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Mit Schlitten und zwei Schlägern auf dem Eis

Mit Schlitten und zwei Schlägern auf dem Eis

Die Para-Eishockey-Nationalmannschaft hat den Sprung zu den Paralympischen Spielen 2018 leider verpasst. Das Foto zeigt Robert Papst im Dress des SC Kolin aus Tschechien, für den er zeitweilig angetreten ist. Foto: EVL Niesky

Beim ELV Niesky kann auch Para-Eishockey gespielt werden – für Behinderte ist das ein idealer Sport. Aber Mitspieler werden weiterhin händeringend gesucht.

Niesky. Para-Eishockey zählt zur Königsklasse der Sportarten für behinderte Menschen und ist damit auch in diesem Bereich mit Abstand die schnellste Mannschaftssportart der Welt. Alles, wie Spielregeln, Eisfläche oder Ausrüstung entspricht ganz dem regulären Eishockey. Nur: Anstatt Schlittschuhe benutzen die Spieler spezielle Schlitten. Zur Fortbewegung und zum Spiel dienen zwei kurze Schläger. An deren Griff-Enden sind Spikes befestigt. Para-Eishockey ist nicht nur eine Hobbysportart, sondern auch olympisch. Im Februar 2016 wurde beim Eislaufverein (ELV) Niesky die Sektion Para-Eishockey gegründet. Der Vorsitzende heißt Robert Papst und kommt aus Görlitz.

Das Winterhalbjahr über, jeden Mittwoch zwischen 16.00 und 17.00 Uhr, kann man im neu erbauten Nieskyer Eisstadion am Waldbad Robert Papst, meist mit seinen Söhnen antreffen. Diesmal ist der 42-jährige Görlitzer mit Laurin, 10 Jahre und Leander, zwei Jahre jünger, angereist. Lucius, der Älteste, hat einen Termin in der Schule. „Meine drei Jungs sind natürlich auch Mitglieder im Verein. Ich bin so froh, hier Eiszeit und durch den Verein jegliche Unterstützung zu bekommen. Vor allem bei Theo Schwabe“. Der Cheftrainer des ELV winkt bescheiden ab. „Wir kennen uns schon aus meiner Zeit, als ich noch im Fuchsbau in Weißwasser aktiv war. Robert ist trotz seines Handycaps (1993 musste sei rechtes Bein bis zum Knie amputiert werden; A.d.R.) einfach Klasse. Er ist für uns eine echte Persönlichkeit. Wir unterstützen ihn und seine Anliegen jederzeit, sehen das als eine wichtige soziale Aufgabe im Verein.“ Bei den Trainingseinheiten auf dem Eis kann man das immer wieder beobachten. Links trainieren die Jungs der U14, rechts die Bambini. Und in der Mitte Robert Papst im Schlitten mit seinen Jungs und immer mal mit einem der Tornado-Nachwuchsspieler. Das Tempo, seine Finten sind einfach Klasse. Ruck zuck ist er vor dem linken Tor und knallt den Puck in die Ecke. Zwischendurch kümmert er sich um Sandro Gratzke, legt ihn die Ausrüstung an, übt mit ihm das Einsteigen in den Schlitten.

Der 23-jährige Görlitzer, zurzeit leistet er ein Bundes-Freiwilligen-Dienstjahr im Martinshof in Rothenburg, ist zum ersten Mal im Eisstadion. Ihm fällt das Sprechen schwer. Er lernte kurz vor Weihnachten auf der Kunsteisbahn am Görlitzer Obermarkt Laurin und Lucius kennen. Die überredeten ihn, mal mit ihrem Vater mit nach Niesky ins Eisstadion zu kommen.

Gesagt, getan. Die erste Stunde war nicht ganz einfach, die zweite nach einer Woche schon besser, die dritte richtig gut. Dazu Robert Papst: „Sandro zeigt viel Willen, hat jetzt richtig Spaß. Jeder kann das lernen. Aber das wichtigste ist, du musst dranbleiben. Ein junger Behinderter aus der Gegend um Weißwasser war mal da, kam nicht wieder. Er vergibt damit eine große Chance.“

Robert Papst muss das wissen. Er arbeitete sich kontinuierlich hoch auf dem Eis. Seit 1998 spielt er mit Leib und Seele in der deutschen Para-Nationalmannschaft und in verschiedenen Para-Teams. Da kommt der Görlitzer in der Welt herum. Seine größten Erfolge waren Platz 4 bei den Paralympics in Turin und 2013 in Nagano (Japan) der Aufstieg von der B- in die A-Weltmeisterschaft. Am meisten aber ärgert sich der 42-jährige noch heute über den Abstieg im vorigen Jahr bei der A-Weltmeistersschaft in Korea. „Der siebente Platz reichte nicht zur Teilnahme an den paralympischen Spielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang. Wie so oft verloren wir das entscheidende Spiel wieder mal mehr als knapp gegen die Schweden. Für mich war das schon eine Enttäuschung.“
Deshalb aber gibt Robert Papst nicht auf. Nach wie vor spielt er im nahen Tschechien beim HC Olmütz (Olomouc) und nutzt seine Erfahrungen auch als Trainer mit C-Lizenz, um vor allem in den deutschen Landen Para- Eishockey wieder verstärkt vor allem unter jüngeren Behinderten populär zu machen.

„Etwa 200 Aktive waren vor Jahren noch dabei, heute sind es keine 50 mehr. Das macht sich natürlich im bundesweiten Spielbetrieb bemerkbar. Die Nationalmannschaft hat ein Durchschnittsalter von über 40 Jahren“, zieht Robert Papst, auch selbst schon „im besten Alter“, eine eher ernüchternde Bilanz.

„So kann das nicht weiter gehen. Dabei sind die Bedingungen in Deutschland sehr günstig. Leider sind viele der behinderten Jungs einfach zu bequem, zu uns zu kommen.“ Geld für den Fachbereich Para-Eishockey im Behindertensport ist da. Dafür sorgen etliche Sponsoren aus der Wirtschaft, Gönner und Privatpersonen.
Acht deutsche Eissport- Vereine haben sich diesen Sport zur Aufgabe gemacht. So auch der ELV Niesky. Dazu Präsident Jörn Dünzel: „Gerade der Sport, so auch Para-Eishockey, ist für Behinderte immer ein Erfolgserlebnis und stärkt das Selbstwertgefühl. Mit unserem neuen Eisstadion haben wir dafür ideale Bedingungen und werden diese neue Disziplin in den nächsten zwei Jahren entwickeln. Noch in dieser Saison wollen wir während einem Tornado-Heimspiel in einer Drittelpause eine kurze Einlage organisieren und damit Werbung für das Para-Eishockey machen. Die Zuschauer werden sicher begeistert und beeindruckt sein.“

Und auch das sollte in den nächsten zwei Jahren greifen: Auf Anfrage im Martinshof Rothenburg um Unterstützung der Sektion Para-Eishockey heißt es von einem leitenden Mitarbeiter der Einrichtung: „Wir sagen dazu grundsätzlich Ja. Näheres werden Sie noch erfahren.“

Dass der Martinshof schon Fuß auf dem Nieskyer Eis gefasst hat, das zeigt Sandro Gratzke. Kontakt: kontakt@eislaufverein-niesky.de, Robert Papst, Tel. 0172/3405985

U. Martin/tsk / 11.02.2018

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