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Verhallt am Spreeufer Gretas Weckruf?

Verhallt am Spreeufer Gretas Weckruf?

In kurzer Zeit den Fahrzeugakku aufladen wie hier am Görlitzer Einkaufszentrum „Neißepark“ ist in Bautzen derzeit noch nicht möglich. Dort fehlt es an Schnellladesäulen im Stadtgebiet. Foto: privat

Was war eher da – das Ei oder das Huhn? Genauso verhält es sich bezogen auf die Elektromobilität in Bautzen. Um einen Anreiz zum Kauf eines E-Autos zu geben, müssten mehr Lademöglichkeiten geschaffen werden, meinen die Befürworter dieser Antriebstechnik. Deren Kritiker hingegen verorten die allgemeine Kaufzurückhaltung an anderer Stelle und sehen wie aktuell in der Spreestadt deshalb keinen besonderen Handlungsbedarf.

Bautzen.
Der Autoantrieb der Zukunft wird nicht der Elektroantrieb sein. So viel steht für die Alternativen von der Bautzener AfD schon einmal fest. „Nach dem Durchzug und Abklingen des vor allem ideologisch ausgerufenen Klimanotstandes, Weltunterganges oder der ‚Klimareligion mit der heiligen Greta’ wird auch diese Problematik wieder auf die Sachebene zurückgeführt und neu geordnet“, ist sich Fraktionschef Sieghard Albert sicher. In dem Kontext fügt er hinzu: „Bei den jetzigen Kosten für E-Autos wird auch in Zukunft die Anzahl der zu ladenden Fahrzeuge überschaubar bleiben.“ Um letztendlich doch einzuschränken, dass ein kleines elektrisch angetriebenes Stadtauto durchaus sinnvoll sein kann.

In den Reihen des Bürgerbündnisses Bautzen (BBBz) werde die Entwicklung aufmerksam beobachtet, wie Steffen Tech erklärt. Der Fraktionsvorsitzende erwartet beispielsweise mittelfristig keine spürbare Belebung des Tourismus, auch wenn öffentliche Ladesäulen in Bautzen errichtet würden. „Von daher sehen wir derzeitig nicht die Notwendigkeit, größere Investitionen in dem Bereich zu tätigen.“

Vor dem Hintergrund einer sich scheinbar abzeichnenden Mehrheit im Stadtparlament contra Ausbau der Ladeinfrastruktur durch die öffentliche Hand übt sich auch die Verwaltung im Rathaus zunächst in vornehmer Zurückhaltung.

Nach deren Angaben stehen keine städtischen Mittel zur Verfügung, um auf kommunalem Boden Ladesäulen zu errichten. Hingegen wird wie gewohnt gern auf private Initiativen verwiesen. So gebe es im Stadtgebiet entlang der Dresdener Straße, an der Löbauer und Wilthener Straße, an einem Bettenhaus an der Wendischen Straße sowie an der Muskauer Straße Ladeorte mit unterschiedlichen Ladeleistungen. Diese reichen von 3,7 bis hin zu 22 Kilowatt. Echte Schnellader sind innerorts bisher Fehlanzeige. Darüber hinaus existiert im Centrum-Parkhaus eine von den Energie- und Wasserwerken (EWB) betriebene Ladesäule, die, wie die Stadtverwaltung bereits im vergangenen Dezember auf Nachfrage unserer Zeitung einräumte, nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht.

Unterm Strich klingt das nicht unbedingt nach einer Kommune, die sich gern als moderner Wirtschaftsmotor national und international verkauft und mit der Zeit gehen will, meinen Kritiker. Selbst Weißwasser, Görlitz und auch Bischofswerda, Neukirch sowie Schirgiswalde-Kirschau, um nur einige Beispiele aufzuführen, reagierten bereits vor einiger Zeit und stellten auf städtischem Boden zusammen mit Partnern Ladesäulen auf.

Die FDP verfolgt die Entwicklung indes mit Sorge. Nach eigener Darstellung hat die Partei einen Vorschlag geäußert, mit einem bekannten Hersteller von Elektrofahrzeugen Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam Ladesäulenstandorte im Stadtgebiet festzulegen. „Das würde einen sehr positiven Effekt für Bautzen bringen“, betont Fraktionschef Mike Hauschild heute wie gestern. „Leider habe ich bisher keine Aktivitäten der Verwaltung dazu feststellen können.“ Und das, obwohl scheinbar doch einmal Geld im Etat vorgesehen war. Noch einmal der Liberale: „Im Haushalt sind 10.000 Euro für solche Ladesäulen eingestellt. Auf Nachfrage der FDP, wie diese Summe eingesetzt werden soll und wie das Konzept der Stadtverwaltung dazu aussehen würde, kam nur verstörtes Achselzucken.“

Das ist nicht der einzige Punkt, bei dem die Verwaltung mittlerweile eine Kehrtwende vollzieht. Von der bereits für das zweite Quartal in Aussicht gestellten neuen Ladesäule im Centrum-Parkhaus fehlt nach wie vor jede Spur. Noch am 3. Dezember 2018 hieß es dazu wörtlich aus dem Rathaus: „Ja, es ist richtig, dass die Ladestation im Parkhaus Centrum nicht mehr von allen Elektrofahrzeugtypen vollumfänglich genutzt werden kann. Die Ladesäule wurde im Sommer 2011 eingeweiht. Zu dem Zeitpunkt gab es andere Parameter zu erfüllen. Daher ist die Ladeleistung mit heutigen Ladesäulen nicht vergleichbar und auch nicht mehr zeitgemäß.“ Und weiter: „Ab April/Mai 2019 wird eine Ladesäule mit zwei Anschlüssen von je elf Kilowatt Leistung im Parkhaus Centrum zur Verfügung stehen.“ Mittlerweile sind seitdem mehrere Monate verstrichen und offenbar will sich an diese Aussage niemand mehr so recht in den Amtsstuben erinnern. Inzwischen erhält der Oberlausitzer Kurier folgende Auskunft: „Zugegeben: Die Ladesäule ist schon etwas älter und wurde mit dem Zuseum e. V. zu einer Zeit entwickelt, als die Technik noch in den Kinderschuhen steckte. Aber die Säule im Parkhaus funktioniert und wird genutzt – wenn auch nicht sehr häufig. Zudem ist der Gebrauch für die Autofahrer komfortabel, da sie für den geladenen Strom mit Ausnahme der Parkgebühr nichts zahlen müssen.“ Allerdings gibt es auch eine gute Nachricht. Pendler und Touristen werden in absehbarer Zeit auf dem Schliebenparkplatz zwei Ladestationen vorfinden. Laut EWB erfolgt die Montage im Laufe des Novembers. Früheren Angaben zufolge handelt es sich dabei um eine Schnell- und eine Normalladesäule.

Zusammenfassend lässt sich konstatieren: Elektromobilität ist durchaus ein wichtiges Thema, wie ein Stadtsprecher im Dezember 2018 feststellte. Denn nach Aussage der Branche könnte sich die Zahl der Nutzer in wenigen Jahren enorm erhöhen. Jedoch sagt er heute auch: „Durch eigene Maßnahmen eine Ladeinfrastruktur zu schaffen, die am Bedarf vorbeigeht oder zukünftige Entwicklungen nicht berücksichtigt, ist aus Sicht der EWB unverantwortlich. Die in Bautzen ohnehin knappen Parkplätze würden zu einem Gutteil der Ladeinfrastruktur zugeordnet. Zudem sind die Kosten für die Errichtung einer solchen Infrastruktur enorm. Es geht dabei nicht nur um die Ladesäulen, sondern auch den hierfür erforderlichen Netzausbau und kostspielige Abrechnungssysteme. Die von der Bundesregierung bereitgestellten Fördermittel sind sehr begrenzt und an Bedingungen geknüpft, die die Umsetzung erschweren.“

Bedeutet im Umkehrschluss: Privatinitiativen wie Ladesäulen an Ärztehäusern, Einkaufszentren oder auf Wohngrundstücken werden durchaus begrüßt. Die Kommune möchte jedoch ungern Vorreiter sein. Dabei könnte gerade sie das zentrale Ziel der deutschen Klimaschutzpolitik, also die Minderung von Treibhausgasemissionen, hier zu Lande ein Stück vorantreiben. Zumindest, so gibt die Verwaltung vor, arbeite sie mit der Stadttochter BBB sowie der EWB an diesem Thema – und zwar in enger Abstimmung. In den zurückliegenden Monaten sei ein Energiekonzept entwickelt worden, das der Stadtrat demnächst auf den Tisch bekommen soll.

Dass Bautzen durchaus eine bessere Ladeinfrastruktur benötigt, zeigt folgende Prognose. Demnach wächst in der Spreestadt der Bestand an Elektroautos im Jahr 2027 auf 300 Fahrzeuge an. Der Rathaussprecher erklärte in dem Zusammenhang: „Natürlich müssen wir die Investitionen, die für den Ausbau der E-Infrastruktur nötig sind, gründlich gegen alle sonstigen öffentlichen Aufgaben abwägen.“ Vor allem deshalb, weil derzeit die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland schwer einschätzbar sei und mit ihr die Frage der zukünftigen Ladetechnologie. Es könne durchaus sein, dass auch andere Arten der Stromversorgung wie Batterietausch oder Induktion in der Region Fuß fassen.

Roland Kaiser / 26.10.2019

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