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Was zählt ein OB-Wort in Bautzen?

Was zählt ein OB-Wort in Bautzen?

Der in die Kritik geratene Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens wünscht sich für 2019 einmal mehr Dialog, Zusammenarbeit und die Bereitschaft zur Mitgestaltung. Das fordern inzwischen auch zahlreiche Stadträte und Bürger der Stadt von ihm ein.

Bautzen. Wer sagt die Wahrheit oder geht es am Ende lediglich um die Frage, wie eine Sache ausgelegt wird? Fest steht: Im Ringen um einen kommunalen Kulturfonds ist zwischen einer Mehrheit im Stadtrat und Oberbürgermeister (OB) Alexander Ahrens ein Streit entbrannt, der Folgen haben könnte. CDU, FDP und Bürgerbündnis Bautzen (BBBz) haben am Dienstag während eines eilig einberufenen Pressegesprächs dem Stadtoberhaupt Wortbruch vorge-worfen. Von einem Misstrauensvotum wollten die Bürgervertreter jedoch vorerst absehen. Ihnen zufolge hat der OB am 27. August, also zwei Tage vor dem Beschluss im Stadtparlament zum Kauf des Krone-Areals, bei einer Beratung mit Abgeordneten der jeweiligen Parteien per Handschlag versichert, dass dieser Fördertopf bereits im Haushalt 2019 etabliert wird – und zwar in einer Höhe von 300.000 Euro. 
„Eine Untersuchung der Wohnungsbaugesellschaft BWB, die ja bekanntermaßen ab Januar nächsten Jahres Eigentümerin des etwa 9.000 Quadratmeter großen Areals ist, zeigte im Vorfeld auf, dass ein Teil des Geldes ausreicht, um einen Probebetrieb in der Krone anzuschieben. Anfallende Betriebskosten sollen davon nicht bestritten werden“, erklärte CDU-Fraktionschef Karsten Vogt. Die Christdemokraten machen sich zusammen mit den Liberalen und den BBBz-Stadträten seit Längerem für eine Wiederbelebung des früheren Veranstaltungstempels im Herzen der Spreestadt stark. „Wir können nicht die zahlreichen Menschen vor den Kopf stoßen, die sich für die Krone engagieren. Auch aus der Bevölkerung haben wir positive Rückmeldungen bezüglich eines künftigen Stadthallenbetriebes erhalten“, fügte Karsten Vogt hinzu. Als Beleg dafür führte Katrin Kluge vom Bürgerbündnis die über 1.000 Besucher an, die sich am Tag des offenen Denkmals vor Ort umschauten. „Einige von ihnen hatten Tränen in den Augen, weil sie zahlreiche Erinnerungen mit dem früheren Veranstaltungshaus verknüpfen.“ In Bezug auf das Treffen mit Alexander Ahrens betonte Karsten Vogt: „Wir sind mit einem Handschlag auseinandergegangen, bei dem ich dem Oberbürgermeister sagte, dass ich damit nicht ‚Auf Wiedersehen’ meine.“ Eine Notiz aus dem Wortprotokoll der Stadtratssitzung vom 29. August 2018 lässt wenig Zweifel an der Darstellung der Stadtparlamentarier aufkommen. Darin wird das Stadtoberhaupt bezogen auf die Krone folgendermaßen wiedergegeben: „Solange es die Stadt und die BWB kein Geld kostet, kann sich da auch ein Nutzer finden, der das Ding bis zur Abrissreife betreibt, um es mal so deutlich zu sagen... Wenn das plötzlich der Hotspot Bautzens werden würde und die Veranstaltungen dort nur so überquellen würden, hätte das sicherlich politische Auswirkungen. Ich vermag das noch nicht zu erkennen, aber ausschließen können wir es an dieser Stelle nicht. Wir haben uns zudem im Rahmen des Einigungsprozesses dahingehend verständigt, dass wir zukünftig bei den Haushaltsgesprächen uns über einen Topf verständigen wollen, der das Thema Zuschüsse an kulturelle Vereine und kulturelle Veranstaltungen beinhalten soll... Das heißt aber auch nicht, dass wir damit Betriebskosten sponsern. Aber das war durchaus auch Konsens in dieser Besprechung.“ Genau auf diese Aussage vertrauten die Bürgervertreter im Zuge der anschließenden Haushaltskonsultationen, die sich bis in den Herbst hinein erstreckten. „Leider mussten wir feststellen, dass ein Kulturfonds nicht im nächsten Etat enthalten ist“, konstatierte FDP-Mann Mike Hauschild. 

Indes ließ eine Reaktion aus dem Rathaus nicht lange auf sich warten. Das Areal rund um die Krone sei mit dem Ziel erworben worden, sich die Rechte für eine Entwicklungsfläche in zentraler Lage zu sichern, teilte Stadtsprecher André Wucht im Auftrag der Verwaltungsspitze mit. So habe Oberbürgermeister Alexander Ahrens vor der Abstimmung in der Augustsitzung betont, dass die Stadt nicht wieder nur daneben stehen will, während private Investoren ihre Ideen verwirklichen. „Zudem machte er deutlich, dass die Veranstaltungshalle weder an den Tropf der Stadt noch der BWB gehangen werden darf.“ In Hinblick auf eine mögliche Kulturförderung habe sich Alexander Ahrens in Auswertung von Gesprächen mit der CDU-Fraktion in der Weise geäußert, wie es in besagtem Wortprotokoll nachzulesen ist. „Eine Zusage von meiner Seite hat es nie gegeben“, versicherte indes der OB. „Ich habe zwar Gesprächsbereitschaft signalisiert, kann mit Blick auf den Haushaltsplan 2019 aber keinesfalls eine Zusage machen.“ Mittel in Höhe von 300.000 Euro stünden im kommenden Jahr nicht frei zur Verfügung. „Andere Kulturförderungen, beispielsweise für das Theater, müssen um den benannten Betrag gekürzt werden.“ Dabei handele es sich um eine Entscheidung des Stadtrates. 

Alexander Ahrens zeigte sich über die Anschuldigungen, die die Bürgervertreter von CDU, FDP und BBBz öffentlich vorgebracht haben, enttäuscht. „Trotz der Gesprächsbereitschaft der Verwaltung geht man den Weg einer öffentlichen Anklage meiner Person. Das ist inhaltlich falsch und auch sonst kein gedeihlicher Umgang.“ 
Dass so manch Bautzener diese Gesprächsangebote mit einer gewissen Erwartungshaltung verbindet, scheint die Verwaltung auszublenden. Nicht nur die Krone-Befürworter haben mittlerweile diese Erfahrung machen müssen. Ähnlich erging es zu Jahresbeginn bereits den Boxsportlern vom SV Post Germania. Speziell in ihrem Fall hatte die Rathausspitze Hoffnungen auf ein Entgegenkommen bei den Nutzungsgebühren für die Mehrzweckhalle am Schützenplatz geweckt. Der gemeinnützige Verein, der unter anderem über die jährliche Boxnacht seine Nachwuchsarbeit mitfinanziert, beklagt, dass er als ortsansässiger Club sogar für die Tage des Auf- und Abbaus den höchstmöglichen Tagessatz zahlen soll, obwohl er in dieser Zeit keine Einnahmen durch die Erhebung von Eintrittsgeldern erzielt. „Das können wir nicht nachvollziehen“, gab Vereinsschatzmeister Marcel Frenzel zu verstehen. Seiner Ansicht nach sollte in dem Fall ein viel niedriger Gebührensatz zum Tragen kommen. Doch daraus wird offenbar nichts. Die Verwaltung beharre auf der bestehenden Satzung, Ausnahmen seien keine machbar. „Wir hatten wirklich darauf gehofft, uns an einem Punkt treffen zu können“, meinte er hinsichtlich des Gespräches mit dem Oberbürgermeister und seinem Referenten Markus Gießler. Die starre Haltung im Bautzener Rathaus führte inzwischen dazu, dass die Boxnacht am 17. November in Radibor über die Bühne ging – und zwar mit weit weniger Kosten. Anstatt 4.200 Euro wie in Bautzen zahlen die Organisatoren der Gala eigenen Angaben zufolge in der Nachbargemeinde nicht einmal 1.000 Euro. „Dort kümmerte man sich rührend um uns“, berichtete Marcel Frenzel, um gleich darauf nachzuschieben: „In einer Gemeinde herrscht auch ein anderes Miteinander.“
Doch woran liegt es, dass zahlreiche Vorhaben nicht mit einer gewissen Ernsthaftigkeit angegangen werden? Ein Jahr nach der OB-Wahl sagte Alexander Ahrens im Juni 2016 im OLK-Interview, man befinde sich im Rathaus noch in einer Findungsphase. Sollte diese tatsächlich nach wie vor andauern? Dann gibt es aus Sicht der Kritiker nur zwei Möglichkeiten für den OB: Endlich einmal auf den Tisch zu hauen oder sich einsichtig zu zeigen, für dieses Amt nicht geschaffen zu sein. 

Foto: Norman Paeth

Roland Kaiser / 14.12.2018

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Kommentare zum Artikel "Was zählt ein OB-Wort in Bautzen?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Bautznerin schrieb am

    Super geschriebener Artikel, genial recherchiert, mehrere Meinungen eingeholt.
    Thema erfasst.

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