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Polizist mit stinkender Jauche übergossen

Polizist mit stinkender Jauche übergossen

Kottmar/Zittau. Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", wusste schon Friedrich Schiller in "Wilhelm Tell" zu berichten. Natürlich ist ein solches Gezänk auch noch heute nichts Ungewöhnliches. Man denke nur an Maschendrahtzaun und Knallerbsenstrauch. Wenn dann aber sogar ein Polizeibeamter in Ausübung seines Dienstes mit flüssigen Exkrementen überschüttet wird, dann stinkt das im wahrsten Sinne des Wortes gewaltig zum Himmel.

Genau das war der Grund dafür, dass sich der 73-jähriger Peter A. aus Kottmar wegen gefährlicher Körperverletzung am Amtsgericht Zittau verantworten musste. Bereits seit 2009 habe es zwischen ihm und seinen Grundstücksnachbarn im Ortsteil Obercunnersdorf immer wieder Zoff gegeben, berichteten mehrere Zeugen.

Am Abend des 10. Juni 2013 sei das Ganze eskaliert. Nach massiven verbalen Bedrohungen rief der spätere Geschädigte telefonisch die Polizei zur Hilfe. Diese traf gegen 20.30 Uhr ein. Während eine Beamtin die Ehefrau des Anrufers befragte, ging der zweite Beamte mit dem Kläger zum erheblich höher gelegenen und durch eine Mauer begrenzten Nachbargrundstück, um sich einen eigenen Eindruck von der örtlichen Situation zu verschaffen. Dazu stellten sie eine Leiter an.

Als der erste hinaufzusteigen begann, wurden sie von oben aus einem Eimer mit einem Schwall übelriechender Flüssigkeit übergossen. Das meiste bekam der Streifenbeamte ab. Nicht nur Uniform und Schutzweste (Wert etwa 400 Euro), sondern auch Handy, Pistolenholster und anderes Ausrüstung wurden regelrecht eingesaut und mussten mühevoll gereinigt werden. Zudem gerieten Teile davon  in Mund und Augen, was sofortiges Erbrechen, weiter anhaltende Übelkeit und erhebliche Augenreizung mit Sehbehinderung zur Folge hatte.

Deshalb trat der Polizeiobermeister beim Prozess nicht nur als Zeuge, sondern auch als Anschlusskläger auf. Während er selbst nur eine Bewegung oberhalb der Leiter und ein Rauschen wahrnahm, bevor ihn die stinkende Jauche ereilte, hatte der weiter oben auf der Leiter stehende Grundstückseigentümer nach eigenen Angaben Peter A. deutlich erkannt und als Täter identifiziert. Das deckte sich völlig mit den Aussagen der Tochter, die ebenfalls Augenzeugin des Vorfalls war.

Sie sah Peter A. mit einem Eimer unter der Blaufichte hervorkommen, bestätigte die junge Frau. Vermutlich hatte dieser das Gefäß schon für einen solchen Fall vorbereitet. Auf die Frage der Verteidigerin an den Polizeibeamten, ob er denn einschätzen könne, ob es sich denn bei der Flüssigkeit tatsächlich um tierische Exkremente gehandelt habe, platzte diesem förmlich der Kragen. Er sei Polizist und nicht Biologe oder Veterinär, rief er ungehalten aus. Und er versehe seinen Dienst, um Menschen zu helfen und nicht, um von anderen mit Mistbrühe übergossen zu werden. Schließlich konnte die Beweisaufnahme beendet werden.

Für den Staatsanwalt gab es keinen Zweifel daran, dass sich die Sache tatsächlich so zugetragen hatte. Er sehe auch keinerlei Anlass dafür, die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage zu stellen, betonte er. Die verwendete Flüssigkeit gelte durchaus als Tatwerkzeug, womit der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung gerechtfertigt sei. Man könne nur von Glück sagen, dass keiner der beiden Betroffenen unter Folgeschäden zu leiden habe.

Er beantragte eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt zur Bewährung von drei Jahren. Als Auslage sah er es als angemessen an, dass der Angeklagte 1.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlt. Das ganze Verfahren habe gezeigt, dass man sehr einseitig gegen ihren Mandanten vorgegangen ist, entgegnete die Verteidigerin.

So sei nie untersucht worden, ob nicht eine weitere männliche Person anwesend war. Vielleicht habe ja auch ein aufgeschrecktes Schaf den Eimer umgestoßen. Und sie erhob weitere, schwerwiegende Anschuldigungen gegen die Staatsanwaltschaft und das Gericht. Möglicherweise sei das Ganze sogar vorher abgesprochen gewesen. Man könne jedenfalls ihrem Mandanten weder eine bewusste noch eine fahrlässige Handlung im Sinne der Straftat nachweisen. Deshalb sei er freizusprechen.

Das Gericht unter Vorsitz von Dr. Holger Maaß wertete die Tat als hinterlistigen vorsätzlichen und gefährlichen Angriff. Sowohl in der Frage der Schuldzuweisung als auch in der Höhe des Strafmaßes folgte es der Argumentation des Anklagevertreters. Eine Abweichung gab es lediglich bei der Bewährungsauflage. Nach Weisung des Gerichts hat der Angeklagte in Hinsicht auf die Anschlussklage 700 Euro Schmerzensgeld und Wiedergutmachung an den geschädigten Polizeibeamten zu zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Rolf Hill / 16.11.2015

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