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Wenn die Stadt die Motorsäge schwingt

Wenn die Stadt die Motorsäge schwingt

Nicht nur entlang des Mühlgrabens wurde zwischen 2016 und Januar 2019 die Motorsäge angesetzt. Auch am Spreeufer fielen ihr Bäume zum Opfer. Aktuell sind laut Stadt keine weiteren Fällungen angedacht.

Zahlreiche abgeholzte Bäumen zwischen Bleichen- und Humboldtstraße bringen einen Bautzener momentan so richtig auf die Palme. Er vermutet einen Verstoß gegen die kommunale Gehölzschutzsatzung. Die Stadt hingegen wehrt ab. Sie will gute Gründe für die Fällungen gehabt haben.

Bautzen.
Jörg Krenz kann es nicht fassen: Bei einem Spaziergang entlang des Mühlgrabens tut sich vor seinen Augen ein regelrechter Kahlschlag auf. Zwischen dem Spreewehr an der Dresdener und der Humboldtstraße sind nach seiner Einschätzung in den zurückliegenden zwei Jahren etwa 200 Bäume ersatzlos abgeholzt worden. Dies sei nicht gut fürs Stadtklima, beklagt nun der Bautzener. Vor diesem Hintergrund wandte er sich mit einer schriftlichen Anfrage, die dem OLK in Kopie vorliegt, ans Rathaus. Darin schrieb er: „Einer Stadtverwaltung obliegt der Schutz der Einwohnerschaft. In Bautzen scheint dies keinen bei den Verantwortlichen zu interessieren.“ Jörg Krenz betonte, das Gros der gefällten Bäume sei sichtlich gesund gewesen. Dass keine Neupflanzungen im Abholzungsgebiet vorgenommen wurden, bezeichnete er als Verstoß gegen die Gehölzschutzsatzung der Stadt.

Finanzbürgermeister Robert Böhmer, dessen Ressort von der Abholzaktion berührt ist, bezog inzwischen Stellung. „Das Thema hat einen fachlich hohen Stellenwert“, sagte er. „Die Verwaltung ist ämterübergreifend um sinnvolle und naturgerechte Lösungen bemüht, arbeitet aber in einem Rechtsrahmen und muss bei Entscheidungen stets verschiedene Anliegen gegenseitig abwägen.

Das Umweltamt wurde am 25. August 2016 durch die Stadtverwaltung über notwendige Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherheit und zum Hochwasserschutz am Mühlgraben informiert. Damals wurde festgestellt, dass auf dem Hangbereich mit starker Neigung hauptsächlich Erlen und Weiden stehen, die zum Teil eine Höhe von 40 Meter aufweisen. Aufgrund der Geländeneigung sind viele Bäume in gefährlicher Schieflage gewachsen, weisen Totholz auf oder sind bereits abgestorben. Bei starker Wasserführung des Mühlgrabens, insbesondere bei Hochwasser, wurde der Wurzelbereich vieler Bäume ausgespült. Damit entstand eine weitere Gefahrenquelle.“ Für ein als Parkplatz genutztes Gelände sowie die angrenzenden Sportanlagen habe ebenfalls Gefahr durch umstürzende Bäume bestanden.

„Im April 2016 zerstörte bereits ein umgekippter Baum das Nebengebäude eines Einfamilienhauses, ein weiterer kippte in den Graben und behinderte den Wasserlauf“, teilte Robert Böhmer weiter mit. Verwaltungsintern habe es daraufhin vier Sach- und Vergabeentscheidungen zu den Fällungen am Mühlgraben gegeben. Die Abholzungsmaßnahme sei in vier Bauabschnitte unterteilt gewesen. „Bei den Fällarbeiten wurde darauf geachtet, dass entwicklungsfähige Gehölze im Unterholz verbleiben“, fügte Rathaussprecher André Wucht hinzu. „Dadurch können insbesondere die verbliebenen Wurzelstöcke von Weiden und Erlen erneut austreiben.“

Warum es im Anschluss zu keinen Ersatzpflanzungen in dem Bereich kam, dazu bemühte wiederum Robert Böhmer verschiedene Passus der Gehölzschutzsatzung. Insbesondere verwies der Rathausmitarbeiter in dem Zusammenhang auf Paragraph 10, Absatz 1. Dieser bezieht sich auf das Fällen geschützter Gehölze, die, wie im Fall des Mühlgrabens, von den Abholzungen wohl nicht betroffen waren. Allerdings ließ der Bürgermeister unerwähnt, dass Absatz 2 des selben Paragraphen durchaus Neupflanzungen erfordert. Konkret steht in der Satzung dazu geschrieben: „Für gefällte, gerodete oder sonst wie zerstörte Bäume ist nach Anlage 1 Ersatz zu leisten. Dabei ist zu beachten, dass standortgerechte, einheimische Bäume verwendet werden. Bei geschädigten aber sanierungsfähigen Bäumen kann auch deren Sanierung verlangt werden, wenn sie Erfolg verspricht und keine gegenüber der Neupflanzung unzumutbar höheren Kosten verursacht.“

Jörg Krenz zeigte sich zunächst sprachlos angesichts der Antwort des Finanzbürgermeisters. Der Spreestädter befürchtet nun, dass im Rathaus mit zweierlei Maß gemessen wird. Sein Fazit lautet: „Die Gehölzschutzsatzung gilt scheinbar nur für den Bürger. Die Verwaltung kann sich darüber hinwegsetzen.“
Die Untere Naturschutzbehörde hat indes angekündigt, die Vorgänge entlang des Mühlgrabens prüfen zu wollen.

Roland Kaiser / 09.02.2019

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