtet. Spät abends erreichte König Albert Oybin. Einen offiziellen Empfang hatte seine Majestät abgelehnt, da der Plan am frühen Morgen eine Jagd vorsah. Der Kretscham (einst „Margaretenhof“, „Völkerfreundschaft“, nach Abriss entstand das Hotel „Oybiner-Hof“) war mit vielen Fackeln beleuchtet und vom Balkon des Hauses stimmte eine Musikkapelle die Sachsenhymne an, als sich der König näherte. Das Hotel Engelmann, die Unterkunft des hohen Gastes (früher „Kurhaus“, „Casino“ und heute „Haus des Gastes“), war geschmückt mit Tannenbäumen und Willkommenssprüchen, umsäumt von den vielen Einheimischen, die ihm ein herzliches Willkommen zuriefen. Die Jagd war auf den frühen Morgen angesetzt. Mit einem Auerhahn war das Waidmannsglück auf der Seite des Königs.

An diesem historischen Samstag, dem 15. April 1893, standen schon seit dem frühen Morgen viele Zittauer dicht gedrängt auf dem Markt, um dem großen Schauspiel, der Regimentsparade des 102-er Infanterieregiments, beizuwohnen. Die Soldaten des 102-er Regimentes standen in Paradeaufstellung mit der Front in Richtung Stadtapotheke, die 330 Jahre lang, bis zum 1. September 1849, die einzige Apotheke der Stadt war.
Rechtsaußen hatte die Regimentskapelle Aufstellung genommen, links außen am Roland-Brunnen die Reserveoffiziere. Wenige Minuten erst stand auf der Marktmitte der neuernannte Regimentskommandeur Oberst von Carlowitz mit seinem Adjutanten, als brausender Beifall einsetzte, der die Ankunft des Königs schon von weitem ankündigte. An der Johanniskirche stieg seine Majestät in Begleitung von Generalmajor Treitschke aus der Pferdekutsche. Beide gingen mit kräftigem Schritt zur Mitte des Marktes. Die im sachten Wind wehenden Fahnen winkten beiden ein herzliches Willkommen zu. Laut schallten stürmische Hochrufe über den großen Platz. Ein hörbarer Ruck ging durch die Soldaten, als Oberst von Carlowitz kommandierte: „Das Gewehr über!“ „Achtung, präsentiert das Gewehr!“ Der König nahm vom Oberst die Meldung entgegen und beide schritten unter den Klängen des Präsentiermarsches, wobei alle Gespräche respektvoll verstummt waren, die lange Regimentsfront ab. Danach erfolgte der Höhepunkt des Tages. Das 102-er Regiment defilierte in Kompaniefront im Parademarsch an König Albert vorbei. Vor jedem Bataillon marschierte der Major mit seinem Adjutanten, dem Zugweise die einzelnen Kompanien folgten. Vor jedem Offizier legte der König seine Hand grüßend an den Helm. Als die letzte Kompanie vorüber marschiert war, wandte sich seine Majestät den versammelten Offizieren des Regiments zu und sprach ihnen seine Anerkennung aus. Damit hatte das militärische Schauspiel seinen Abschluss erreicht und man begab sich gemeinsam zum Rathaus. Mit klingendem Spiel rückte das 102-er Regiment, begleitet von vielen Kindern und Einheimischen, wieder in die heimatliche Mandaukaserne ein.

Am rechten Treppenaufgang begrüßte Bürgermeister Oertel den König und die Herren des Militärs und bat sie in die oberen Räume des Rathauses, um die neuen Glasfenster des Bürgersaales zu besichtigen. Seine Majestät war von den Räumlichkeiten und den Bleiglasfenstern äußerst beeindruckt. Danach erfolgte ein gemeinsames Essen. Die Tafel war mit Großschönauer Damast gedeckt. Nach 13.00 Uhr gab seine Majestät das Zeichen zur Aufhebung der Tafel, verabschiedete sich von allen Festteilnehmern und begab sich auf den Markt, um die Ratskutsche zu besteigen, die ihn durch die dicht belebten Straßen zum Bahnhof brachte, wo er sehr herzlich von zahlreichen Bürgern der Stadt verabschiedet wurde. Es waren nur wenige Momente, bis der Zug aus den Augen der noch jubelnden Bahnsteigbesucher in der leichten Linkskurve verschwunden war. 
1893 wurde in Sachsen die militärische Dienstzeit auf zwei Jahre angehoben, was aber der Verehrung des Landesfürsten keinen Abbruch tat. König Albert regierte noch bis 1902, ihm war eine Amtszeit von 29 Jahren beschieden.

Frank Brandt / 16.04.2019

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